Roger Federer hat während der Corona-Pandemie mit ein paar laut gedachten Worten die gesamte Tenniswelt in helle Aufregung versetzt. «Bin ich der Einzige, der denkt, dass jetzt die Zeit wäre, dass sich das Männer- und das Frauentennis zusammenschliessen?», hatte der 20-fache Grand-Slam-Sieger via Twitter rhetorisch gefragt und damit eine aufgeregte Debatte über eine mögliche Fusion der Spielervereinigungen ATP und WTA losgetreten.
Just wondering…..am I the only one thinking that now is the time for men’s and women’s tennis to be united and come together as one?
— Roger Federer (@rogerfederer) April 22, 2020
Die Zustimmung war anfänglich breit, nach und nach meldeten sich aber auch kritische Stimmen. Eine, die sich besonders über Federers Aussagen gefreut hat, ist die Amerikanerin Billie Jean King. Die zwölffache Grand-Slam-Siegerin war in den Siebzigerjahren eine der treibenden Kräfte hinter der Gründung der WTA. «Das ist schon lange meine Vision. Die WTA für sich allein war immer nur Plan B. Ich bin froh, dass wir auf einer Seite stehen. Lasst es uns angehen», kommentierte die 76-jährige King Federers Gedankenspiele.
Billie Jean King war vor 39 Jahren die erste weltweit bekannte Sportlerin, die öffentlich zu ihrer Homosexualität stand. Allerdings waren die Umstände speziell. Die im kalifornischen Long Beach als Billie Jean Moffitt geborene hatte 1965 aus Liebe Larry King geheiratet. Erst später entdeckte sie, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühlt.
Anfang der Siebzigerjahre ging sie mit der Friseurin Marilyn Barnett eine geheime Beziehung ein. Als es später zur Trennung kam, verklagte diese Billie Jean King auf Unterhaltszahlung und drohte ihr, die Liaison öffentlich zu machen. Doch King ging in die Offensive. Obwohl ihr Anwalt und ihr Management davon abgeraten hatten, gab sie eine Pressekonferenz und outete sich. Die Folgen bekam sie umgehend zu spüren. Innerhalb von 24 Stunden verlor sie alle ihre Sponsoren. King spricht heute noch vom «schwersten Schritt» ihres Lebens. Später motivierte sie andere Spitzensportlerinnen, es ihr gleich zu tun.
Auf den Tennisplätzen war die Amerikanerin mit den kurzen, dunklen Haaren und der markanten Brille ab den Sechzigerjahren die dominierende Frau. Doch finanziell zahlten sich ihre Erfolge nicht aus. Die Männer verdienten zu dieser Zeit im Vergleich zu den Frauen ein Vielfaches an Preisgeldern. Dies motivierte King zu Handeln und sich für die Gleichstellung der Geschlechter einzusetzen. Ein wichtiger Schritt war dabei die Gründung der WTA im Jahr 1973, die sie mitinitiierte.
Noch im selben Jahr gab das US Open als erstes der vier Grand-Slam-Turniere bekannt, fortan das gleiche Preisgeld für Frauen und Männer auszuzahlen. 2001 folgte auch das Australian Open, das French Open und Wimbledon zogen 2007 nach. Dass das Tennis heute zu den wenigen Sportarten gehört, in der auch bei den ganz grossen Turnieren die Frauen ebenso viel Preisgeld wie die Männer erhalten, ist auch Kings Verdienst.
Ihren wichtigsten Sieg feierte King bei keinem Grand-Slam-Turnier, sondern am 20. September 1973 in einem Showkampf, der als «Battle of the Sexes» in die Geschichte einging. Die damals 29-Jährige wurde vom früheren Wimbledon-Sieger Bobby Riggs herausgefordert. Der 55-Jährige war bekennender Chauvinist und brachte als solcher wenig Verständnis für den Kampf für mehr Gleichberechtigung auf. Weil er das Frauentennis belächelte, forderte er die weltbesten Tennisspielerinnen auf, gegen ihn anzutreten. Selbst ein alter Sack wie er, würde sie alle schlagen, so seine Behauptung.
Bei seinem ersten Versuch im Mai 1973 behielt Riggs vorerst Recht. Die 24-fache Grand-Slam-Siegerin und damalige Weltranglisten-Erste Margaret Court deklassierte er mit 6:2, 6:1. Die Partie ging als «Muttertagsmassaker» in die Geschichte ein.
Vier Monate später stand der Tennis-Senior vor 30'000 Zuschauern im Houston Astrodome King gegenüber. Weitere 50 Millionen verfolgten den Kampf der Geschlechter vor dem Fernseher und sahen, wie King ihren Gegner dominierte und deutlich mit 6:4, 6:3, 6:3 siegte. Die Story wurde 2017 in Hollywood verfilmt.
Auch sportlich verzeichnet Billie Jean King nach dem legendären Sieg gegen Bobby Riggs weitere Erfolge. Als sie 1983 zurücktrat, vereinte sie 39 Grand-Slam-Titel im Einzel, Doppel und Mixed. Ein Zusammenschluss der Spielervereinigungen ATP und WTA wäre für die Vorreiterin des professionellen Frauentennis ein weiterer Beweis dafür, dass sich ihr Wirken neben dem Tennisplatz ausbezahlt. (pre/sda)
Am Ziel sind wir dann, wenn sich homosexuelle Sportler (und alle anderen) gar nicht mehr outen, sondern ohne grosses Trara mit Ihrem Schatz in die Öffentlichkeit gehen und dort einfach so akzeptiert werden. Aus den Medien gibt es dann allenfalls noch Klatschblatt-Artikel im Sinne von "Neues Traumpaar im Sport", mehr nicht.
Eben so, wie es auch bei heterosexuellen Paaren läuft - das ist Gleichstellung.