Seit Alfred Wegener wissen wir, dass die Kontinente sich verschieben. Diese sogenannte Kontinentaldrift führte dazu, dass die letzte grosse Zusammenballung der Landmassen, der sogenannte Superkontinent Pangaea, sich in der späten Trias aufzulösen begann und vor etwa 150 Millionen Jahren endgültig zerbrach. Die Verschiebung der Kontinente dauert allerdings an, und in etwa 200 bis 250 Millionen Jahren wird nach den Berechnungen der Wissenschaftler ein anderer Superkontinent die meisten Landmassen der Erde zusammenfassen.
Es gibt, neben Pangaea Proxima und Novopangaea, zwei favorisierte Modelle zur Gestalt dieses künftigen Superkontinents: Aurica und Amasia. Bei Aurica würden sich alle heutigen Kontinente in 250 Millionen Jahren in der Äquatorregion vereinigen. Diese enorme Landmasse ähnelt dem hypothetischen Superkontinent Rodinia, der vor einer Milliarde Jahren möglicherweise existierte.
Amasia hingegen entstünde etwas früher, in 200 Millionen Jahren, durch eine Zusammenballung der Erdteile um den Nordpol herum, wobei zuerst Asien und Nordamerika sich einander annähern und schliesslich mit allen anderen Kontinenten – ausser Antarktika – zu einer Landmasse verschmelzen. Der Südkontinent bleibt in diesem Szenario isoliert am Südpol.
Wissenschaftler um Michael Way vom Goddard Institute for Space Studies der NASA haben nun untersucht, wie sich diese beiden Kontinentalmassierungen jeweils auf das Klima der Erde auswirken könnten. Eine Zusammenfassung ihrer Resultate veröffentlichten sie am 8. Dezember in einer Online-Konferenz der American Geophysical Union. Ein ausführlicherer Bericht erschien auf dem Blog des Earth Institute der Columbia University.
Die Forscher zogen Klimamodelle hinzu, um den Einfluss einer grosser Landmasse auf das globale Klima zu berechnen. Dabei standen Veränderungen der Zirkulation in der Atmosphäre und der Strömungen im Ozean im Vordergrund. Für das Szenario Aurica, also eine grosse Landmasse am Äquator, kamen sie auf eine Erwärmung des Planeten um etwa drei Grad Celsius. Dieser Temperaturanstieg hat seinen Grund darin, dass die enorme Landfläche in Äquatornähe Sonnenlicht absorbieren und sich entsprechend aufheizen würde. Da es in den Polgebieten keine Landmassen gäbe, würde weniger Sonnenstrahlung zurück ins All reflektiert – ein Effekt, der unter dem Begriff «Albedo» bekannt ist.
Aurica hätte Küsten, die sich für Ferienprospekte anbieten würden – die Bedingungen dort wären fast das ganze Jahr über ähnlich wie an heutigen brasilianischen Stränden. Das Innere des Superkontinents hingegen wäre wesentlich weniger lebensfreundlich; dort würde ein warm-trockenes Kontinentalklima herrschen. Wüsten und Steppen würden dort den Grossteil der Fläche einnehmen.
Im Szenario Amasia, bei dem Antarktika ungefähr an seinem Ort bleibt, während die anderen Kontinente sich um den Nordpol gruppieren, entwickelt sich ein komplett anderes Klima: Da hier keine Landmasse zwischen den Polen lägen und der Nordatlantik verschwunden wäre, würde die thermohaline Zirkulation in den Ozeanen gestört, die heute für den Wärmeausgleich zwischen den warmen Tropen und den Polargebieten sorgt. Dies führte zu einer Abkühlung an den Polen, die dadurch eisreicher würden, was wiederum die Albedo verstärken und eine weitere Abkühlung bewirken würde.
Auch der Rest des Superkontinents wäre schneereicher und teilweise vereist – auch dies würde die Albedo verstärken. Nur 60 Prozent der Landfläche dieses nördlichen Superkontinents wären noch mild genug, damit es wenigstens zeitweise flüssiges Wasser an der Oberfläche gäbe. Da in Amasia mehr Eis an den Polen gebunden wäre, läge zudem der Meeresspiegel niedriger als heute.
Die Klimaunterschiede zwischen den Szenarien sind dramatisch, wie die Wissenschaftler feststellen. Die mittlere Oberflächentemperatur unterscheide sich zwischen den beiden Szenarien um mehrere Grad.
(dhr)