Roger Federer steht gerne im Mittelpunkt, schliesslich kennt er nichts anderes. Doch es gibt Dinge, über die hüllt auch er lieber den Mantel des Schweigens. Nicht, weil er etwas zu verheimlichen hätte, sondern weil er nicht in erster Linie als Geschäftsmann, sondern noch als Sportler wahrgenommen werden will.
Doch nirgendwo wird die schleichende Verwandlung sichtbarer als beim Laver Cup, wo der Baselbieter eben nicht nur Spieler, sondern auch Organisator ist. Dass er am Gala-Abend am Mittwoch vor der Genfer High Society auf der Bühne neben Rafael Nadal und den Kollegen aus dem Team Europa in einer Reihe steht, hat allenfalls noch symbolischen Charakter. Federer überstrahlt sie alle.
Anfang der Woche erzählte sein amerikanischer Manager, Tony Godsick, damals noch in Lohn und Sold beim Sportmarketing-Giganten IMG, dass er vor 14 Jahren erstmals nach Genf gereist war, um Roger Federers Eltern Robert und Lynette kennenzulernen und mit ihnen über eine mögliche Zusammenarbeit zu diskutieren.
Er habe sich sofort in das Land verliebt. «Heute nenne ich die Schweiz meine zweite Heimat.» Und jetzt, wo er und Federer hier in Genf den Laver Cup austragen würden, schliesse sich für ihn ein Kreis. Gemeinsam haben sie die Tennis-Welt verändert – Federer als Rekordjäger und Ikone auf dem Platz, Godsick als mächtigster Strippenzieher und Agent hinter den Kulissen. In einem Sport, in dem in jedem Jahr Milliarden Dollar umgesetzt werden, sind sie seit einem Jahrzehnt das eingespielteste und erfolgreichste Doppel.
Als Tony Godsick, schwarzer Anzug, blütenweisses Hemd, schwarze Fliege, am Donnerstagabend bei der Opening Gala zwischen Hauptgang und Dessert seine Laudatio hält, verdankt er auch seine Partner bei der Agentur Team 8. Erst ganz am Schluss fällt der Name, dem er vielleicht nicht alles, aber zumindest vieles verdankt: Roger Federer.
Wann immer der 38-Jährige auf seine Rolle als Teilhaber angesprochen wird, betont er, noch sei er in erster Linie Spieler und damit Klient von Team 8. Doch sein Wort hat Gewicht. «Die Freundschaft zu Roger hat eine riesige Rolle gespielt», sagt der Deutsche Alexander Zverev, Rivale auf dem Platz, seit Juli aber ebenfalls bei Team 8 und damit bei Federer unter Vertrag. Der Schweizer sei einer der beliebtesten Athleten der Welt und optimal positioniert. «Dann schaffen sie das hoffentlich auch mit mir.» Am Freitag spielten Federer und Zverev zusammen im Doppel.
Im August feierte Roger Federer seinen 38. Geburtstag. Noch ist nicht absehbar, wann er seine Karriere dereinst beenden wird. Anfang Woche sagte er, sein Turnierplan bis Wimbledon 2020 stehe bereits. Alles deutet darauf hin, dass Federer noch mindestens eine vollständige Saison als Spieler bestreiten wird. Doch selbst nach seinem Rücktritt bleibt er dem Tennis eng verbunden.
«Ich werde sicher weiterhin einige Schaukämpfe bestreiten, der Laver wird eine Herzensangelegenheit bleiben», sagte er am Mittwoch. Ausserdem beschäftige ihn auch seine Stiftung, die Bildungsprojekte in Afrika unterstützt. «Und meine Frau und meine vier Kinder werden es geniessen, zusammen zu reisen. Und wenn wir zu Hause sind, wollen wir unsere Kinder in der Schule unterstützen und auf ein etwas normaleres Leben zusteuern.»
Normal? Das dürfte Wunschdenken bleiben – zu vielschichtig sind Federers Interessen, seine Verpflichtungen und Engagements. Sein wichtigster ist der Laver Cup, den er als Herzensangelegenheit sieht. Der Teamwettbewerb sei historisch, aber noch ohne Geschichte, sagt Tony Godsick. Der Name Federer war auch bei dieser gemeinsamen Vision Türöffner, das verrät bereits der Blick auf die Gründungspartner.
Es sind: Rolex, Mercedes, Credit Suisse. Sie alle sind schon seit über einem Jahrzehnt auch Federers Sponsoren. Dessen Strahlkraft reicht bis in die wichtigsten Büros der Tennis-Welt. So treten mit Tennis Australia und dem amerikanischen Verband USTA die mächtigsten Verbände der Welt als Mitveranstalter auf, alimentiert wird der Laver Cup vom ehemaligen Davis-Cup-Spieler und heutigen Bier-Milliardär (Anheuser-Busch InBev), dem Schweiz-Brasilianer Jorge Paulo Lemann.
Im Juli wurde bekannt, dass Roger Federer für einen Kaufpreis von gegen 50 Millionen Franken in der Kempratner Bucht bei Rapperswil eine 18'000 Quadratmeter grosse Parzelle an exklusiver Lage direkt am Zürichsee erworben hat. Sein Nachbar dort? Jorge Paulo Lemann. Auch hier spielt Roger Federer Doppel. Und das äusserst erfolgreich.