Eineinhalb Jahrzehnte lang zählte Ron Hextall ab Mitte der 80er-Jahre zu den besten Eishockey-Torhütern der Welt. Gleich in seiner ersten NHL-Saison führte er 1986/87 die Philadelphia Flyers in den Stanley-Cup-Final. Edmontons Superstar Wayne Gretzky bezeichnete ihn vor dem siebten Spiel gegen die Oilers als «wahrscheinlich besten Torhüter, gegen den ich in der NHL jemals gespielt habe.»
Doch im Spiel 7 reichte es knapp nicht für Hextall und die Flyers, die Trophäe ging an die Oilers. Trotzdem wurde nicht Topskorer Gretzky zum Playoff-MVP gewählt und auch keiner seiner prominenten Mitspieler wie Mark Messier oder Jari Kurri. Sondern der Torhüter des Verlierers: Ron Hextall.
Er war erst der vierte Spieler eines unterlegenen Teams, der mit der Conn Smythe Trophy ausgezeichnet wurde. Nur einige Monate später in der darauf folgenden Saison war Hextall dann in einer anderen Statistik der erste: Am 8. Dezember 1987 schoss der Torhüter der Philadelphia Flyers gegen die Boston Bruins als erster NHL-Goalie ein Tor. Kurz vor Schluss traf er ins leere Tor.
Ron Hextall hatte da bereits den Ruf, den Puck gut über eine grosse Distanz befördern zu können. Entsprechend war seine eigene Überraschung gar nicht mal so gross. Nach der Partie gab er zu Protokoll:
Hextall war einer der ersten, der seinen Kasten verliess und mitspielte, so wie es heute Usus ist. Über seine herausragende Stocktechnik sagte Mitspieler Rick Tocchet: «Er war wie ein dritter Verteidiger für uns.»
Zwar gab es vor ihm schon einen Goalie, dessen Name in der Torschützenliste auftauchte. Aber Billy Smith von den New York Islanders schaffte es 1979 nicht durch einen eigenen Torschuss dahin. Er war der letzte Spieler seines Teams, der den Puck berührte, ehe Rob Ramage von den Colorado Rockies ein Eigentor fabrizierte. Smith kam also eher zufällig zu seiner Ehre, während Hextall selbstbewusst versucht hatte, einen Treffer zu erzielen.
Goalies, die ein Tor erzielen, sind in der NHL nach wie vor eine Rarität. Hextall doppelte nach und wurde im April 1989 auch der erste Torhüter, der in einem Playoff-Spiel traf. «Ich sammelte zwar 15 Assists, schoss aber kein Tor. Unser Goalie hatte tatsächlich mehr Treffer erzielt als ich in diesen Playoffs», sagte Teamkollege Mark Howe rückblickend.
Rekordtorschütze bei den Goalies ist mit drei Treffern Martin Brodeur, zwei davon waren allerdings Eigentore des Gegners. Als 14. und bislang Letzter reihte sich im November 2023 Pittsburghs Tristan Jarry in die kurze Liste der Tore erzielenden Torhüter ein.
Hextall war aber nicht nur wegen seiner Abwehrqualitäten und dem strammen Schuss gefürchtet. Immer wieder brannten dem «Hexer» die Sicherungen durch, rächte sich für Fouls an seinen Mitspielern. Mehr als einmal wurde er für mehrere Spiele gesperrt. Bis heute ist Hextall der einzige NHL-Keeper, der in einer Saison mehr als 100 Strafminuten sammelte. Er erreichte diese Marke gleich in seinen ersten drei Saisons und stellte neue Strafen-Rekorde für Torhüter auf.
Den Grossteil seiner Karriere verbrachte er bei den Flyers, mit denen er 1997 noch einmal den Final um den Stanley Cup erreichte. Doch wieder reichte es Philadelphia nicht, dieses Mal waren die Detroit Red Wings klar stärker, sie gewannen die Serie mit 4:0.
Im NHL-Geschichtsbuch ist Ron Hextall auch ohne Stanley-Cup-Titel verewigt. Als erster Goalie, der ein Tor geschossen hat und als Torhüter, der das Spiel durch sein Mitspielen generell modernisiert hat. 2008 wurde er in die Hall of Fame der Philadelphia Flyers aufgenommen, von 2014 bis 2018 war er General Manager des Teams, seit Februar 2021 ist er GM der Pittsburgh Penguins. Und zwischendurch gewann er den Stanley Cup doch noch: 2012 als GM-Assistent der Los Angeles Kings.