Emil Frey wird 1838 in Arlesheim BL in eine wohlhabende Familie geboren. Zeitlebens ist er stolz auf die vornehme Herkunft sowie auf die militärischen Erfolge seiner Vorväter. Doch seine Schulleistungen lassen zu wünschen übrig, zu renitent und aufmüpfig ist der junge Frey. Ein Agrarstudium in Jena bricht er ohne Abschluss ab und kehrt in die Heimat zurück. Dort hält es ihn jedoch nicht lange. Der 22-Jährige entschliesst sich, in die USA auszuwandern, um dort Farmwirtschaft zu studieren. Doch schon bald bricht der Bürgerkrieg aus, ein blutiger und grausamer Konflikt zwischen den Konföderierten, den Südstaaten, und den Nordstaaten Amerikas. Es geht um die Abschaffung der Sklaverei.
Fasziniert vom republikanischen Gedankengut und aber auch von der Aussicht «eines frisch, fröhlichen Krieges» entschliesst Frey sich, auf der Seite der Nordstaatenarmee für die Abschaffung der Sklaverei gegen die Südstaaten zu kämpfen. Er schliesst sich dem Regiment des deutschen Oberst Friedrich Heckers an. Dieser ist kein Unbekannter, der badische Revolutionsführer zog 1848 mit seinem Revolutionsheer gegen Karlsruhe, um die Regierung zu stürzen. Nach seiner schweren Niederlage verlässt er Deutschland und findet seine neue Berufung als Freiheitskämpfer in den USA. Seinem Heer, in dem zahlreiche Deutsche und Schweizer Soldaten kämpfen, schliesst sich auch Emil Frey an.
Befördert zum Major, wird Frey 1863 in der grössten und verlustreichsten Schlacht von Gettysburg gefangen genommen. Die nächsten eineinhalb Jahre verbringt er in Kriegsgefangenschaft im berüchtigten Kriegsgefängnis von Libby in Richmond – eine schlimme Zeit unter unmenschlichen Bedingungen, wie er sie in seinen Briefen schildert. Nach seiner Freilassung und kurz vor seiner Rückkehr in die Schweiz erhält er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Voller Stolz leistet der Baselbieter den Eid. Er ist nun Doppelbürger.
Zurück in der alten Heimat startet Frey eine beispiellose politische Karriere: zuerst Landschreiber in seinem Heimatkanton Basel-Landschaft, ab 1866 im Regierungsrat, wo er seinem Ruf als Reformer gerecht wird und beispielsweise ein fortschrittliches Fabrikgesetz durchsetzen kann. Sechs Jahre später tritt er zurück, um Redaktor und Mitbesitzer der «Basler Nachrichten» zu werden.
Doch schon bald stachelt die anstehende Totalrevision der Bundesverfassung Emil Freys politischen Ehrgeiz wieder an, und er wird als Radikaler in den Nationalrat gewählt. Mehrmals bewirbt er sich um einen Bundesratssitz, doch noch will es nicht klappen. Er ist enttäuscht und verlässt die Schweiz erneut. Die nächsten sechs Jahre verbringt er als Gesandter der Schweiz in Washington. Nach seiner Rückkehr ist er wieder für die «Basler Nachrichten» tätig. Doch es zieht ihn erneut zurück in die Politik und 1890 zieht er wieder in den Nationalrat ein. Und endlich erreicht Emil Frey sein Ziel: Er wird Ende desselben Jahres zum Bundesrat gewählt – seine Doppelbürgerschaft stellt kein Hindernis dar.
Seiner Neigung entsprechend – er selbst ist Oberst in der Schweizer Armee – wird er Vorsteher des Militärdepartements. Frey arbeitet tatkräftig, aber nicht immer erfolgreich, an einer Stärkung der Armee und lässt etwa die Gotthardfestung ausbauen.
Nach seinem Rücktritt 1897 wird der Doppelbürger für beinahe 25 Jahre Direktor des Büros der Internationalen Telegraphen-Union in Bern und die Schweiz profitiert von seinen wichtigen internationalen Kontakten. 1922 verstirbt der charismatische Politiker, dessen politisches Wirken – er gilt als einer der Wegbereiter des Wohlfahrtsstaats – und seine aussergewöhnlichen internationalen Beziehungen für die damalige Zeit bemerkenswert waren.
Dass Emil Frey Doppelbürger war und in einer fremden Armee gekämpft hatte, störte damals niemanden. Bis heute gibt es keine Vorschrift, die eine Doppelbürgerschaft verbieten würde – allerdings wird dies nicht gerne gesehen. Aus diesem Grund hat Bundesrat Ignazio Cassis bereits vor der Wahl auf seine italienische Staatsbürgerschaft verzichtet. Emil Frey hingegen ist zeitlebens auch amerikanischer Staatsbürger geblieben.
Im Fall von Cassis weiss man ja ohnehin wem seine Loyalität gilt...
In der Politik kann es aber schnell zum Nachteil werden! Stellt Euch z.B. vor, was los gewesen wäre, wenn Eveline Widmer-Schlumpf auch Bürgerin der USA gewesen wäre. Die "Absetzung" des Bankgeheimnisses wäre in der Schweiz wohl nicht akzeptiert worden!