Vermutlich war es noch nie einfacher als heute, von unseren Breiten aus einen Kometen zu fotografieren. Wer einen guten Blick auf Neowise erhaschen will, muss nicht mal mehr früh aufstehen. Seit ein paar Tagen ist der Komet auch in den Abendstunden am Himmel zu sehen – genauer gesagt im Bereich des Sternbildes Grosser Wagen. Am Abendhimmel kann man Neowise im Nordwesten erkennen, am Morgenhimmel im Nordosten.
Gute Nacht mit einem letzten Bild des Kometen #NEOWISE über Norddeutschland, mit dem Handy durch das Fernglas aufgenommen, abgestützt vom gekippten Dachfenster.
— Dirk Wagner (@Weltraumwagner) July 13, 2020
Nicht professionell.
Aber geht auch.🤪 pic.twitter.com/dtqc8egVsX
In einer wolkenlosen Nacht lässt sich Neowise sogar von einer Smartphone-Kamera einfangen. Neuere Geräte haben zum Teil ausgezeichnete Kameras mit hoher Lichtstärke. Laien sollten für einen Schnappschuss in den Nacht-Modus wechseln, den die allermeisten einigermassen aktuellen Geräte bieten. Die Kamera-App kümmert sich dann von alleine um die optimale Einstellung. Im Vergleich zu Aufnahmen von Profi-Fotografen wird das Ergebnis natürlich bescheiden ausfallen. Der Komet wird als kleiner, heller Fleck zu sehen sein, aber am eigenen Foto hat man oft trotzdem am meisten Freude.
Suche einen Standort mit freier Sicht in Richtung Nordwesten (Abendhimmel) bzw. Nordosten (vor Sonnenaufgang). Am besten eignen sich erhöhte Beobachtungspunkte auf Bergen oder Hügeln ausserhalb von Städten. Die Umgebung sollte möglichst dunkel sein.
Du brauchst ein Stativ oder eine stabile Unterlage, um Fotos ohne Verwackeln mit einer langen Belichtungszeit schiessen zu können. Moderne Smartphone-Kameras können im Nacht-Modus dank ausgeklügelter Bildstabilisierung bis 30 Sekunden belichten. Das funktioniert natürlich nur, wenn das Handy absolut stabil steht, sprich nicht in der Hand gehalten wird.
Beim Fotografieren erweist sich zudem der Selbstauslöser oder ein Fernauslöser als nützlich, da man dadurch ein Wackeln der Kamera vermeidet. Diese Option findet sich in den Einstellungen der Kamera. Handys können oft über Sprachbefehle wie «Klick», «Aufnahme» oder «Bitte Lächeln» Fotos schiessen, wenn man die Option in der Kamera-App aktiviert hat.
Um den Schweif besser vor dem Himmel zu erkennen, kann man nachträglich in der Foto-App den Kontrast der Aufnahme erhöhen.
Mit einer Spiegelreflexkamera mit Brennweiten ab 50 Millimeter gelingen noch bessere Bilder. Mit einem Teleobjektiv ab 100 Millimeter kann man den Himmelskörper noch näher «heranholen».
Mit einem Autofokus auf den Mond oder einen hellen Stern lässt sich auch der Komet scharf stellen. Die Blende sollte weit geöffnet sein, wähle also eine kleine Blendenzahl und experimentiere mit verschiedenen Belichtungszeiten. Diese sollte nicht zu hoch sein, da der Komet durch die Erdrotation sonst schnell verschwommen aussieht.
Ein höherer ISO-Wert kann die Lichtempfindlichkeit der Kamera positiv beeinflussen und den Kometenschweif heller erscheinen lassen.
Bei ambitionierten Fotografen sieht das dann so aus:
Gestern waren wir im Südschwarzwald auf Kometenjagd. Es gibt dort erstaunlich dunkle Plätzchen. Hier ein 30s Einzelbild von 1:40 MESZ, als er fast den tiefsten Punkt erreicht hatte. #neowise #blackforest pic.twitter.com/lSoYqRfXKf
— Stefan Meister (@Seginus) July 19, 2020
Ob mit Spiegelreflexkamera oder Handy: Derzeit sind die Wetterbedingungen für Kometenjäger nahezu ideal. Allerdings wird es künftig schwerer, ihn zu entdecken und zu fotografieren, denn der Schweif verliert in den nächsten Tagen an Helligkeit.
Wer Neowise fotografieren möchte, sollte sich beeilen: Sobald er in den Tiefen des Sonnensystems verschwindet, vergehen Tausende von Jahren, bis er sich wieder der Erde nähert. Nur alle 5000 bis 7000 Jahre kommt der Komet der Erde so nah, dass er mit blossem Auge zu sehen ist. Astronomen vermuten, dass der Komet vor rund 4,6 Milliarden Jahren entstanden ist. Entdeckt wurde Neowise erst im März vom namensgebenden NASA-Weltraumteleskop.
(oli/str/t-online.de)