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Warum es für unsere Olympiaheldinnen und Olympiahelden keine Millionen gibt

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Gold ist nicht gleich Geld

Warum es für unsere Olympiaheldinnen und Olympiahelden keine Millionen gibt

Auch für Sotschi gilt: Der Schwingerkönig hat auf dem Werbemarkt mindestens so viel Wert wie eine Olympiasiegerin oder ein Olympiasieger aus der Schweiz.
17.02.2014, 22:0618.02.2014, 06:38
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Gold gleich Geld. Gerade die Schweizerinnen und Schweizer neigen dazu, olympischen Ruhm zu überschätzen. Dabei müssen unsere olympischen Heldinnen und Helden froh sein, wenn sie gleich viel Kohle machen wie der Schwingerkönig.

Über Löhne und Einkünfte reden die Schweizer so ungern wie über ihre Religion und ihr Sexleben. Aber gerade weil bei uns, anders als etwa in Nordamerika, offiziell keine Zahlen genannt werden, blühen die Spekulationen. Dementi hat niemand zu befürchten: Zahlen werden nie bestätigt oder dementiert.

Der Siegermuni ist nur ein Teil des Einkommens eines Schwingerkönigs.
Der Siegermuni ist nur ein Teil des Einkommens eines Schwingerkönigs.Bild: KEYSTONE

Angebliche Millionenbeträge dank Olympia-Sieg

In der ersten Begeisterung wird auch gleich mit Werbespezialisten telefoniert – und die beleben mit geschickten Äusserungen und Andeutungen die Fantasie. Ist ja gut fürs Geschäft. Im Zusammenhang mit Abfahrts-Olympiasiegerin Dominique Gisin fabulierte etwa der «Blick» von «Millionen.» Schliesslich gehört «Blick» zum Konzern Ringier und Ringier betreibt auch eine eigene Vermarktungsagentur (Infront-Ringier). Sie betreut unter anderem Lara Gut.

Die «Neue Luzerner Zeitung» aber, die einen direkten Draht in die Vermarktungsagentur von Dominique Gisin hat (4Sports & Entertainment in Baar/ZG), war dazu in der Lage, präzise und letztlich ernüchternde Zahlen zu nennen: Das Einkommen lasse sich durch den Olympiasieg um rund 100'000 Franken auf gut 350'000 Franken im Jahr steigern. 

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Neben Emotionen ist Gisin durch den Sieg auch um geschätzte 100'000 Schweizer Franken reicher geworden.GIF: srf

Diese Zahlen, die von einem Insider stammen, der die Agentur inzwischen verlassen hat, dürften stimmen. Mit ihren geschätzten 350'000 Franken jährlich wird Gisin bereits zu den besser situierten Athletinnen im Skizirkus zählen. Nur Lindsey Vonn, Maria Höfl-Riesch, Lara Gut (sie sieht halt noch besser aus), Anna Fenninger und Tina Maze verdienen deutlich mehr.

Geld fliesst nur bei internationalem Bekanntheitsgrad

Warum ist ein Olympiasieger in unserem Land verhältnismässig wenig wert? Ganz einfach: Weil der Markt Schweiz zu klein ist. Etwas überspitzt formuliert: Der Werbemarkt Schweiz, weil oft auf die Deutschschweiz reduziert, ist nicht viel grösser als der Grossraum München. Millionen verdienen Sportstars mit Werbung nur dann, wenn sie in ganz Europa, in Nordamerika und Asien bekannt sind. Wie Roger Federer.

Eine Siegerin oder ein Sieger der Olympischen Winterspiele aus der Schweiz ist eine Königin oder ein König in einem kleinen Reich. Am ehesten werden sie Markenbotschafterin oder -botschafter in der Schweiz, ab und zu reicht es zwar für Werbung einer Luxus-Uhrenmarke oder sonst eines Produktes. Aber eben nur für den Schweizer Markt. 

Siegerinnen und Sieger im Skisport haben zudem den Nachteil, dass ihre Branche nicht mehr so viel Geld ausgibt wie noch vor fünfzehn Jahren. Und der Skisport hat sich selber entwertet: Eine Fülle von Disziplinen (Abfahrt, Riesenslalom, Super G, Super-Kombination, Slalom, Mannschaftswettbewerb) und alle zwei Jahre Titelkämpfe – selbst Skisportfans haben Mühe, auswendig alle aktuellen Weltmeisterinnen und Weltmeister, alle Olympiasiegerinnen und Olympiasieger zu nennen.

Zu viele Köche verderben den Brei

Dazu produziert der Weltcup im Winter jedes Wochenende Siegerinnen und Sieger. Auf den Punkt gebracht: Es gibt im Skisport zu viele Heldinnen und Helden. Sie sind austauschbar geworden. Das war in der «Belle Epoque» des Sportes, in der Zeit, als Bernhard Russi eine Sport-Ikone wurde, anders. Da stand das Leben im Lande fast still, wenn eine Abfahrt übertragen und von Karl Erb kommentiert wurde. Und das Mittagessen wurde in der Stube vor dem TV-Apparat serviert.

Bernhard Russi ist auch heute noch eine gefragte Werbefigur.
Bernhard Russi ist auch heute noch eine gefragte Werbefigur.Bild: KEYSTONE

Bernhard Russi war (und ist heute noch) eine der bekanntesten Persönlichkeiten der helvetischen Zeitgeschichte. Aber Hand aufs Herz: Wissen Sie noch, welche Schweizer vor vier Jahren in Vancouver im Alpinen Skisport Medaillen geholt haben?

Die Werbebranche ist heute viel intelligenter und anspruchsvoller als noch vor 30 Jahren. Und die Kunden auch. Vor 30 Jahren gaben die Marketingchefs der grossen Firmen das Geld sorglos mit beiden Händen aus. Heute muss nach oben für jeden Franken ein Investitionsplan und ein Konzept erarbeitet werden, und wer dabei auf das falsche Pferd setzt, kann den Job verlieren.

Die Sportart ist entscheidend

Dabei ist die Rangliste nicht mehr der Werbeweisheit letzter Schluss. Siegen alleine genügt schon lange nicht mehr. Ein Sport muss sich auch für eine Werbebotschaft eignen. Eiskunstlauf ist nun mal besser geeignet als Skirennsport der Frauen. Eiskunstlaufen steht für Eleganz, Luxus, Stil und Reichtum. Aber was kommt einer Konsumentin oder einem Konsumenten spontan in den Sinn, wenn er Damenabfahrt hört? Berge, Landmaschinen, Migros und Bio-Produkte.

Die Sportlerinnen und Sportler werden zudem, weil entsprechend geschult, immer langweiliger und ähnlicher. Gerade in der Schweiz. Dabei liesse sich durch «gelenkte Skandalisierung» und durch die Schärfung statt das Abschleifen der Kanten in einem Persönlichkeitsprofil sehr viel herausholen.

Die Chance für iPod, in den USA Kasse zu machen

Das grösste Vermarktungspotenzial der Olympiahelden von Sotschi hat Halfpipe-Rockstar Iouri Podladtchikov. Zwar ist eine Vermarktung im Schweizer Markt auch für ihn schwierig. Weil dieser Sport nur eine sogenannte «U-Boot-Medienpräsenz» hat. Snowboard taucht alle vier Jahre während Olympischen Spielen kurz aus dem Ozean der Anonymität auf. 

Begeisterte Chronistinnen und Chronisten schwärmen, jetzt habe dieser Sport nun wirklich den Durchbruch geschafft. Die Euphorie war auch hier in Sotschi gross. Zwei Woche später verschwindet Snowboard wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung. 

In den USA liegt der Schlüssel zum finanziellen Erfolg für Podladtchikov.
In den USA liegt der Schlüssel zum finanziellen Erfolg für Podladtchikov.Bild: X90066

Iouri Podladtchikov hat wegen der grösseren Bedeutung seines Sportes in Nordamerika Zugang zum US-Werbemarkt. Zudem hat er mit Shaun White einen amerikanischen Titanen gestürzt. Er hat die Chance, aus seinem olympischen Gold eine Million zu machen.

Dario Cologna hat in der Heimat das grösste Potenzial

Das grösste Vermarktungspotenzial im Schweizer Markt hat Dario Cologna. Weil er in seinem Sport nicht durch andere Schweizer Heldinnen und Helden konkurrenziert wird und weil er inzwischen über eine lange Zeitspanne (bereits 2010 in Vancouver Olympiasieger) erfolgreich ist. Er verkörpert wie sonst nur noch der Schwingerkönig «Swissness». Für ihn kann die Million möglich werden.

Eine Million Jahreseinkommen möglich.
Eine Million Jahreseinkommen möglich.Bild: KEYSTONE

Für alle anderen Schweizer Heldinnen und Helden in Sotschi gilt: Mit sehr guter Beratung wird es möglich sein, etwa in die gleiche Werbe-Liga wie der Schwingerkönig aufzusteigen und zwischen 300'000 und maximal 700'000 Franken Werbeeinahmen im Jahr zu erzielen. Nicht viel mehr. Aber auch nicht weniger.

Es geht ja nicht nur um die Vermarktung. Einer Olympiasiegerin oder einem Olympiasieger stehen viele Türe offen. Der olympische Triumph mag zwar keine Millionen bringen. Aber olympisches Gold kann sehr wohl Grundlage für eine erfolgreiche Karriere in verschiedensten Bereichen nach dem Sport sein. Und immerhin gibt es ja von «Swiss Olympic » für olympisches Gold eine einmalige Prämie von 40'000 Franken.  

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