Wirtschaft
International

Deutschland will seine Kohlekraftwerke bis 2038 abschalten

FILE - In this Dec. 16, 2009 file photo, steam and smoke rise from a coal burning power plant in Gelsenkirchen, Germany. The state governors Dietmar Woidke of Brandenburg, Michael Kretschmer of Saxony ...
Wasserdampf und Rauch steigen aus den Kaminen des Kohlekraftwerks in Gelsenkirchen empor: Die Kohleländer Deutschlands sollen 40 Milliarden Hilfsgelder bekommen.Bild: keystone

Deutschland will seine Kohlekraftwerke bis 2038 abschalten – zu langsam für Greenpeace

03.07.2020, 19:05
Mehr «Wirtschaft»

Deutschland wird nach der Atomenergie nun auch aus der Kohlestromgewinnung aussteigen. Bundestag und Bundesrat (Länderkammer) beschlossen am Freitag die Abschaltung aller Braun- und Steinkohlekraftwerke bis spätestens 2038. Ausserdem wurde ein Gesetz verabschiedet, das Hilfen von 40 Milliarden Euro für die Kohleländer vorsieht.

Die Kohle, bei deren Verbrennung grosse Mengen des Treibhausgases CO2 entstehen, hat in Deutschland traditionell einen hohen Anteil an der Stromversorgung. Europas grösste Volkswirtschaft verfügt über grosse heimische Braunkohlevorkommen. Wegen teurer Emissionsrechte ist der Kohlestromanteil aber schon deutlich gesunken. Voriges Jahr stammten noch 18.8 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms aus heimischer Braunkohle und 9.4 Prozent aus importierter Steinkohle.

FILE-In this Nov. 24, 2019 file photo supporters of the climate movement Ende Gelaende protest at the coal-fired power station Lippendorf near Leipzig, Germany. The state governors Dietmar Woidke of B ...
Alle deutschen Kohlekraftwerke sollen bis 2038 abgeschaltet werden: Lippendorf bei Leipzig.Bild: keystone

Die Strukturhilfen sollen in den Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg beim Umbau der Wirtschaft sowie beim Ausbau der Infrastruktur helfen. Betreiber von Kohlekraftwerken sollen Entschädigungen von etwa 4.3 Milliarden Euro für das vorzeitige Abschalten ihrer Anlagen bekommen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete den Kohleausstieg als historisches Generationenprojekt. «Wir sind das einzige Industrieland dieser Grösse, das aus der Nutzung der Kernenergie und 15 Jahre später aus der Kohleverstromung aussteigt», sagte er im Bundestag.

Greenpeace kämpft weiter für 2030

Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte, der Ausstieg komme viel zu spät. Die Bundesregierung sei an entscheidenden Stellen vom Konzept der Kohlekommission abgewichen. Der FDP-Abgeordnete Lukas Köhler sprach von einem «extrem teuren Gesetz». Denn wegen der stark gestiegenen Preise für Emissionsrechte werde die Kohleverstromung ohnehin unrentabel. «Die Kohle geht aus dem Markt, und das völlig ohne Entschädigung», sagte Köhler.

Greenpeace-Aktivisten kletterten aus Protest gegen das Gesetz auf das Dach des Reichstagsgebäudes. Unter dem Schriftzug «Dem deutschen Volke» am Architrav des Westportals brachten sie ein grosses Transparent mit der Aufschrift «Eine Zukunft ohne Kohlekraft» an. Greenpeace will weiter für einen Kohleausstieg bis 2030 kämpfen.

Activists of Greenpeace extendet the inscription 'Dem deutschen Volke' (To the German People) on top of the entrance of the Reichstag building, home of the German parliament Bundestag, with  ...
Greenpeace will weiter für einen Kohleausstieg bis 2030 kämpfen: Slogan am Reichstag in Berlin, 3. Juli 2020.Bild: keystone

Der schrittweise Kohleausstieg ist Teil der deutschen Energiewende, die mit dem von der rot-grünen Regierung Anfang des Jahrtausends eingeleiteten Atomausstieg begonnen hatte. Derzeit sind in Deutschland noch sechs Kernkraftwerke in Betrieb, von denen drei im nächsten und drei im übernächsten Jahr vom Netz gehen sollen. 2019 steuerte Atomenergie noch zwölf Prozent zum deutschen Strommix bei.

Erneuerbare Energie aus Wind, Sonne und Biomasse wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Deutschland mit Subventionen in dreistelliger Milliardenhöhe gefördert. Bezahlt wurden diese von den Stromkunden mit einer Umlage auf den Strompreis. Der Anteil der Erneuerbaren am Gesamtstrom soll in Deutschland von jetzt gut 40 Prozent auf 65 Prozent im Jahr 2030 und 80 Prozent 2050 steigen. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Fakten rund um den Energieverbrauch in der Schweiz
1 / 21
Fakten rund um den Energieverbrauch in der Schweiz
Wer verbraucht am meisten Energie? Woher stammt unser Strom? Was sind die Zukunftsaussichten? Antworten, Bilder und Statistiken rund um das Thema Energie findest du in dieser Bildstrecke.
quelle: x90045 / mario anzuoni
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Der weltweit erste kommerzielle CO2-Sauger steht in Hinwil
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
ingmarbergman
03.07.2020 19:36registriert August 2017
Was heisst hier zu langsam für Greenpeace?
Zu langsam für jeden wissenschaftlich denkenden Menschen.

Je länger wir warten, desto schlimmer wird es. Danke Babyboomer für die Welt die ihr uns hinterlässt!
218
Melden
Zum Kommentar
7
IS-Terroristen kündigen weltweit Anschläge an

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich erneut zu dem Anschlag mit mehr als 140 Toten bei Moskau bekannt und darüber hinaus weltweite Angriffe auf Juden und Christen angekündigt. In einer am Donnerstag veröffentlichten 40-minütigen Audiobotschaft fordert IS-Sprecher Abu Hudhaifah al-Ansari die «einsamen Wölfe» der Bewegung auf, noch während des laufenden Fastenmonats Ramadan «Kreuzfahrer (Christen) und Juden überall anzugreifen und ins Visier zu nehmen», insbesondere in Europa und den USA sowie im Herzen des jüdischen Staates und in Palästina. Veröffentlicht wurde die Botschaft über das IS-Medienportal al-Furkan.

Zur Story