Silvia Schenker, die Basler SP-Nationalrätin, hat es schon immer gewusst. Noch vor der Wahl von Eva Herzog in die Basler Regierung vor zwölf Jahren hat sie prophezeit, was die Politik von ihr zu erwarten hat: «Ist sie von einer Sache überzeugt, kann sie ausgesprochen hartnäckig sein.» Feind wie Freund können derzeit erleben, was dies bedeutet. Herzog verteidigt die Unternehmenssteuerreform III mit brüskierender Verve. Als Vizepräsidentin der Finanzdirektorenkonferenz hat sie die Reform mit ausgehandelt.
Wer sich ihr nun in den Weg stellt, wird mit Fakten eingedeckt. Wer ihr argumentativ begegnet, wird mit Zahlenreihen zugeschüttet und bei Renitenz der Ignoranz bezichtigt. Sie stösst vor den Kopf, ob die Gescholtenen nun Beat Jans, Nationalrat, oder Christian Levrat, Parteipräsident, heissen und das gleiche SP-Parteibüchlein tragen. Und unabhängig davon, dass diese wie die SP-Grandes-Dames Anita Fetz und Susanne Leutenegger Oberholzer sich als Mitglieder der zuständigen Kommissionen des eidgenössischen Parlaments sehr wohl intensiv mit dem Geschäft befasst haben.
Was sie unterscheidet: Herzog verweigert sich mit Sturheit einem politischen Spiel, in dem ihre Partei fest verwoben ist. Dabei geht es nur am Rande um die Steuerreform.
Zum Verständnis: Die Grundzüge der dritten Unternehmenssteuerreform entwarf der Bundesrat vor den eidgenössischen Wahlen 2015. Nach dem Desaster der zweiten Unternehmenssteuerreform mit Milliardenausfällen sollte die international geforderte Abschaffung der privilegierten Holdingbesteuerung in der dritten Runde keine zu grossen Löcher in die Haushalte von Bund, Kantonen und Gemeinden reissen. Behandelt wurde das Geschäft jedoch erst in der neuen Legislatur von einem Parlament, das nach rechts gerückt war und dies unter Beweis stellte. In Folge verweigerte der bürgerlich dominierte Nationalrat die vorgesehenen Kompensationen. Die Linke sah sich vorgeführt, drohte mit dem Referendum und musste die Drohung mangels bürgerlichen Entgegenkommens wahr machen.
Für Roland Stark, alt Präsident der SP-Basel, ist die Partei in die Falle der bürgerlichen Provokation getappt. Denn mit Steuervorlagen habe die SP noch nie eine Abstimmung gewinnen können. So versucht es die Partei damit, alte Feindbilder aus dem Fundus ideologischer Grabenkämpfe zu reaktivieren: Grosskonzerne wie Roche und Novartis profitierten schamlos von der Reform und seien doch für die hohen Gesundheitskosten mitverantwortlich, lautet eine Argumentationslinie. Und so ist als weitere Zuspitzung auch die Twitter-Attacke aus der SP-Parteizentrale zu verstehen, die Herzog als «Mediensprecherin» der Basler Pharmaunternehmen denunziert. Nur: Zumindest in Basel besteht die Wirkung dieser Attacke in der Umkehrung ihrer Absicht.
Noch Anfang Woche, nach dem missglückten Streitgespräch zwischen Jans und Herzog in der «Tageswoche» drohte die eidgenössische Reformvorlage für die kantonale Partei eine Zerreisprobe zu werden. Bereits wurde in den Geschichtsbüchern zurückgeblättert zur Situation, als sich der SP-Polizeidirektor Karl Schnyder derart mit seiner Partei überwarf, dass er die DSP gründen musste, um als Gewählter der neuen Gruppierung in der Regierung verbleiben zu können. Nach der Twitter-Attacke aus der SP-Zentrale können die Bücher wieder zugeklappt werden: Geschlossen empört stellt sich die Basler SP vor ihre Finanzdirektorin, auch wenn sie deren Haltung weiterhin nicht teilt: Wie bereits der Vorstand wird auch die SP-Delegiertenversammlung am Mittwoch gegen Herzog das Referendum unterstützen.
Herzog hat Verständnis für das Rollenverhalten der Partei, solange niemand von ihr erwartet, dass sie nur ein Jota von ihrer Position abweicht. Amüsiert reagiert sie auf die doppelt von der «Basler Zeitung» vorgetragene These, mit ihrem eisernen Auftritt habe sie sich in die erste Reihe für die Nachfolge der SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga gestellt. Denn ausgerechnet bei der entscheidenden SP-Fraktion hat sie sich keine Freunde gemacht.
Das breite Lob von bürgerlicher Seite weiss sie einzuordnen, als Pfeifen im Wald. Denn so wie diese Woche der Sturm im linken Lager tobte, wird er mit umgekehrten Vorzeichen bald auch im bürgerlichen Lager aufbrausen: Bürgerlich dominierte Exekutiven von Kommunen werden gegen die Reform auftreten, da sie mit Steuerausfällen konfrontiert werden, die sie nicht zu kompensieren wissen.
Selber schuld, meint Herzog: Wer in der Vergangenheit die Steuern maximal senkte, habe eben keine Reserven, um mit den Einbussen umzugehen. Damit ist Herzogs gefühlte Arroganz zurück. Mehr noch: Sie will in der kantonalen Umsetzung der Steuerreform die Erleichterungen für die Wirtschaft sozialverträglich mit zusätzlichem Kindergeld für Familien garnieren. Ein Luxus, der sich nur Basel leisten kann. Vorgetragen von einer Finanzdirektorin mit einer unerschütterlichen Selbstgewissheit. (bzbasel.ch)