Mehr als zehn Kilometer tief sind die tiefsten Stellen des Marianengrabens im Pazifik. Seit 1960 halten die Ozeanografen Jacques Piccard und Don Walsh den Tauchrekord: Mit ihrem Tauchboot «Trieste» erreichten sie eine Tiefe von 10'916 Metern. Der kanadische Regisseur James Cameron kam 2012 ganz in der Nähe mit 10'898 Metern fast ebenso tief.
Nun soll dieser Rekord gebrochen worden sein: Der amerikanische Abenteurer Victor Vescovo hat am 28. April nach eigenen Angaben im Marianengraben eine Tiefe von 10'928 Metern erreicht. Der 53-jährige ehemalige Marineoffizier unternahm im Rahmen der Expedition «Five Deep» im April und Mai fünf Tauchgänge mit seinem Spezial-U-Boot «DSV Limiting Factor».
Selbst in dieser extremen Tiefe, einem der am wenigsten zugänglichen Punkte der Erde, stiess der Tiefseeforscher auf Plastikmüll. Wie Vescovo am Montag berichtete, fand er bei einem seiner Tauchgänge «zwei Stücke menschlichen Mülls». «Es ist nicht ganz klar, was es war, aber es war sicher von Menschenhand gemacht», erklärte Vescovo im Explorers Club in New York. Das Objekt habe nicht natürlich ausgesehen, sondern «scharfe Kanten» gehabt. Ob es sich in der Tat um Plastik handelt, sollen Experten weiter abklären.
Vescovo nahm seinen Fund zum Anlass, vor der Verschmutzung der Ozeane zu warnen:
Neben den augenscheinlich omnipräsenten Abfallprodukten der modernen Zivilisation stiess der Tiefseeforscher aber auch auf erfreulichere Dinge. Nach eigenem Bekunden fand Vescovo in den Tiefen des Marianengrabens drei unbekannte Tierarten, darunter einen Krebs mit langen Gliedern. Die Tiefseegeschöpfe sollen nun von Wissenschaftlern untersucht werden.
Die Tauchgänge im Marianengraben waren Teil einer umfangreichen Mission, die Sonarmessungen an den fünf tiefsten Stellen der Weltmeere durchführen soll. Die restlichen Stationen sind der Puerto-Rico-Graben und der Süd-Sandwich-Graben im Atlantik sowie der Sundagraben im Indischen Ozean. Ein Tauchgang dauert im Schnitt zwischen elf und zwölf Stunden; dabei entfallen jeweils dreieinhalb Stunden auf den Ab- und Aufstieg.
Ein normales U-Boot würde den garstigen Bedingungen in rund 11'000 Metern Tiefe nicht standhalten; der Druck in diesen Tiefen beträgt etwa 1000 Bar. Zum Einsatz kommt deshalb ein Spezial-U-Boot der amerikanischen Firma Triton Submarines. Die 4,6 Meter lange «DSV Limiting Factor» bietet in ihrer Kapsel Platz für maximal zwei Personen. Vescovo tauchte allein, nahm aber einen Eispickel mit auf den Grund des Meeres, den er Jahre zuvor bei einer Besteigung des Mount Everest dabei hatte. Es dürfte sich um den ersten Gegenstand handeln, der sowohl am höchsten wie auch am tiefsten Punkt der Erde war.
(dhr)