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Das überwältigende Potential der Photovoltaik im Vergleich zu Atomstrom.

Wie die Photovoltaik unsere Energieprobleme lösen wird

11.06.2019, 19:0304.11.2019, 12:31
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Im März 2016 trafen sich 57 Photovoltaik-Experten aus Deutschland, Japan und den USA, um im Rahmen der Global Alliance of Solar Energy Research Institutes (GA-SERI) das Potential und die Zukunft der weltweiten Photovoltaik zu eruieren. In einem abschliessenden Statement hielt die Autorin Nancy M. Haegel fest, dass unter gewissen Bedingungen bis 2030 Kapazitäten zwischen 3-10 Terawatt (3'000-10'000 Gigawatt) möglich wären. Als Vergleich: Damals waren gerade mal 300 Gigawatt installiert. Die Rede war dementsprechend von einer Kapazitäts-Steigerung von mindestens 1000%.

Wenn dir diese Zahlen nichts sagen, sei unbesorgt. Wir sorgen weiter unten für Klarheit. Wichtig ist erstmal, dass 2016 davon ausgegangen wurde, dass 2030 3-10 Terawatt möglich wären.

Nun erschien vor wenigen Tagen von denselben Autoren im wissenschaftlichen Fachmagazin «Science» eine Neubeurteilung der Lage. Und sie hört sich vielversprechend an.

Was ist dieses «Science»-Magazin?

Fussballer träumen von der Champions League, Basketballer von der NBA. Und wovon träumen Naturwissenschaftler? Von einer Publikation im «Science» oder im «Nature». Wer in einem der beiden Magazine publiziert, kann sich die Professorenstelle danach aussuchen. «Science» und «Nature» – was dort steht, hat Gewicht.

Die Wachstumskurve der weltweiten Photovoltaik-Kapazität hat sich positiv entwickelt. Sogar die gestandenen Experten zeigten sich überrascht. Ein wichtiger Grund dafür sind die unerwartet drastischen Preissenkungen bei den Photovoltaikmodulen. Im weltweiten Durchschnitt wurden Ende 2018 weniger als 0.25$ pro Watt bezahlt. Erwartet wurde dieser Preis erst um das Jahr 2030 (bei einer installierten Leistung von 8 TW).

Deshalb werden nun die bis 2030 als Höchstziel definierten 10 Terawatt anvisiert. Zusätzlich stellen die Autoren in Aussicht, dass der Siegeszug der Photovoltaik bis 2050 weiter geht und sogar eine Kapazität von 30-70 Terawatt erreicht.

Damit würde die Photovoltaik zum Hauptenergieproduzenten auf diesem Planeten.

Nun aber zur Klärung der Zahlen. Was bedeuten diese? Wie viel Strom könnte so produziert werden?

Die Studie rechnet mit «Kapazität» – also der möglichen Leistung im Idealfall. Leider aber ist Kapazität nicht gleich Kapazität, denn der Idealfall für Photovoltaik (entsprechende Wetterbedingungen) trifft wesentlich seltener zu als der Idealfall für ein Kernkraftwerk (Alle Systeme funktionieren einwandfrei). Das heisst: Um dieselbe Menge Strom zu produzieren, braucht eine PV-Anlage mehr Kapazität als ein Kernkraftwerk.

Zum Vergleich: Die weltweiten Kapazitäten im Jahre 2017:

  • Kernkraft = 391.72 GW (0,391 TW)
  • Kohle = 2'004 GW (2 TW)
  • Wasserkraft = 1'267 GW (1,267 TW)
  • Photovoltaik = 400 GW (0,4 TW)

Ergänzt man diese Grafik mit dem tatsächlich produzierten Strom, wird die «Kapazität-ist-nicht-gleich-Kapazität»-Problematik deutlich.

Die Grafik zeigt: Obwohl PV bereits 2017 eine leicht höhere Kapazität als Kernkraft besass, wurde damit weniger als die Hälfte des Stroms produziert.

Nun aber die gute Nachricht. Eine Steigerung der PV-Kapazität auf 10 TW bis ins Jahr 2030 – unter der Annahme, dass das Kapazität-zu-Energieproduktion-Verhältnis ungefähr gleich bleibt – demonstriert das enorme Potential von Photovoltaik:

Und weil der Blick in die Glaskugel in diesem Fall zuversichtlich stimmt, zeigen wir auch noch, wie viel Strom mit PV bis 2070 möglich wäre.

Selbstverständlich sehen die Autoren auch gewisse Hürden beim Siegeszug von PV:

  • Die Verlässlichkeit.
  • Gesteigerte Nachfrage (wegen der Elektrifizierung des Transports, der Heizsysteme und der Industrie).
  • Probleme bei der Einspeisung ins Netz.
  • Wie wird überschüssiger PV-Strom gespeichert?

In Sachen Stromspeicher hat sich übrigens bereits etwas getan. Die gigantische 100 MW-Batterie, welche Tesla im Süden Australiens baute, ist drauf und daran, einen Drittel der Baukosten in nur einem Jahr zu amortisieren.

Quellen und Annahmen der Berechnung:

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188 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Heinz Schmid
11.06.2019 19:54registriert Mai 2018
Wichtig werden dabei vor allem die Speicher- und Verteilungsmethoden. Mit den Power-to-X-Technologien, sowie einer Diversifizierung des Verbrauchs (etwa Elektromobilität, Wasserstoffwirtschaft) und Smartgrid lässt sich das Variable Stromangebot regeln. Es gilt auch zu beachten PV und Windenergie ergänzend einzusetzen.
Die Null- oder Fastnullemission-Wirtschaft ist greifbar und müsste uns alle Investitionen wert sein. Doch all das geht nur falls endlich fossile Energien intelligent gehandhabt und besteuert werden und nicht etwa die Lobbistenbedienung von heute.
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Posersalami
11.06.2019 19:54registriert September 2016
Das ist ja alles schön und gut, aber jetzt müsste die Politik das noch wollen und das Volk mitspielen.

Leider kann die übermächtige Atom- und Öllobby mit einem halbgaren Narrativ problemlos dagegen halten.
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Ökonometriker
11.06.2019 19:35registriert Januar 2017
Die fallenden Preise für Zellen und Batterien sind sicher eine positive Entwicklung. Doch derzeit sind die Preise weiterhin zu hoch. Würde man ein 1.6 GW AKW bauen, müsste man mit ca. 10 Mia. Kosten rechnen. Für dieselbe Bandenergiekapazität würden Solar+Batterie 60-88 Mia. kosten, wobei ca. 80 Prozent der Kosten auf die Batterien entfallen (wenn Standort Schweiz).
Die Kapazität mit Kohlekraft würde dabei nur 2.4 Mia. Kosten. Damit wird klar, warum diese Dreckschleudern weiterhin so beliebt sind. Aber wenn die Batteriepreise weiter purzeln, gibt's Hoffnung.
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