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So kapert das Coronavirus eine infizierte Zelle

Coronaviren vervielfältigen sich in einer Zelle. Rechts sind vollständige Viren zu sehen.
Coronaviren vervielfältigen sich in einer Zelle. Rechts sind vollständige Viren zu sehen.Bild: David S. Goodsell, RCSB Protein Data Bank

So kapert das Coronavirus eine infizierte Zelle

20.09.2020, 18:34
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Wie jedes andere Virus kann sich auch SARS-CoV-2 nicht ohne die Ressourcen einer Wirts-Zelle vermehren. Wie der Erreger der Erkrankung Covid-19 die Kontrolle über eine infizierte Zelle übernimmt, haben nun Forscher der ETH Zürich und der Universität Bern herausgefunden. Der entdeckte Mechanismus führt dazu, dass die infizierten Zellen die Produktion der eigenen Proteine stark reduzieren und stattdessen fast nur noch Virusproteine herstellen.

Nachdem das Coronavirus sich in eine menschliche Zelle eingeschleust hat, wird das Protein NSP1 als eines der ersten Virusproteine hergestellt. Von anderen Coronaviren wusste man bereits, dass NSP1 die Produktion von zelleigenen Proteinen hemmt. Die Wissenschaftler haben nun herausgefunden, wie das genau geschieht.

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Im Zentrum stehen dabei die sogenannten Ribosomen. Das sind zelluläre Maschinen, die Proteine herstellen. Dafür lesen sie genetische Informationen – den Bauplan, die sogenannte Boten-RNA – für ein bestimmtes Protein ab und fügen dessen Bestandteile, die Aminosäuren, in der entsprechenden Reihenfolge zusammen. Beim Ablesen durchläuft die Boten-RNA einen Kanal im Ribosom. Dort, innerhalb des Kanals, bindet NSP1 und blockiert so das Ribosom, wie die Forscher zeigen konnten. Ihre Studie ist im Fachmagazin «Nature Structural & Molecular Biology» erschienen.

Möglichkeit für Medikamentenentwicklung

Mittels der Kryo-Elektronenmikroskopie konnte die Bindungsstelle von NSP1 mit atomarer Auflösung dargestellt werden. «Dieses detaillierte Abbild liefert wichtige Informationen zum Design eines möglichen künftigen Medikamentes, welches die Bindung von NSP1 verhindert, die ribosomale Funktion aber nicht beeinträchtigt», sagte Nenad Ban, Professor für Molekularbiologie an der ETH Zürich und Mitautor der Studie, gemäss der Mitteilung der Hochschule.

Das Virusprotein NSP1 (rot) lagert sich an das Ribosom (weiss und blau) an und hemmt dadurch die Produktion von Proteinen der menschlichen Zelle.
Das Virusprotein NSP1 (rot) lagert sich an das Ribosom (weiss und blau) an und hemmt dadurch die Produktion von Proteinen der menschlichen Zelle.Bild: ETH Zürich / Nenad Ban

Basierend auf diesem detaillierten Abbild stellten die Forscher in Experimenten abgeänderte NSP1-Varianten her, die ihre hemmende Wirkung verloren hatten. Sars-CoV-2 Viren mit solchen inaktiven Varianten wären so abgeschwächt, dass sie sich nicht mehr vermehren und somit auch keine starke Krankheit mehr auslösen könnten. Solche abgeschwächte, inaktive Viren könnten gemäss den Wissenschaftlern als Impfstoff verwendet werden. Es handelt sich um ein Prinzip, auf dem bereits viele andere Impfungen gegen Viren basieren. (dhr/sda)

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15 Kommentare
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Meierli
20.09.2020 18:56registriert November 2019
Endlich ein Weg zu einer bewährten Art der Impfung. Deaktivierten Viren die wirklich sicher sind, sind bewährt. Keine RNA Vektorenimpfung die absolutes Neuland ist.
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