Blonde Hünen waren sie, bärtig und wild, und womöglich trugen sie auch noch Helme mit Hörnern: die Wikinger, wie wir sie aus der Populärkultur kennen. Die behörnten Helme sind schon länger als Mythos entlarvt, und nun räumt eine Studie, die am 16. September im Wissenschaftsmagazin «Nature» erschienen ist, auch mit weiteren Klischees auf. So hatte die Mehrheit der Nordleute braune Haare, und einige von ihnen waren gar keine Skandinavier.
Das sind die herausragendsten Ergebnisse der bisher umfangreichsten Genstudie an Wikinger-Skeletten. Das internationale Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Eske Willerslev, Direktor am Zentrum für Geogenetik der Universität Kopenhagen, sequenzierte während sechs Jahren die vollständigen Genome von 442 Individuen. Sie hatten zwischen 2400 v. Chr. und 1600 n. Chr. in den verschiedensten Teilen des einst von Wikingern besiedelten oder bereisten Gebiets – von Grönland über Grossbritannien und Skandinavien bis Russland – gelebt. Die Resultate glichen die Forscher darauf mit bereits zugänglichen genetischen Daten von tausenden von Personen aus der Vergangenheit und der Gegenwart ab.
Die eigentliche Wikingerzeit – das Wort stammt wohl vom skandinavischen Begriff «vikingr» und bedeutet «Seekrieger» oder «Seeräuber» – begann mit den ersten dokumentierten Überfällen um 750 und dauerte bis 1050, kurz vor der Schlacht bei Hastings.
Die Wissenschaftler konnten drei Gruppen unterscheiden, die sie anhand ihrer groben geografischen Herkunft als Schweden-ähnlich, Dänen-ähnlich und Norweger-ähnlich bezeichnen – wobei die Grenzen zwischen ihnen nicht genau den heutigen Staatsgrenzen folgen. Die Menschen im Südwesten des heutigen Schweden gehörten beispielsweise zur Dänen-ähnlichen Gruppe. Diese Dreiteilung stimmt mit der klassischen Sicht der Geschichtswissenschaft auf die Wikingerepoche überein.
Während die verwandtschaftlichen Beziehungen der Schweden-ähnlichen Gruppe – besonders der Bewohner der Ostsee-Insel Gotland – vorwiegend nach Osteuropa und bis zum Ural hinübergreifen, erstreckt sich der Einfluss der norwegischen Gruppe nach Irland, Island und Grönland. Die dänische Gruppe wiederum griff eher nach England und Nordfrankreich aus.
Mit der Zeit veränderte sich jedoch die genetische Landschaft Skandinaviens: «Wir haben entdeckt, dass der Genfluss innerhalb Skandinaviens grob von Süden nach Norden verläuft und von Bewegungen aus Dänemark nach Norwegen und Schweden dominiert wurde», stellen die Forscher fest. Schon lange vor der Wikingerzeit, nämlich mindestens seit der um 500 v. Chr. beginnenden Eisenzeit, gelangten zudem Menschen aus Südeuropa und Asien nach Skandinavien und brachten genetische Einflüsse von weit ausserhalb Skandinaviens mit.
«Es war nicht vorherzusehen, dass es vor und während der Wikingerzeit einen bedeutsamen Genfluss nach Skandinavien aus Südeuropa und Asien gab», sagt Willerslev. «Bisher wussten wir eigentlich nicht gut, wie Wikinger aussahen». Nun verändere die Studie das Bild der Wikinger deutlich, führt er aus. «Die meisten von ihnen waren nicht blond, sondern hatten braune Haare, und waren von genetischen Einflüssen geprägt, die von ausserhalb Skandinaviens stammten.»
Ein weiterer Befund der Studie ist, dass es genetische Unterschiede zwischen verschiedenen Wikingerpopulationen gab, die offenbar isolierter voneinander lebten, als man früher angenommen hatte. Dass die Gruppen lokaler und kleinteiliger waren, zeigt ein etwas makaberes Beispiel: Bei der frühesten bekannten Wikingerexpedition Mitte des 8. Jahrhunderts wurden bei Salme im heutigen Estland 41 Männer aus Schweden, die gewaltsam ums Leben gekommen waren, mit ihren Waffen in zwei Schiffen bestattet.
Die genetische Analyse der Skelette zeigte, dass in einem Schiff vier Brüder und ein Verwandter dritten Grades beigesetzt wurden. Sie waren dem Rest der Besatzung genetisch sehr ähnlich, was die Forscher zur Annahme führt, dass sie alle aus einem kleinen Dorf in Schweden stammten. Expeditionen dieser Art hätten sich wohl aus Männern zusammengesetzt, die alle aus derselben Lokalität kamen, glauben die Wissenschaftler.
Die Analyse von zwei männlichen Skeletten auf den schottischen Orkney-Inseln zeigt ferner, dass nicht alle Wikinger zwangsläufig skandinavischer Herkunft waren. Die beiden Toten waren Einheimische gewesen; sie zeigten keinerlei typische Gensignaturen der Wikinger auf, sondern ähneln genetisch heutigen Iren und Schotten. Möglicherweise handelt es sich bei ihrem Erbgut um die frühesten bekannten Genome von Pikten. Dieses keltisch sprechende Volk lebte im Frühmittelalter in Schottland.
Die beiden Männer hatten trotz ihrer piktischen Abstammung vermutlich die angesehene Wikinger-Kultur angenommen – sie wurden jedenfalls nach Wikingerart mit Schwertern und charakteristischen Alltagsgegenständen bestattet. Die Identität der Wikinger war, so folgern die Wissenschaftler daraus, nicht auf Menschen skandinavischer Herkunft begrenzt, sondern stand auch Angehörigen anderer Völker offen.
Die heutigen Engländer weisen nach Angaben der Forscher noch maximal sechs Prozent Wikinger-DNA auf. In Schweden liegt dieser Anteil bei etwa zehn Prozent, in Polen bei rund fünf Prozent. Die Analyse des Wikinger-Erbguts erlaubt den Forschern nun, Gene genauer nachzuverfolgen, die mit Eigenschaften wie Immunität, Pigmentierung und Stoffwechsel assoziiert sind. «Wir können auch damit anfangen, auf die physische Erscheinung der Wikinger zu schliessen und diese mit den heutigen Skandinaviern zu vergleichen», sagt der an der Studie beteiligte Geogenetiker Fernando Racimo.
(dhr)
Ja das Wort Wikingr ist mit Seeräuber zu übersetzen.
Aber da ist mehr. Es gab gar nie ein Volk von Wikingern
Das waren völlig verschiedene Völker aus verschiedenen Ländern.
Die halt auf "Wiking" Raubfahrt gingen.
Ergo man kann so wenig von einem Volk von Wikingern reden, wie von einem Volk von Piraten.
Etwas genauere Recherche, statt nur Wikipedia Copy/Paste, hätte daraus einen sinnvollen Artikel machen können....