«Wir rufen den Bundesrat dazu auf, die Klärungen mit der Europäischen Union rund um das institutionelle Rahmenabkommen rasch abzuschliessen und das Abkommen dem Parlament vorzulegen», schreiben die 17 Handelskammern in ihrem gemeinsamen Brief an den Gesamtbundesrat, der vom Montag datiert.
Parallel dazu fordern die 17 Handelskammern, der Bundesrat müsse «so schnell wie möglich Wege aufzeigen, wie die bestehenden Marktzugangsabkommen gesichert werden», falls das Rahmenabkommen scheitere.
Das Schreiben zeigt: Die Nervosität ist gross vier Tage vor der Brüssel-Reise von Bundespräsident Guy Parmelin - gerade in der Wirtschaft. Die Handelskammern sind Mitglied beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Sie beraten Unternehmen bei rechtlichen Fragen zum Export. Gleichzeitig setzen sie sich für die wirtschaftspolitische Förderung und die Wahrung der Interessen der Wirtschaft ein.
Initiiert hat den Brief Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter. Die Präsidentin der Handelskammer beider Basel gilt als klare Befürworterin des Rahmenabkommens. Sie ist auch Mitglied der Bewegung Progresuisse, die vor kurzem gegründet wurde.
«Es ist toll, dass sich mit Ausnahme des Aargaus alle Handelskammern dem Appell anschliessen», sagt Schneider-Schneiter. «Das zeigt, dass die Wirtschaft für den Zugang zum EU-Binnenmarkt Lösungen will und braucht.»
Im Vordergrund stehe die Sicherung des bilateralen Weges. «Ein Rahmenabkommen kann hier die nötige Grundlage schaffen», sagt Schneider-Schneiter. Falls das nicht gelinge, müsse der Bundesrat Auswege aufzeigen. «Ein Abbruch der Verhandlungen ohne konkreten Plan, wie es mit den Bilateralen weitergeht, wäre für die Schweiz verheerend.»
Im Brief betonen die Industrie- und Handelskammern, ein Scheitern des Rahmenabkommens hätte «schwerwiegende Nachteile für unsere Wirtschaft». Und weiter: «Bestehende Abkommen würden erodieren, der Zugang zum europäischen Markt erschwert.»
Zudem wäre eine enge Anbindung an das europäische Forschungsprogramm noch schwieriger. Und wichtige neue Abkommen etwa in den Bereichen Strom und Gesundheit wären gefährdet.
Die 17 Handelskammern betonen in ihrem Brief an den Gesamtbundesrat die «zentrale Bedeutung» der Bilateralen für die Schweiz. «Der Bilaterale Weg erlaubt uns eine enge Zusammenarbeit mit der EU unter Beibehaltung maximaler Souveränität», steht darin. «Dieser Kompromiss geniesst in der Bevölkerung und bei Unternehmen grosse Unterstützung.»
Eine einzige kantonale Handelskammer hat den Brief an den Gesamtbundesrat nicht unterschrieben: die Aargauische Industrie- und Handelskammer (AIHK). Das habe mit der Organisation der AIHK zu tun, sagt Direktor Beat Bechtold.
«Bei der AIHK entscheidet der 30-köpfige Vorstand über Abstimmungsthemen und beschliesst die Parolen», hält er fest. Und dieser habe sich noch nicht im Detail mit dem Thema Rahmenabkommen befasst. «Die AIHK will abwarten, welche Stossrichtung der Bundesrat nach den Gesprächen in Brüssel vorschlägt», sagt Bechtold. «Erst dann macht der Vorstand eine Auslegeordnung und fasst eine Parole zum Rahmenabkommen.»
Der AIHK stehe zu den Bilateralen, betont Direktor Bechtold. Möglicherweise hat die Zurückhaltung beim Rahmenabkommen aber auch damit zu tun, dass mit Hans-Jörg Bertschi ein Co-Präsident von Autonomiesuisse im Präsidium des AIHK sitzt.
Am Wochenende hatten schon Economiesuisse und der Arbeitgeberverband vom Bundesrat gefordert, dass er die offenen Punkte rasch mit der EU-Spitze kläre. Es sei im Interesse des ganzen Landes, den bilateralen Weg für die Zukunft zu sichern.