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«Geiz ist geil»? Media Markt und Saturn bauen hunderte Stellen ab

«Geiz ist geil»? Media Markt und Saturn sparen und bauen hunderte Stellen ab

30.04.2019, 16:32
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Ein Paar studiert am 19. Februar 2005 in der Computerabteilung des Media Markts in Zuerich Dietlikon das Angebot. (KEYSTONE/Martin Ruetschi) === , ===
Bild: KEYSTONE

Mit Werbeslogans wie «Geiz ist geil» oder «Wir können nur billig» haben die Handelsketten Media Markt und Saturn jahrzehntelang den deutschen Elektronikhandel dominiert. Doch jetzt wird bei den Handelsriesen selbst der Rotstift angesetzt. Hunderte Stellen in der Verwaltung des Elektronikriesen sollen abgebaut werden, wie der Media-Saturn-Chef Ferran Reverter am Dienstag ankündigte.

Der Hintergrund: Der Elektronikhändler Ceconomy mit seinen bekannten Töchtern Media Markt und Saturn steckt in der Krise. Der Handelsriese kämpft aufgrund der Online-Konkurrenz mit sinkenden Umsätzen und wegbrechenden Gewinnen. Der Aktienkurs ist seit der Trennung vom einstigen Mutterkonzern Metro im Sommer 2017 drastisch gefallen.

Doch nun will eine neue Führungsspitze um den seit März amtierenden Ceconomy-Chef Jörn Werner und den Media-Saturn-Chef Reverter den Konzern mit harter Hand wieder auf Erfolgskurs bringen. «Unsere Strukturen sind zu komplex. Viele Prozesse sind zu ineffizient, und es gibt zu viele unklare Verantwortlichkeiten», beschrieb Werner am Dienstag die Probleme aus seiner Sicht. Die Verwaltung sei eindeutig überdimensioniert.

Ein Stellenabbau soll nun Abhilfe schaffen. Der Ceconomy-Chef will die Verwaltungskosten des Konzerns in Deutschland um rund 20 Prozent reduzieren. Das entspricht immerhin Einsparungen von 110 bis 130 Millionen Euro im Jahr. Eine «mittlere dreistellige Zahl von Stellen» werde dafür wohl am Ende wegfallen, sagte Reverter. Der grösste Teil des Stellenabbaus werde die Media-Saturn-Zentrale in Ingolstadt und die Marketingabteilung in München treffen, heisst es.

Auch anderswo wird der Rotstift angesetzt. So wird die Streaming-Plattform Juke geschlossen werden. Und auch andere kleine Engagements wie die Beteiligung von MediaSaturn an der Wiederverkaufsplattform Flip4New stehen auf dem Prüfstand. Auch das Management wird nicht verschont: Die Ceconomy-Spitze wird verkleinert und vom 1. Juni an aus nur noch zwei Vorständen bestehen.

Die Kunden sollen allerdings erst einmal möglichst wenig von dem Effizienzsteigerungsprogramm merken. Beide Marken - Media Markt und Saturn - sollen erhalten bleiben, wie Werner betont. Hinter den Kulissen soll aber in Zukunft enger zusammengearbeitet werden. Auch Filialschliessungen sind im Zuge des Effizienzsteigerungsprogrammes nicht vorgesehen.

Die Einschnitte seien ein wichtiger erster Schritt, betonte Werner. Bis zum Jahresende will die neue Konzernführung ausserdem die strategische Ausrichtung des Elektronikhändlers überarbeiten. «Wir haben unser Potenzial bislang noch nicht vollständig ausgenutzt», betonte Werner. Der Markt habe grosses Potenzial weit über das blosse Verkaufen von Elektronik hinaus. Immer mehr Kunden benötigten Hilfe bei dem Umgang mit komplexer Technik auch im eigenen Heim.

Media Markt und Saturn hätten sich in der Vergangenheit viel zu sehr darauf konzentriert, ein möglichst grosses Sortiment zum günstigsten Preis anzubieten, dabei aber das Einkaufserlebnis und den Service vernachlässigt. Nun gelte es, alles auf die Bedürfnisse des Kunden auszurichten.

Ceconomy beschäftigt in Deutschland nach eigenen Angaben gut 27 000 Mitarbeiter, einschliesslich der Elektronikmärkte. Weltweit beläuft sich die Beschäftigtenzahl auf gut 60 000. (aeg/sda/awp/dpa)

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20 Kommentare
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Oliver (4)
30.04.2019 16:54registriert April 2019
Die sollen lieber ihre Preise senden. Media Markt und Saturn waren in den meisten Fällen immer die teuerste Option.
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Zeit_Genosse
30.04.2019 19:46registriert Februar 2014
Die Digitalisierung im Onlinehandel, bei den internen Prozessen und Strukturen verschlafen. Aufholen wird viel Geld kosten und Stellen fordern.
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Kritiker 2.0
01.05.2019 00:18registriert November 2018
Nun ja, was soll ich sagen? Als Noch Media MA in Kündigung bleibt folgende Erkenntnis: Ja, der Onlinehandel wurde total verschlafen. Und jetzt geht man von einem Extrem ins andere: Von Praktisch null Kundenservice, dafür niedrigen Preisen zu maximalem Kundenservice, dafür hohen Preisen. Es ist der verzweifelte Versuch, das Ruder herum zu reissen. Für meine bald Ex Arbeitskollegen hoffe ich, dass es klappt. 😉
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