John Houlding, ein reicher Brauereibesitzer, besitzt an der Anfield Road ein Fussballfeld. Darauf spielt seit 1888 sein gegründeter FC Everton, einer der zwölf Gründungsmitglieder der obersten Spielklasse, der Football League. Doch als Houlding die Platzgebühren an der Anfield erhöht, gehen die Mitglieder von Everton auf die Barrikaden. Sie werfen ihm Wucher vor, was er wiederum als undankbar empfindet: «Ich kann nicht verstehen, wieso ein Gentleman, der soviel für den Klub (Everton) und seine Mitglieder getan hat, sich so behandeln lassen muss.»
Es bleibt nicht beim Streit, sondern kommt zum Eklat: Everton findet unweit der alten Spielstätte im Goodison Park eine neue Heimat. Mit knapp zwanzig Mann verlässt John Houlding daraufhin den Verein. Kurz darauf findet am 15. März 1892 in Houldings Haus an der Anfield Road die erste Sitzung der Abtrünnigen statt. Sie gründen einen neuen Klub, wobei William E. Barclay auch gleich den passenden Namen vorschlägt: Liverpool.
Neu ist allerdings nicht alles. Wie schon bei Everton setzt man erst auf blau-weisse Trikots. Erst 1896 änderte der neue Trainer Tom Watson die Trikotfarbe in Rot und Weiss, was bis heute die Klubfarben geblieben sind.
Doch es gibt zu Beginn ein viel grösseres Problem zu lösen. Der erste Manager des neuen FC Liverpool hatte nach der Gründung zwar ein Fussballfeld, aber noch keine Mannschaft, die darauf spielen könnte. Also fuhr der Ire John McKenna ins nahe gelegene Schottland, um dort 13 Spieler zu rekrutieren.
Im ersten Spiel des Vereins siegt die neue Truppe glatt mit 7:1. Dies war zugleich auch das erste Fussballspiel Englands, in dem eine englische Mannschaft keinen einzigen einheimischen Spieler aufbot.
Nachdem die Football League die Aufnahme des neuen Teams zuerst verweigert, startet Liverpool in einer tieferen Liga. Nach dem Gewinn dieser sogenannten Lancashire League wird Liverpool ein Jahr später gemeinsam mit Woolwich Arsenal (das spätere Arsenal London) in die Football League aufgenommen.
1894 kommt es zum ersten Wiedersehen mit dem FC Everton in der obersten Spielklasse. Everton siegt gegen die «alten Kameraden» 4:0. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kann der FC Liverpool sich fortan in der ersten englischen Liga behaupten und wird 1901 sogar erstmals englischer Meister.
In den nächsten 60 Jahren gewann Liverpool die Meisterschaft insgesamt viermal (1906, 1922, 1923, 1947), stieg aber auch einige Male ab. Liverpool konnte sich also nicht wirklich zu den ganz grossen Mannschaften auf der Insel zählen. Dies sollte sich jedoch bald ändern.
Die Trainerlegende Bill Shankly und sein Co-Trainer Bob Paisley führen nach dem ersten Meistertitelgewinn von 1964 die «Reds» in der nächsten Dekade zu weiteren Erfolgen: Zwei Meistertitel, zwei FA-Cups und der UEFA-Pokal-Sieg. Shankly prägt die Epoche auch durch seine Wortgewandtheit, wie dieses, das wohl berühmteste Zitat beweist:
Nach dem Rücktritt von Bill Shankly 1974 gelingt es seinem Nachfolger Paisley, eine noch grössere Ära einzuläuten. Bis 1983 holt Liverpool unter seiner Regie Liverpool in acht Saisons jeweils mindestens einen Titel. Sechs Meisterschaften, zwei Vizemeisterschaften und die ersten drei Landesmeister-Pokale stehen am Schluss in seiner Bilanz.
Unsere Kollegen der Spielverlagerung haben in einem äussert lesenswerten Artikel die taktische Ausrichtung der Roten von 1977 bis 1985 unter die Lupe genommen, die damals neue Fussballideen aufs europäische Festland brachten.
Doch es gibt nicht nur positive Meldungen des Vereins. Ein ganz schwarzes Kapitel ereignet sich am 29. Mai 1985. Im Landesmeister-Pokal-Finale treffen Liverpool und Juventus Turin im Brüsseler Stadion Heysel aufeinander. Dort kommen nach einer Masssenpanik 39 Menschen ums Leben. Die Fans von Liverpool werden für diese Tragödie verantwortlich gemacht und der Verein für sieben Jahre von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen.
Ein nächster schrecklicher Vorfall lässt leider nicht lange auf sich warten. Beim FA-Halbfinalspiel im FA Cup 1989 gegen Nottingham Forest werden viel zu viele Karten verkauft, wodurch tausende Fans mehr als eigentlich zulässig in den Block im Hillsborough-Stadion von Sheffield gelangen. Nachdem dort Panik ausbricht, reagiert die Polizei falsch und es kommt zur unfassbaren Tragödie, bei der am Schluss 96 Todesopfer zu beklagen sind.
Nicht nur die beiden Unglücke sitzen tief. Nach dem Meistertitel 1990 haben die Reds Mühe, die Erfolge der erfolgreichen Vorgänger zu wiederholen. Erst 2001 feiern sie mit dem Uefa-Pokal wieder einen Erfolg.
2005 dann der ganz grosse Coup: im Champions League Finale gegen Milan können sich die «Liverpudlians» nach einem 0:3-Rückstand zur Pause noch in extremis ins Elfmeterschiessen retten, welches sie mit 6:5 für sich entscheiden können. Es ist bis heute eines der wohl grössten Comebacks in einem wichtigen Endspiel.
2007 übernahmen die amerikanischen Investoren Tom Hicks und David Gillet den inzwischen hochverschuldeten Klub für einen Kaufpreis von umgerechnet rund 174 Millionen Pfund, haben aber die Kaufsumme selbst ausschliesslich mit Krediten finanziert, die sie gleich wieder dem Klub aufbürdeten.
2010 konnten schliesslich die unbeliebten Investoren vom Hof gejagt werden. Das US-amerikanische Unternehmen New England Sports Ventures – unter anderem Besitzer des Baseballteam Boston Red Sox – übernahm in einem umkämpften Deal für 346 Millionen Euro die Klubaktien und konnte so die grössten Bankschulden tilgen.
Auch neben dem Platz lief nicht alles rund für die Roten. Identifikationsfigur Steven Gerrard und seine Truppe konnten seit dem CL-Triumph keinen Titel mehr erringen. Ein weiterer Meistertitel konnte seit 1990 nicht mehr gewonnen werden und Liverpool wurde mittlerweile von Manchester United als Rekordmeister entthront.