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Bitcoins stammen ursprünglich aus der Szene der Cypherpunks, einer Art libertären IT-Anarchisten, die den Staat hassen und für möglichst viel Freiheit in allen Bereichen kämpfen. Für sie sind die Bitcoins mehr als nur eine Währung. Sie verbinden damit einen Traum: Es entsteht eine globale Währung, die dezentral organisiert wird. Die Zentralbanken werden überflüssig, der Staat schwach und schwächer, die Märkte triumphieren, so wie es die österreichische Schule der Ökonomie (Ludwig von Mises, Friedrich Hayek) schon immer gefordert hat.
Die Realität der Bitcoins hat nichts mit diesem Traum gemein. Inzwischen wird die Kryptowährung monopolartig kontrolliert. «Über 70 Prozent aller Transaktionen im Bitcoin-Netzwerk laufen über bloss vier chinesische Firmen, bekannt als Bitcoin-Mining-Pools», berichtete kürzlich die «New York Times».
Obwohl die chinesische Regierung den Gebrauch von Bitcoins im eigenen Land untersagt, sind die chinesischen Bitcoin-Börsen weltweit führend und für fast die Hälfte aller Transaktionen verantwortlich. Die Chinesen bauen ihre Vorherrschaft zudem immer weiter aus. So hat der Internetgigant Baidu zusammen mit drei Banken das amerikanische Bitcoin-Unternehmen Circle gekauft.
Anders als die Cypherpunks sind die Chinesen knallharte Rechner. Sie haben erkannt, dass die Bitcoins zu einem Milliardengeschäft geworden sind und wollen daran teilhaben. «Kein Chinese legt sich für Bitcoins ins Zeug, weil er die libertäre Ideologie teilt oder weil er hofft, Regierungen zu stürzen», spottet Bobby Lee, CEO von BTCC, einer Bitcoin-Firma in Shanghai. Es sind andere Gründe, die Bitcoins für die Chinesen attraktiv machen. Sie sind zum einen passionierte Gambler und lieben die nach wie vor grossen Kursschwankungen der Kryptowährung. Zudem bietet sich ihnen so eine Gelegenheit, einen Teil ihres Vermögens ins Ausland zu schaffen.
China bietet schliesslich ideale Bedingungen für das Herstellen von Bitcoins. Dazu braucht es gewaltige Computerleistungen, die wiederum grosse Mengen an Strom verschlingen. Die staatliche chinesische Wirtschaft hat die Eigenschaft, sich gelegentlich zu verschätzen und Elektrizitätswerke an Orten zu bauen, wo sie gar nicht gebraucht werden. Das nützen die Bitcoin-Unternehmer aus. Sie bauen die Bitcoin-Fabriken in unmittelbarer Nähe dieser Anlagen und erhalten deshalb sehr billig Strom.
Gleichzeitig haben sie sich zu Pools zusammengeschlossen, zu denen sie auch kleinen Minern Zutritt gewähren. So sind sie in der Lage, die Szene zu kontrollieren, sehr zum Ärger der Amerikaner. «Die Konzentration ist kein gutes Zeichen», klagt Edmin Gun Sirer, Professor an der Cornell University und Bitcoin-Spezialist. «Wir müssen uns ernsthaft um das Problem kümmern, wenn wir immer noch an die Dezentralisierung glauben.»
Dazu könnte es allerdings bereits zu spät sein. Im vergangenen April liessen die Chinesen eine amerikanische Delegation kühl abblitzen. Die Amerikaner wollen die Kapazität der Blockchain ausbauen und das Netzwerk ausweiten. Daran haben die chinesischen Monopolisten logischerweise kein Interesse.
Satoshi Nakamoto, der mysteriöse Erfinder der Bitcoins, wollte mit dieser Währung eine Art Geld-Wikipedia schaffen, ein System, in dem Freiwillige zusammen mit ausgeklügelter Software ein gleichzeitig globales und dezentralisiertes Währungssystem unterhielten. Entstanden ist ein straff organisiertes Monopol.
Das sollte auch den Anhängern der österreichischen Schule zu denken geben.