Die peinliche Umarmung der amerikanischen Flagge war das eine, die wirre Rede, gespickt mit Profanitäten, das andere. Trumps Auftritt am Samstag an der Conservative Political Action Conference (CPAC) schrie nach professioneller Hilfe. Doch sie kam nicht. Stattdessen erinnerte das Spektakel an längst überwundene Zeiten: Die Zuhörer tobten und jubelten ihrem Führer kritiklos zu.
Abraham Lincoln gründete einst die Republikanische Partei, um die USA von der Sklaverei zu befreien. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Grand Old Party (GOP) der Garant für Liberalismus und Freiheit. Für Rassismus und Unterdrückung der Schwarzen – vor allem in den Südstaaten – waren damals die Demokraten zuständig.
Heute ist die einst so stolze GOP zu einem sektenartigen Kult geworden. Obwohl Trump die meisten Werte der Republikaner mit Füssen tritt, obwohl er Kriegshelden wie den kürzlich verstorbenen John McCain verspottet, folgen ihm die Parteimitglieder bereitwillig.
Die Unterwerfung ist total. «Sie haben den Insassen im Oval Office zu einem Fetisch erhoben, obwohl er nicht einmal konservativ ist», sagt Mike Murphy, ein langjähriger republikanischer Parteistratege in der «Washington Post». «Es geht nur noch darum: Wir gegen die anderen. Wir haben recht, die anderen sind böse. Das hat diesen Trump-Kult geschaffen, der nun die Partei dominiert.»
Republikanische Abgeordnete oder Senatoren, die Trump kritisieren, begehen politischen Selbstmord. Nur diejenigen, die nichts zu verlieren haben, wagen es noch. Senator Lamar Alexander beispielsweise hat sich gegen die von Trump ausgerufenen Notstandsgesetze ausgesprochen. Er tritt bei den nächsten Wahlen nicht mehr an.
Einst für ihre eigenständige Meinung gefeierte republikanische Senatoren hingegen sind verstummt, etwa Mitt Romney. Oder sie haben sich in eigentliche Speichellecker verwandelt. Zu den ganz Üblen unter ihnen gehören der ehemalige McCain-Kumpel Lindsay Graham, aber auch der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell.
Trumps Dominanz der GOP wird untermauert durch seine Symbiose mit Fox News. Im «New Yorker» hat Jane Mayer kürzlich nachgezeichnet, wie aus dem einst konservativen TV-Sender eine eigentliche Propagandamaschine für den Präsidenten geworden ist.
Fox News verbreitet nicht nur die Politik von Trump, ohne sie zu hinterfragen. Der Sender heizt die Basis an, wie die Medienprofessorin Nicole Hemmer ausführt : «Fox misst nicht nur die Temperatur der Basis. Fox hebt die Temperatur an. Es ist ein Radikalisierungs-Modell.»
Bill Kristol ist ein zum Trump-Gegner mutierter Republikaner. Einst war er eine führende Stimme der Neocons und regelmässiger Gast bei Fox News. Heute sagt er: «Der Sender hat sich stark verändert. Einst war er konservativ, aber nicht verrückt. Jetzt sendet er nur noch Propaganda.»
Trump nimmt direkt Einfluss auf das Programm von Fox News. Häufig schaltet er sich live in die Sendungen ein, vorwiegend in die Morgenshow Fox & Friends. In einem Interview mit seinem Kumpel Sean Hannity, der aktuelle Star bei Fox, drohte er kürzlich direkt seinen Parteimitgliedern. Wer bei den kommenden Notrechts-Abstimmungen im Senat gegen ihn sei, der werde «sich in grosse Gefahr begeben».
Die Türen zwischen dem Weissen Haus und Fox News sind durchlässig. Fox-Kommentator John Bolton ist nun nationaler Sicherheitsberater, Fox-Kommentatorin Heather Nauert wurde von Trump als UN-Botschafterin nominiert, zog sich jedoch im letzten Augenblick zurück. Bill Shine, einst einflussreicher Programmdirektor bei Fox News – er musste wegen Anklagen von sexueller Belästigung zurücktreten – ist heute Trumps Kommunikationschef.
Umgekehrt ist seine Vorgängerin auf diesem Posten, Hope Hicks, oberste PR-Frau bei 21st Century Fox. Trump soll jeden Abend mit Sean Hannity und regelmässig mit Rupert Murdock, dem Fox-Eigentümer, telefonieren.
Angesichts dieser engen Verbindungen ist es nicht verwunderlich, dass die Geschichte einer jungen Fox-News-Journalistin nie ausgestrahlt wurde: Sie hatte als erste die Geschichte von Trumps Verbindung mit dem Pornostar Stormy Daniels recherchiert. Der moralische Kollaps, die Degenerierung des grössten US-TV-Senders zu einer faschistoiden Propaganda-Maschine sind nicht nur eine Gefahr für die amerikanische Demokratie geworden.
In der «New York Times» stellt Thomas Friedman unmissverständlich fest: «Wenn Amerika, die einflussreichste Demokratie der Welt, einen Führer hat, der absolut keine Scham kennt, der von einer rückgratlosen Partei unterstützt wird, die bereit ist, sich jederzeit für Trump zu prostituieren – und wenn beide von einem De-facto-Staatssender namens Fox unterstützt werden – dann wird dies zu einer Jagdlizenz für Führer rund um den Globus.»