Das «Wall Street Journal» ist – zumindest auf der Meinungsseite – die noblere Ausgabe von Fox News: total Trump-hörig. Doch selbst dort hat man die Schnauze voll von Trumps Pressekonferenzen in Sachen Coronavirus. In einem redaktionellen Kommentar heisst es:
Die Mischung aus Prahlerei und Irrtümern, die der Präsident verbreitet, ist selbst für das «Wall Street Journal» deplatziert: «Es geht hier nicht mehr ums Impeachment und Covid-19 ist nicht shifty Schiff», zürnt das Blatt. «Es ist eine einmalige Bedrohung für den amerikanischen way of life.»
Natürlich hat Trump sofort zurückgeschlagen: «Das ‹Wall Street Journal› vergisst zu erwähnen, dass die Ratings für die Pressekonferenzen durch die Decke gehen und dass es die einzige Möglichkeit ist, den Fake News zu entkommen und meine Meinung rüber zu bringen», twittert Trump. «WJS ist Fake News».
The Wall Street Journal always “forgets” to mention that the ratings for the White House Press Briefings are “through the roof” (Monday Night Football, Bachelor Finale, according to @nytimes) & is only way for me to escape the Fake News & get my views across. WSJ is Fake News!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) April 9, 2020
Doch das «Wall Street Journal» ist mit seiner Meinung nicht alleine. Selbst die grössten Trump-Fans fürchten, dass sich der Präsident mit seinen Briefings selbst ins Knie schiesst. Dazu gehört unter anderem Trumps Handlanger Lindsey Graham. «Er übertönt seine eigene Botschaft», jammert der Senator aus South Carolina und empfiehlt dem Präsidenten, doch besser nur noch einmal wöchentlich vor die Kameras zu treten.
Andere Republikaner äussern sich in der «New York Times» ähnlich. Tatsächlich zeigen die Umfragewerte, dass Trumps narzisstischen Auftritte ihm schaden. Drei verschiedene Umfragen zeigen, dass er deutlich hinter Biden zurückliegt. Dass ursprüngliche Hoch nach den ersten Pressekonferenzen ist bereits Vergangenheit.
Auch Mitch McConnell, Führer der Republikaner im Senat, empfiehlt daher Trump, das Mikrofon doch besser seinen Fachkräften wie dem sehr populären Arzt Anthony Fauci zu überlassen.
Das wird kaum geschehen. Trump ist ein pathologischer Narzisst, der keine anderen Götter neben sich duldet. Zudem ärgert es ihn masslos, dass die Gouverneure der Bundesstaaten, allen voran Andrew Cuomo aus New York, für ihre Pressebriefings höchstes Lob ernten. Deshalb legt sich der Präsidentin auch mit Gretchen Whitmer, der beliebten Gouverneurin aus Michigan, an und beschimpft sie als «halbschlau». Das wird ihm nicht nur in einem wichtigen Swingstate Stimmen kosten, es wird ihn bei den Frauen in den Vorstädten noch unbeliebter machen.