Für den Anfang reicht ein günstigeres Vorjahresmodell völlig aus und es muss auch kein Carbon-Rahmen sein – jene aus Alu sind oft nicht viel schwerer, aber günstiger. Frage deinen Velohändler, er wird dir gerne behilflich sein, das richtige Sportgerät für dich zu finden.
Gönne deinem Füdli bequeme Hosen, die ruhig etwas kosten dürfen. Du wirst stundenlang auf einem harten Sattel sitzen und wenn der Hintern schmerzt, drückt das früher oder später auch auf die Moral. Wenn der Kopf nicht mehr mitmacht, drehen auch die Beine nicht mehr so, wie du es willst. Und alles nur, weil du 50 Stutz beim wichtigsten Ausrüstungsgegenstand gespart hast, du Geizhals. Wer Sitzprobleme hat, kann den Allerwertesten zudem mit einer speziellen Gesässcrème einreiben.
Auf deinen ersten Ausfahrten wirst du noch keine Tour-de-France-Etappe bewältigen und auch nicht die 294 km des Frühlingsklassikers Mailand – Sanremo. Nimm's locker. Gewöhne dich an die Sitzposition und drehe 30 oder 40 km lange Runden. Es wird nicht lange dauern und schon bald schaffst du es, die magische 100-km-Grenze zu knacken.
Nicht nur beim Abbiegen, sondern generell, wenn es die Verkehrslage zulässt. Denn du sollst deine Ausfahrt geniessen können. Dir fallen wegen des geringeren Tempos plötzlich ganz andere Sachen auf, als wenn du mit dem Auto unterwegs bist. Und du siehst Rehe am Waldrand, Murmeltiere auf den Alpenpässen, Eidechsen im Tessin oder auch mal einen Fuchs, der sich auf dem Asphalt wärmt.
Bleib entspannt, wenn dich ein anderer Velofahrer überholt. Ganz egal, welches Alter und welches Geschlecht er oder sie hat. Es ist kein Rennen. Er oder sie ist vielleicht gleich da vorne zuhause, während du noch 60 km vor dir hast. Oder der/die andere befindet sich in einem Intervalltraining und ist nur bis zur nächsten Kurve schneller. Oder – und das wird's in den meisten Fällen sein – er oder sie ist schlicht fitter als du. Macht aber gar nichts. Du als Velofahrer bist immer noch besser zwäg als fast jeder Autofahrer, der an dir vorbeirauscht.
Es gibt zwei Varianten, wie du vorwärts kommst. Entweder du machst es wie Lance Armstrong. Nein, damit ist nicht der Griff zur Apotheke gemeint. Der Amerikaner trat lieber einen kleineren Gang mit höherer Kadenz, während Rivale Jan Ullrich «dicke» Gänge würgte. Beide Wege führen ans Ziel, aber jener mit der höheren Trittfrequenz gilt als kraftsparender.
Sie sind mittels Klickpedal fix mit dem Velo verbunden. Das ist sinnvoll, weil du so mehr Kraft vom Körper aufs Gerät übertragen kannst und nicht nur nach unten drücken, sondern auch bei der Aufwärtsbewegung des Beines für Vortrieb sorgen kannst. Der Haken am Klickpedal: Vergisst du, dich an einem Stop oder einem Lichtsignal auszuklicken, sinkst du mit der Geschwindigkeit einer Barriere auf den Boden. Das ist peinlich, wenn es Zuschauer hat, und es ist schmerzhaft. Nicht nur für den Körper, sondern noch mehr für das Ego.
Felgen- oder Scheibenbremsen? Eine Glaubensfrage wie Messi oder Ronaldo, wie Apple oder Android. Traditionalisten schwören aus optischen Gründen auf die Felgenbremse, doch mehr und mehr scheint sich die Scheibenbremse durchzusetzen. Auch die Frage, ob die Pneu 23 mm, 25 mm oder noch breiter sein sollen, muss jeder für sich entscheiden. Genauso wie jene nach der Schaltung: Herkömmlich oder elektronisch? Und wieso nicht gleich kabellos? Falsche Entscheide gibt es nicht – mach, was du willst.
Nochmals: Es gibt kein richtig und kein falsch bei Hobbyfahrern. Windkanal-Tests haben zwar gezeigt, dass man mit rasierten Beinen auf 40 km bis zu 80 Sekunden schneller ist – aber wen, ausser die Profis, juckt das schon? Einen Vorteil gibt es wohl: Schweiss kühlt die Haut und wenn er von den Haaren tropft, gibt es so keine Abkühlung für die Beine, die ja dein «Motor» sind. Als Argument wird auch eingeworfen, dass die Massage mit rasierten Beinen angenehmer ist. Letztendlich ist es reine Geschmacksache.
Now that #ParisNice is over, on to more pressing issues: Peter Sagan’s hairy legs. https://t.co/973RMseONB pic.twitter.com/y8M1PqcoCS
— Neal Rogers (@nealrogers) 13. März 2016
Mit das schönste am Velofahren ist die Tatsache, dass es keine Grenzen gibt. Wenn du es willst, geht es ständig schneller, höher, weiter. Nur du bist das Limit. Die Hausrunde mal Vollgas fahren? Ein gutes Gefühl, wenn man eine neue Bestzeit aufstellt. Nach den kleinen Högern deiner Region mal einen Alpenpass bezwingen? Ein noch besseres Gefühl. Gleich drei Alpenpässe am Stück zu absolvieren? Ein grandioses Gefühl. Nur du bist das Limit – und die Freizeit, die bei den meisten beschränkt ist.
Es ist das Worst-Case-Szenario: Du bist in einer abgelegenen Gegend und spürst, wie sich die Luft aus deinem Hinterrad verabschiedet. Plattfuss! Da du stets einen Reserveschlauch und eine Pumpe dabei haben solltest, kannst du die Panne beheben und die Tour weiter geniessen. Übe den Wechsel in aller Ruhe zuhause, dann klappt's auch im Ernstfall. Es gilt zudem der Ehrenkodex, einem anderen Velofahrer mit Panne seine Hilfe anzubieten. Wenn du Glück hast, kommt ein versierter Handwerker vorbei, falls du selber Probleme hast.
Möge der griechische Gott der Winde dir ewigen Rückenwind bescheren! (Aber vertraue nicht darauf: Gefühlt wirst du an neun von zehn Tagen Gegen- oder Seitenwind haben und konstanter Rückenwind ist hierzulande so selten wie ein rosafarbenes Einhorn.)
Wieso immer nur ums eigene Haus fahren? Zwar hat die Schweiz ein phänomenales Strassennetz, mit unzähligen gut asphaltierten und mässig befahrenen Nebenstrassen. Aber nichts spricht dagegen, in den Ferien mal einen oder zwei Tage ein Rennvelo zu mieten und neue Ziele zu erkunden. So schön das Meer oder der Hotelpool auch sein mögen: Die Ausfahrten auf dem Velo werden dir nachhaltiger in Erinnerung bleiben.
Wer nicht Velo fährt, schätzt Brunnen in der heutigen Zeit höchstens als dekoratives Schmuckstück eines schönen Dorfplatzes. Sauberes, kaltes, frisches, kostenloses, Durst löschendes, wunderbares Brunnenwasser ist das grossartigste Getränk auf Erden, wenn dein Bidon leer ist. Mit der Zeit kannst du auf Landkarten deiner Region einzeichnen, wo überall Brunnen am Strassenrand stehen.
Ein Auto benötigt Benzin, dein Motor läuft mit Wasser: Je nach Fahrer, Temperatur und Topographie zwischen einem halben und einem Liter pro Stunde. In der Regel reicht Wasser, isotonische Getränke machen erst bei längeren Fahrten oder anstrengenden Touren Sinn. Das gleiche gilt für Energie-Riegel und -Gels. Biberli oder Bananen schmecken den meisten besser und sind nicht nur Nahrung für den Körper, sondern auch für die Psyche. Packe für längere Touren immer etwas in die Trikottasche – es könnte ja sein, dass der Selecta-Automat kaputt ist und das Restaurant Ruhetag hat.
Du hast vielleicht lieber Freizeit, aber dennoch willst du am nächsten Tag lieber zur Arbeit, als im Spital zu liegen. Bremse also lieber einmal zu viel und nimm in Abfahrten nicht das letzte Risiko. Velofahren ist schon so gefährlich genug. Die wichtigsten Tipps fürs Bergabfahren:
Fahre bei schmalen, unübersichtlichen Passagen so weit in der Strassenmitte, dass dich kein Autofahrer überholen kann. Das wird den einen oder anderen vielleicht ärgern. Aber noch mehr regt er sich auf, wenn er dich leichtfertig überholt und es dadurch zu einem Unfall kommt. Generell gilt: Sei dir bewusst, dass du als Velofahrer stets nur zweiter Sieger bist, wenn es zu einer Kollision kommt. Du bist der Klügere und gibst deshalb lieber nach, auch in Situationen, in denen du im Recht bist.
Du willst dein Hobby ja primär geniessen. Blöd für dich, dass es ein Hobby ist, das recht anstrengend sein kann. Also gilt es, den richtigen Mittelweg zu finden: So schnell zu fahren, dass du flott voran kommst, ohne dass es eine zu grosse Qual ist. Manchmal musst du den inneren Schweinehund aber auch überwinden, zum Beispiel an einem steilen Anstieg. Wenn du oben bist, schüttet dein Körper zur Belohnung Glücksgefühle aus. Dafür lohnt es sich, kurz über die Grenzen zu gehen.
Wer viel Velo fährt, ist zwangsläufig viel an der Sonne. Und weil Trikot und Hosen nicht verrutschen, wirst du rasch «Rändli» an Armen und Oberschenkeln haben (für Instagrammer: #cyclingtanlines). Die kannst du mit gewissem Stolz herzeigen. Doch wenn du einen weissen Abdruck deines Helmgurts auf den Backen oder Gelateria-Handschuhe trägst, wenn du gar keine anhast, dann kann das schon doof aussehen. Aber jänu.
Du wolltest schon immer mal in der schroffen Bergwelt der Dolomiten Velo fahren? Oder die legendären Kopfsteinpflaster-Abschnitte der belgischen Klassiker bezwingen? Oder auf den Mont Ventoux hinauf? Oder einmal 200 km am Stück fahren? Dann mach es! Es muss nicht heute oder morgen sein, Berge verschwinden nicht von einem Tag auf den anderen. Aber mach deine Träume zur Wirklichkeit; du weisst nie, was kommt.