Senatoren der Grand Old Party wie Lisa Murkowskis, Alexander Lamar oder Marco Rubio galten bisher als konservative, jedoch auch als ehrenwerte Politiker. Alle drei haben sich gegen Zeugenaussagen im Impeachment-Prozess ausgesprochen, mit widersprüchlichen und absurden Begründungen.
Murkowski, die noch vor Tagen öffentlich erklärt hatte, «zusätzliche Zeugen und Dokumente seien nötig, um Unklarheiten zu beseitigen», hat nun plötzlich entdeckt, dass es «im Senat keinen fairen Prozess geben kann», und dass deswegen auch keine Zeugen mehr nötig seien.
Lamar vertritt die Ansicht, die Anklage der Demokraten sei so brillant gewesen, dass es keine Zeugen mehr brauche, da nun hinlänglich geklärt sei, dass Trumps Verhalten «unziemlich» gewesen sei. Doch Unziemlichkeit reiche nicht aus für eine Amtsenthebung. Etwas verklausulierter vertritt Rubio die gleiche Position.
Wie ist die Feigheit dieser drei honorigen Senatoren zu erklären? Die Antwort liegt in der fast totalitären Macht, über welche das Duo Donald Trump und Mitch McConnell mittlerweile verfügt. Die beiden an sich sehr unterschiedlichen Charakteren haben sich zu einem seltsamen Paar gefunden und führend die GOP mit eiserner Hand.
Mit offenem Chauvinismus, verdecktem Rassismus und Schmähung einer vermeintlichen urbanen Elite ist es Trump gelungen, die republikanische Basis hinter sich zu scharen. Die Verehrung der überwiegend weissen Trump-Anhänger hat sektiererische Züge angenommen. Seine Rallys, die er regelmässig und gerne durchführt, sind Kult. Wie bei Rockkonzerten werden die grössten Hits mitgesungen.
Gleichzeitig hat Trump seine juristische Front abgesichert. Jeff Sessions, sein erster Justizminister, teilte zwar die rassistische Einwanderungspolitik des Präsidenten. Er besass jedoch auch einen Rest von juristischem Anstand und trat in den Russland-Affäre wegen Befangenheit in den Ausstand. Damit unterstrich er auch die Unabhängigkeit der Justiz von der Politik, ein entscheidender Punkt in einem Rechtsstaat.
Sessions Nachfolger William Barr kennt diese Skrupel nicht. Er stellt das Justizdepartement schamlos in die Dienste des Präsidenten und pervertiert es damit. Barr ist kein Zyniker, er ist ein Überzeugungstäter. Der tief katholische Jurist sieht das christliche Abendland in Gefahr und Trump als letzte Hoffnung.
Die gleiche Haltung vertritt auch die Mehrheit der Evangelikalen. Sie sind ebenfalls davon überzeugt, dass Gott den «Sünder Trump» dazu auserkoren hat, dafür zu sorgen, dass Jesus ein zweites Mal auf die Erde zurückkehrt.
Eine hasserfüllte ländliche weisse Mittelschicht und religiöse Fanatiker sorgen dafür, dass Trump die GOP regieren kann wie einst der absolutistische Herrscher Louis XIV.
Mitch McConnells Macht ist leicht erklärt: Es ist das Geld. 2010 hat der oberste Gerichtshof einen fatalen Entscheid gefällt. Er hat das Gesetz «Citizen United» für rechtsgültig erklärt. Damit hat er die Schleusen geöffnet für das sogenannte «dark money», will heissen: Milliardäre und Konzerne können seither grenzenlos Geld in die von ihnen gewünschten politischen Kanäle fliessen lassen.
Die legendären Koch-Brüder, aber auch andere Milliardäre wie etwa Robert Mercer und Konzerne machen davon üppig Gebrauch. Sie unterstützen die Politiker mit massiven Geldbeiträgen, von den sie sich versprechen, dass sie ihre Interessen vertreten. Selbstredend sind dies mehrheitlich Republikaner.
Jane Mayer, eine renommierte Journalistin des Magazins «The New Yorker», hat in ihrem Buch «Dark Money» nachgewiesen, dass diese Milliardäre de facto die GOP gekauft haben.
Als Mehrheitsführer im Senat ist McConnell der Schleusenwärter dieser Geldflut. Er bestimmt, wer in seinem Wahlkampf wie viele Millionen Dollar Unterstützung erhält und wer leer ausgeht.
Republikanische Senatoren sind daher in einer misslichen Lage. Handeln sie gegen die Interessen des Duos Trump/McConnell, dann folgt die Strafe auf den Fuss: Sie geraten in einen präsidialen Tweet-Gewittersturm. Gleichzeitig müssen sie damit rechnen, dass ein Trump-getreuer Gegenkandidat in den Primärwahlen gegen sie antreten, und dass dieser in den Genuss von McConnells Millionen kommen wird.
Mit anderen Worten: Für einen republikanischer Senator hätte ein Ja zu Zeugen politischer Selbstmord bedeutet. Warum haben Mitt Romney und Susan Collins es trotzdem getan?
Romney stammt aus Utah, einem stockkonservativen Bundesstaat, doch die Mormonen mögen Trump nicht. Zudem ist Romney sehr reich und nicht auf McConnell und sein dunkles Geld angewiesen.
Bei Collins steck politisches Kalkül dahinter. Sie muss im November zur Wiederwahl antreten, und zwar in Maine, einem liberalen Bundesstaat. Mit ihrer Haltung kann sie zumindest den Schein der Unabhängigkeit und damit auch ihre Wahlchancen erhalten. Weil McConnell seine Mehrheit im Senat um jeden Preis verteidigen will, und weil er wusste, dass er die nötigen 51 Stimmen hatte, liess er sie gewähren.
Die Senatoren der GOP sind nicht blöd, sie wissen, dass Trump sein Amt missbraucht hat und sie wissen auch, dass sie sie bei einem miesen Vertuschungs-Schmierestück mitgemacht haben. Damit haben sie kurzfristig politisch überlebt. Ob die amerikanische Demokratie diesen Zangenangriff von Geld und Hass überleben wird, wird sich weisen müssen.