Die Immobilien-Branche gerät in diesen Tagen zunehmend unter Druck. Hinter verschlossenen Türen wird derzeit mit harten Bandagen für und gegen Lösungen gekämpft, mit denen Sicherheit für Vermieter und Mieter erreicht werden soll. Involviert sind beide Seiten, aber auch das Bundesamt für Wohnungswesen.
watson erklärt die vier wichtigsten Punkte des Streits auf dem Immobilien-Markt:
Die Ausgangslage ist klar: Der Bundesrat hat Mitte März das gesellschaftliche Leben in der Schweiz lahmgelegt. Zahlreiche Unternehmerinnen, Kleingewerbler, Lädeli und Restaurants mussten ihre Türen schliessen. Nicht alle von ihnen können einen Teil des verlorenen Ertrags durch Online-Verkäufe wieder einholen. Betroffen vom akuten Finanzengpass sind Löhne, Rechnungen und die Mieten.
Es stellt sich die Frage, ob die Mieten überhaupt geschuldet werden. Das Mietrecht kennt dazu Begriffe und Regeln wie «Mangel an der Mietsache» oder «Unmöglichkeit einer Leistung». Juristinnen und Juristen streiten in sich widersprechenden Gutachten, was nun wegen des Covid-Notrechts für Gewerberäume gilt, die auf behördliche Anordnung schliessen mussten.
Eine verbindliche Antwort werden früher oder später Gerichte finden müssen. Bis die Frage entschieden wird, könnten einige Geschäfte ihren Betrieb aufgeben müssen. Es drohen Betreibungen, Entlassungen oder gar Konkurse. Der Bundesrat rief beide Seiten dazu auf, «sich gemeinsam um einvernehmliche Lösungen zu bemühen».
Eine nationale Lösung oder zumindest eine «Marschrichtung», existiert derzeit nicht. Reaktionen deuten darauf hin, dass es vom Zufall oder Glück abhängt, ob über die Miete verhandelt werden kann. Zu den möglichen Lösungen zählen:
Sprich: Eine einheitliche Lösung fehlt. Dieser Eindruck wird von offiziellen Aussagen aus dem Bundeshaus am Mittwoch bestätigt: «Der Bundesrat sieht davon ab, in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Mieterinnen und Mietern sowie Vermieterinnen und Vermietern einzugreifen.» Auch die von Bundesrat Guy Parmelin eingesetzte Task Force «Mietrecht und Coronakrise» hat zur Geschäftsmieten-Frage keinen Entscheid gefällt. Morgen Donnerstag findet der vierte runde Tisch dieser Task Force statt.
Dieses zögerliche Vorgehen wird vom Parlament kritisch verfolgt. Die Wirtschaftskommission des Nationalrates verschickte gestern eine Mitteilung, in der sie – diplomatisch formuliert – «nachdrücklich» die Schaffung von Rechtssicherheit bezüglich Geschäftsmieten verlange. Der Bundesrat werde «ersucht», sich dieser Problematik anzunehmen und gemeinsam mit den betroffenen Verbänden eine «klare Regelung» zu finden und mit «Nachdruck» auf eine Einigung hinzuwirken.
Die Immobilien-Branche muss insofern aktiv werden, weil ihr aus drei Gründen erheblicher Gegenwind droht, falls es bei dieser Hüst-und-Hott-Strategie bleibt:
Die beiden Versicherer Swiss Life und Helvetia preschten am Tag vor dem vierten runden Tisch vor und gaben in einer Medienmitteilung bekannt, dass nun auch Mietzinsreduktionen im Einzelfall gewährt werden würden. Sprich: Die beiden grossen Player auf dem rund 800-Milliarden-schweren Gewerbe-Immobilienmarkt offerierten bis gestern nur das Abstottern der Miete.
Swiss-Life-Sprecher Florian Zingg schätzt auf Anfrage von watson, dass «etwa 500 bis 800 unserer Geschäftsmieter zu jenen Kleinstbetrieben und Selbständigerwerbenden gehören, die durch Corona wirklich in Not geraten sind und für die eine Mietzinsreduktion in Betracht kommt». Er betont, dass die meisten Mieter nicht so hart von der Coronakrise betroffen sind wie beispielsweise Restaurants, Coiffeursalons, Physiotherapeuten und andere Selbständige.
Die Medienstellen beider Firmen sagen, dass ihre Ankündigung nicht im Lichte möglicher neuer Bundesratsmassnahmen getroffen wurde. Helvetia-Sprecher Jonas Grossniklaus sagt dazu: «Die Empfehlung ist derzeit, dass Vermieter und Mieter individuelle Lösungen finden, wenn es krisenbedingt eine finanzielle Notsituation gibt. Das wollen wir nun tun, indem wir kleinen Betrieben und Selbständigen in Einzelfällen auch mietfreie Zeiten und Mietzinsreduktionen gewähren.»
Wer glaubt, dass dann einfach neue Mieter kommen, der hat noch nie Stadtmarketing betrieben, denn Leerstand einzelner Geschäftsräume führt in den meisten Fällen zu Leerstand in den Wohnungen und zu guter Letzt zur Verslumung ganzer Quartiere und dass nur, weil man den Hals nicht voll genug bekam.