37 Kämpfe, 37 Siege, 33 durch Knockout. Die Kampfbilanz von Mike Tyson ist im Februar 1990 makellos und furchteinflössend, als er in Tokio auf James Douglas trifft. Im «Tokio Dome» sitzt auch Evander Holyfield als Zuschauer am Ring. Allgemein wird erwartet, dass Tyson nach seinem «Aufwärmsieg» gegen Douglas anschliessend gegen den unbesiegten Holyfield um die Schwergewichts-Krone kämpfen wird.
Doch es kommt alles ganz anders. Für «Iron-Mike» sollte der Fight gegen «Buster» Douglas zum Anfang seines Niedergangs werden. Denn er endet mit einer der grössten Sensationen der Sportgeschichte: Mit dem Sieg des 42:1-Aussenseiters.
Douglas hatte schon drei Jahre vorher um den WM-Titel geboxt, damals aber gegen Tony Tucker verloren. Dank sechs Siegen erhält er nun noch einmal die Chance, Weltmeister zu werden. Aber Douglas geht angezählt in den Ring. Einerseits, weil ihn die Grippe erwischt hat. Andererseits trauert er um seine Mutter, die nur drei Wochen vor dem Kampf gegen Tyson verstorben ist.
Aber es gelingt dem 29-Jährigen, all dies auszublenden. Er geht mutig in den Kampf, wirkt unerschrocken und angriffig. «Schau ihm nicht einfach nur zu, du musst arbeiten!», ruft Tysons Betreuer Jay Bright seinem Schützling aus der Ecke zu. Aber Tyson hat einen schlechten Tag erwischt.
Zwar landet er nun ein paar zünftige Treffer. Doch Douglas behält die Oberhand – und Tyson schwillt das linke Auge zu. Er büsst für eine Nachlässigkeit seiner Betreuer. Wohl aus Überheblichkeit haben sie weder Eis noch kühlendes Metall dabei.
Aber auch wenn Tysons Sicht eingeschränkt ist, so ist er immer noch der unbesiegte Champion. Kurz vor dem Ende der achten Runde landet er einen rechten Uppercut und schickt Douglas damit zu Boden.
Der Ringrichter zählt Douglas aus … aber nach neun Sekunden steht der Aussenseiter wieder auf den Beinen. Der Kampf geht weiter.
Nun leckt Tyson Blut. Er spürt, dass er Douglas doch schlagen kann. Aber dieser wehrt sich weiterhin zäh, er scheint den Niederschlag wegstecken zu können. Der Fight wiegt nun hin und her.
In der zehnten Runde fällt Tyson – und damit die Entscheidung. Nach einer Serie von Treffern geht Mike Tyson im 38. Kampf seiner Karriere erstmals überhaupt zu Boden.
Er versucht noch, seinen Zahnschutz wieder in den Mund zu schieben und aufzustehen. Aber Ringrichter Octavio Meyran hat ihn bereits ausgezählt. Der Champion ist geschlagen.
Im Sieger-Interview bricht James Douglas in Tränen aus. «Nur wegen meiner Mutter» habe er das Unmögliche möglich gemacht und Mike Tyson schlagen können, bricht es aus ihm heraus.
Doch Douglas hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht, der in diesem Fall Don King heisst. Die wahrscheinlich schillerndste Figur der Box-Geschichte ist Tysons Manager. King protestiert, dass der Ringrichter zu spät mit Zählen begonnen habe, als Douglas auf dem Boden war.
Nach einigem Hin und Her weisen die Verbände die Beschwerde Kings jedoch ab. James «Buster» Douglas ist nun endgültig Schwergewichts-Weltmeister.
Pläne für einen Rückkampf werden nicht in die Tat umgesetzt. Stattdessen versucht Douglas, seinen Titel gegen Evander Holyfield zu verteidigen. Er scheitert: Douglas geht in der dritten Runde K.o. und tritt zurück. Sechs Jahre später gibt er ein Comeback, gewinnt dabei acht seiner neun Kämpfe.
Mit Tyson geht es nach der sensationellen Niederlage bergab. Ein Jahr später wird er wegen der Vergewaltigung einer Schönheitskönigin verurteilt, er muss vier Jahre hinter Gitter. Wieder draussen schnappt er sich rasch wieder die Gürtel der Verbände WBA und WBC. Er verliert sie gegen Evander Holyfield und wird nie wieder Weltmeister. Dafür sorgt Mike Tyson im Rückkampf für einen unvergessenen Moment, als er ein Stück von Holyfields Ohr abbeisst und disqualifiziert wird.
Man vergisst immer dass bei allem Mythos, auch andere gut boxen können. Und Tyson musste dies schmerzlich erfahren. Er kam nie mehr auf das Niveau welches ihn so gefährlich gemacht hat. Auch Talent braucht Training!