«Sei wie ein Indianer: Hinterlasse keine Spuren», lautet die Aufforderung in gefühlt jeder zweiten Schweizer Bürotoilette. Es ist ein sanfter Hinweis darauf, dass eigentlich das Verursacherprinzip gelten würde. Wer suppt, der schrubbt.
Doch wir wissen alle, wie gut das System der Freiwilligkeit funktioniert. Die Leidtragenden sind die anderen.
Wer heute fliegt oder Auto fährt, ist kein Indianer. Beides verursacht Spuren in Form von Treibhausgasen, welche zum Klimawandel beitragen. Das Verursacherprinzip gilt nicht einmal ansatzweise. Zwar boomen Dienste wie myclimate.ch, doch die Kompensations-Programme sind für den Laien nicht immer einfach verständlich. Und CO2-neutral ist der Personenverkehr deswegen noch lange nicht.
Dabei wäre das schon heute möglich.
Zwar bestehen noch keine Anlagen mit einer entsprechenden Kapazität, aber die Technologie dazu existiert. Auch dank der Schweizer Firma climeworks.ch.
Climeworks hat ein Verfahren entwickelt, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Dabei wird Luft durch einen speziellen Filter gesogen. Dort setzt sich das CO2 fest. Später wird dieser Filter erhitzt und das CO2 kann als konzentriertes CO2-Gas eingefangen und wieder verwendet werden. Es kann:
Zurück bleibt auf jeden Fall CO2-freie Luft.
Das Unternehmen, von zwei ETH-Studenten gegründet, hat mit Anlagen in Island, Hinwil und Italien weltweit für Aufsehen gesorgt. Mittlerweile übersteigt die installierte Absaug-Kapazität 2000 Tonnen CO2 pro Jahr. Geplant sind weitere Anlagen. Zum Beispiel zur Herstellung von «Recycling»-Kerosin.
Doch die CO2-Einfangerei ist nicht gratis. Die Sache benötigt eine ordentliche Infrastruktur – und Energie. Und deshalb belaufen sich die Kosten pro Tonne im Moment noch auf ca. 600 Franken. Im Moment noch.
In den nächsten drei bis vier Jahren soll sich dieser Preis auf 200 Franken pro Tonne reduzieren. Bis spätestens 2030 werden 100 Franken anvisiert.
Wie würde sich das auf die Flug- und Benzinpreise auswirken? Wenn wir sämtliches produziertes CO2 während eines Flugs einfach so wieder verschwinden lassen könnten? Wir haben eine einfache Milchbüechlirechnung gemacht.
In dieser einfachen Milchbüechlirechnung nicht einberechnet ist, ...
2140 Franken für ein Flugticket nach New York. Das ist ziemlich genau der Preis, den unser Politik-Experte Peter Blunschi für denselben Flug in den 90er-Jahren bezahlte. Leider bietet Climeworks ein solch direktes Kompensationsmodell noch nicht an. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein.
Wurde noch vor wenigen Jahren mit Langstreckenflügen geprotzt, darf man heute nur noch mit vorgehaltener Hand von seinen Ferienflügen erzählen. In Schweden gibt es dafür neuerdings ein Wort: «Flygskam» – Flugscham.
Flugscham müsste nicht sein.
Bereits heute wäre es möglich, ein Verursacher-Prinzip-Preis-Modell zu betreiben, mit dem man ohne Scham, dafür mit indianisch stolzem Kreuz in ein Flugzeug steigen könnte. Die Angst, dass man in Zukunft nicht mehr in die Ferien fliegen darf, ist unbegründet. Die Frage lautet bloss, zu welchem Preis.
Wer Climeworks unterstützen will, kann das hier tun. Wer lieber konventionell kompensieren möchte, kann das bei myclimate.ch tun.
Offenbar ist man bei watson krass in einer Blase - "Flugscham" ist in nicht-urbanen Gegenden null Thema - das beginnt schon in Dietikon. Viele sehen nicht ein, warum viele fast täglich herumfliegen, aber sie dann für ihren jährlichen Flug nach Zypern, Prishtina, NY, etc. sich schämen müssen.
Trotzdem bleiben Fragen: woher wird die Energie zum Betreiben dieser Geräte genommen? Wie viel CO2 kann überhaupt „gespeichert“ werden und für wie lange und wo? Wer will das CO2 kaufen?