Der Fall lässt Flugreisende rund um den Globus aufhorchen: Nach einem fünfstündigen Nachtflug von Neu-Delhi nach Hongkong wurden bei 47 Passagieren des Vistara-Fluges UK6935 Corona-Infektionen festgestellt. Nie zuvor haben sich gleichzeitig so viele Menschen über den Wolken mit Corona infiziert.
72 Stunden vor Reiseantritt (4. April 2021) waren sie noch negativ getestet worden. Möglicherweise hatte sich mindestens einer der Passagiere im Zeitraum zwischen negativem Test und Reiseantritt angesteckt und das Virus auf dem Flug an die anderen Passagiere weitergegeben.
Diese Grafik zeigt, dass viele der infizierten Personen (rote Punkte) nebeneinander sassen:
47 passengers on Vistara flight UK6395 from New Delhi to Hong Kong on April 4th have now tested positive for COVID-19. pic.twitter.com/Mb4wCEPMPl
— 1B002Aaron 💉 💉 🇭🇰 (@tripperhead) April 18, 2021
Der Vorfall in Asien wirft mit Blick auf die Sommerferien erneut die Frage auf: Wie gefährlich ist Fliegen in Zeiten von Corona? Airlines beteuern stets, dass auf Flügen das Risiko von Corona-Infektionen sehr gering sei. Die leistungsfähigen Filter würden die Luft wie in einem Operationssaal reinigen.
«Die Luft in unseren Flugzeugen zirkuliert vertikal und wird daher nicht in der Kabine verteilt», sagt Swiss-Sprecher Michael Stief zu watson.
Der Vistara-Flug ist nicht der erste Superspreader-Fall seit Beginn der Corona-Pandemie. Am 28. September 2020 steckte ein Schweizer auf einem 18-stündigen Emirates-Flug von Dubai nach Auckland (Neuseeland) sieben weitere Passagiere an – trotz Maskenpflicht und negativem Coronatest.
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Die Ereignisse wurden in einer Studie untersucht. Hinweise auf die Infektionswege fanden die Forscher durch genetische Fingerabdrücke der gefundenen Viren. Alle infizierten Fluggäste sassen wie beim Vistara-Flug nah beisammen: maximal zwei Reihen vor oder hinter dem Schweizer Pärchen. Der Luftfahrtverband IATA relativierte die Bedeutung der Studie damals. Das Risiko einer Corona-Ansteckung während eines Fluges sei extrem gering, hiess es.
Experten sehen die Beteuerungen der Airline-Branche kritisch. Yan Chen ist Professor für Maschinenbau an der Purdue University in den USA und Experte für Belüftungssysteme. Gegenüber der NZZ sagte er:
Schutzkonzepte greifen über den Wolken. Das Problem: Während eines Langstreckenfluges ist es kaum realistisch, dass die Leute immer eine Maske tragen.
Laut der Studie gaben beide Passagiere aus der Schweiz an, nicht nur während des Essens, sondern auch zum Schlafen die Masken abgenommen zu haben. Eine Person war aber offenbar hoch ansteckend und infizierte die anderen Passagiere. Das Fazit der Untersuchung: Trotz allen Hygienemassnahmen gibt es besonders auf Langstreckenflügen ein Restrisiko, sich mit Corona anzustecken.
Corona-Ansteckungen im Flugzeug sind dennoch selten. Wie die IATA November 2020 berichtet, habe man seit Beginn 2020 nur 44 bestätigte Fälle registriert, die auf einen Flug zurückgeführt werden konnten. Während dieser Zeit seien insgesamt 1.2 Milliarden Menschen geflogen. Das bedeutet, dass sich gerade mal einer von 27 Millionen Passagieren mit dem Coronavirus ansteckte. Die Dunkelziffer dürfte aber gross sein.
In der Schweiz sind bislang keine Infektionen in Flugzeugen publik geworden: «Der Swiss sind keine Fälle von Ansteckungen an Bord bekannt», sagt Sprecher Michael Stief zu watson.
(amü)
Davon konnte man aber echt nicht ausgehen..