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Kampf um die Pensionskasse – zwei Modelle kommen infrage

Kampf um die Pensionskasse – zwei Modelle kommen infrage

01.02.2021, 11:1701.02.2021, 14:39
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Die Lebenserwartung der Pensionskassen-Versicherten steigt und sie beziehen l
Bild: sda

Das Parlament diskutiert bald über eine Reform der zweiten Säule. Zur Debatte stehen zwei Konzepte: ein Sozialpartner-Kompromiss sowie ein Vorschlag des Pensionskassenverbands. Im Volk sind die Meinungen noch nicht abschliessend gemacht.

Beide Vorschläge wollen mit verschiedenen Massnahmen dafür sorgen, dass alle Arbeitstätigen mehr und länger Geld aus dem eigenen Lohn in die eigene zweite Säule einzahlen, um nach der Pensionierung gleich viel Rente zu erhalten wie heute. So sollen die Finanzierungsprobleme der zweiten Säule gelöst und die Umverteilung von den Arbeitstätigen zu den Pensionierten beendet werden. Für Personen kurz vor der Pensionierung soll es Unterstützungsmassnahmen geben, damit sie keine Deckungslücke haben.

Blick vom Vorzimmer in den Saal, an der Sondersession des Nationalrats, am Freitag, 30. Oktober 2020 in Bern. Die Tueren zum Saal bleiben aufgrund der Krise um die Pandemie des Coronavirus, Covid-19 a ...
Bild: keystone

Der Vorschlag der Sozialpartner - gestützt vom Bundesrat - und der Vorschlag der Schweizer Pensionskassen unterscheiden sich vor allem in einem Punkt: Das Sozialpartner-Modell will die Rückstellungen der zweiten Säule nicht antasten und will die Unterstützungsmassnahmen durch höhere Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanzieren; mit dem Modell des Pensionskassenverbands sollen die Unterstützungsmassnahmen für Personen kurz vor der Pensionierung ohne Mehrkosten für die Bevölkerung aus den vorhandenen Rückstellungen finanziert werden.

Leichter Vorteil für Pensionskassen-Modell

Eine am Montag veröffentlichte Umfrage des Forschungsinstituts GFS Bern im Auftrag des Pensionskassenverbands zeigt nun, dass der Asip-Vorschlag im Volk leicht mehr Zustimmung erhält. 53 Prozent der rund tausend Befragten sprechen sich für diesen Vorschlag aus. 40 Prozent der Stimmberechtigten geben derzeit dem Vorschlag der Sozialpartner den Vorzug.

Laut den Meinungsforschern erstaunt das Ergebnis nicht weiter, weil der Asip-Vorschlag wegen der tieferen Zusatzkosten zu punkten vermag. Die Meinungen seien aber noch nicht abschliessend gemacht, wie GFS-Bern-Co-Leiter Urs Bieri an einer virtuellen Medienkonferenz sagte. Derzeit habe das Asip-Modell «einen Zacken mehr Potenzial». Das Parlament muss nun eine mehrheitsfähige Lösung suchen.

Reformen haben schweren Stand

Reformbedarf sehen alle. Die Renten der beruflichen Vorsorge sind seit längerem unter Druck. Grund dafür sind die steigende Lebenserwartung und die tiefen Zinssätze.

Die letzten 15 Jahre erlitten alle Reformbestrebungen der zweiten Säule Schiffbruch. 2010 scheiterte die Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6.8 auf 6.4 Prozent ohne Kompensationen mit 73 Prozent Nein-Stimmen vor dem Volk. 2017 wurde die Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6.8 auf 6.0 Prozent mit einer Kompensation in der AHV verworfen.

Das Parlament solle nun «alle Schlüssel in die Hand nehmen, um eine Lösung zu finden», hatte Sozialminister Alain Berset bei der Vorstellung der Botschaft des Bundesrats Ende November gesagt. Die Vorlage dürfe aber nicht zu einem «Selbstbedienungsladen» verkommen. (aeg/sda)

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73 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Platon
01.02.2021 13:17registriert September 2016
Beide Vorschläge reden um den heissen Brei! Die wahre Frage ist doch wieso wir immer noch an 1700 Pensionskassen festhalten wollen, wenn der Wettbewerb nicht spielt (an alle Liberalalas hier: es tritt auch kein Wettbewerb ein, wenn man sie frei wählen kann. 6.8% bleiben 6.8%!) und somit die Verwaltungskosten horrend sind. Zusätzlich gibt es noch 10% staatlich garantierte Gewinne auf Kosten der Versicherten! Ich habe nichts gegen die 2. Säule an sich, es ergänzt die AHV mit dem Leistungsprinzip und viele wollen das nunmal, aber ich will keine monströse Bürokratie subventionieren!
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chrissy_dieb
01.02.2021 11:59registriert Januar 2020
Eine Frage zum "Sozialpartner-Modell":

Als Mitte 20-Jährige wäre ich vom gesenkten Umwandlungssatz ebenso betroffen wie ein aktuell 60-Jähriger. Wir bilden also eine Schicksalsgemeinschaft.

Warum aber soll ich die Übergangsjahrgängen für ihr (=unser) Schicksal kompensieren?** Oder geht es einfach darum, die Jungen für dumm zu verkaufen und meine Zustimmung ist sowieso nicht gefragt?

Zum Glück gibt es den Pensionskassenverband

**Ja, der Bundesrat kann auch nach den ersten 10 Jahrgängen Kompensationszahlungen zulassen kann. Es liegt aber auf der Hand, dass diese tiefer (nahe 0) wären
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Michael Heldner
01.02.2021 12:09registriert März 2017
Die Ironie. Eigentlich müsste man dafür sorgen, dass die, welche demnächst in den Ruhestand gehen weniger bekommen als die Generationen nach ihnen. Wieso? Recht einfach bisher kannten Lebenshaltungskosten nur den Weg nach oben. Somit ist davon auszugehen das in 10, 20 Jahren man mehr Geld braucht um den gleichen Stand zu halten wie heute. Gleichzeitig sinken aber auch indirekt die Löhne in vielen Branchen. So kommen manche Neu Eingestellte vermutlich niemals auf den gleichen Lohn wie die „alte Garde“ , ich sehe es ja in der Chemie.
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