Mladen Petric (hinten) und Mihai Tararache jubeln gemeinsam über den Finaleinzug. Bild: KEYSTONE
3. März 2004: Bei GC macht sich im Derby nach gut 60 Minuten die Angst vor einer Kanterniederlage breit. Doch die Hoppers kommen zurück – und sorgen für eines der denkwürdigsten Cup-Spiele der Schweizer Fussballgeschichte.
63 Minuten sind im altehrwürdigen Hardtum gespielt, als sich für die heimischen Grasshoppers eine kolossale Blamage anzubahnen scheint. 2:5 liegen die Hoppers im Cup-Halbfinal zurück, ausgerechnet gegen den Stadtrivalen FC Zürich. Der FCZ, trainiert vom jungen Lucien Favre, hat von erstaunlichen Schwächen in der Hoppers-Abwehr profitieren können.
Tariq Chihab, Daniel Gygax, Artur Petrosyan und Alain Nef (von links) jubeln über die frühe FCZ-Führung. Bild: KEYSTONE
Schon früh liegt GC mit 0:2 zurück. Daniel Gygax trifft nach sechs Minuten zur Führung, der zweite Treffer ist ein Slapstick-Eigentor, verursacht durch Pascal Castillo und Reto Ziegler. Zweimal können die Hoppers zwar noch verkürzen, zum 1:2 und zum 2:3. Doch nach weiteren zwei Toren von Gygax und dem 5:2 durch César scheint das Spiel eine halbe Stunde vor Schluss bereits entschieden. «Angst vor einer Kanterniederlage» habe man bei GC gehabt, wie Ricardo Cabanas später zugibt.
Das Drama im Video: Alle Highlights des denkwürdigen Derbys. Video: YouTube/ZwoelfMagazin
César
Beim FC Zürich macht sich derweil bereits eine gewisse Euphorie breit. Eine Euphorie, die dem FCZ zum Verhängnis werden sollte. César freut sich derart über seinen Treffer im ersten Spiel im FCZ-Dress, dass er auf den Zaun klettert, um mit den Fans zu feiern.
Dafür sieht er die gelbe Karte, seine zweite an diesem Abend, weshalb ihn Schiedsrichter Urs Meier frühzeitig unter die Dusche schickt. «Ich war total überrascht, in Brasilien ist es absolut normal, ein Tor so zu feiern. Ich wusste nicht, dass man das in der Schweiz nicht machen darf», erklärt César die Szene nach dem Spiel. Und Goalie Davide Taini ärgert sich auch Jahre später noch: «Die rote Karte war absolut tödlich. In den letzten 30 Minuten haben wir nur noch verteidigt.»
Und mit einem Mann mehr kommt GC tatsächlich zurück. Eduardo trifft erst in der 83. Minute mit einem herrlichen Weitschuss, dann komplettiert er in der 89. Minute seinen persönlichen Hattrick. Und als Mladen Petric in der 92. Minute das 5:5 erzielt, brechen im Hardturm alle Dämme.
Grenzenlose Freude: GC jubelt über den Ausgleich in der Nachspielzeit. Bild: KEYSTONE
Die Verlängerung ist dann ebenso dramatisch. GC macht da weiter, wo es in der regulären Spielzeit aufgehört hat, die Wende soll vollbracht werden. Und so kommt es auch: Richard Nuñez überlistet den herausgeeilten FCZ-Goalie Taini mit einem Heber und bringt das Heimteam nach 95 Minuten erstmals in Front.
Thomas Gulich
Doch der FCZ gibt sich nicht auf. In der 116. Minute kommen die Gäste tatsächlich noch zu einem Freistoss aus guter Position. Alain Nef rennt dem Ball entgegen, wird aber von Luca Denicola zurückgerissen. Nef fällt – aber die Pfeife von Schiedsrichter Meier bleibt auch nach vehementen Protesten des FCZ stumm. Zu unrecht, wie Meier im Anschluss selbst zugibt: «Das war ein klarer Fehler. Mir war leider die Sicht verdeckt.»
So übersteht GC die letzte verzweifelte Druckphase des FC Zürich und entscheidet die denkwürdige Cup-Partie für sich. «Ich habe beim 6:5 am ganzen Körper gezittert – es war ein Moment der Ekstase», erinnert sich der damalige GC-Präsident Thomas Gulich.
Und während GC sich über die unglaubliche Wende freut, hadert der Gegner noch heute mit der Niederlage. So sagt etwa der damalige FCZ-Spieler Franco Di Jorio: «Das Spiel ist eine der schlimmsten Erinnerungen an meine Zeit als Profi.»
Am Boden zerstört - die FCZ-Spieler vergeben den sicher geglaubten Finaleinzug. Bild: KEYSTONE
Mit diesem Sieg qualifizieren sich die Grasshoppers für den Cupfinal in Basel. Nach dem dramatischen Halbfinalsieg und der Final-Qualifikation von Aussenseiter Wil scheint dem Rekordmeister GC der Titel nicht mehr zu nehmen sein. Doch am Ende verpasst das Team von Alain Geiger das Happy End: Trotz 2:1-Führung unterliegen die Hoppers dem späteren Super-League-Absteiger aus der Ostschweiz mit 2:3. Wil sichert sich sensationell den bisher einzigen Titel seiner Vereinsgeschichte.