Sport
Tennis

Roger Federer über das «Match in Africa» und die Kritik an seiner Person

epa08195114 Roger Federer (C) of Switzerland arrives at Cape Town International Airport, South Africa, 05 February 2020. Roger Federer will play Rafael Nadal in the Match in Africa Cape Town charity e ...
Roger Federer ist auch in Südafrika ein gefragter Mann.Bild: EPA

Roger Federer: «Manchmal muss ich auch sagen: Sorry, ist mir egal, was die Kritiker sagen»

06.02.2020, 08:1506.02.2020, 12:39
Mehr «Sport»

Morgen Freitag bestreitet Roger Federer mit Rafael Nadal in Kapstadt vor 52'000 Zuschauern das «Match in Africa 6» (ab 19.15 Uhr live auf SRF 2). Ausserdem steht neben dem mit Spannung erwarteten Duell auch noch ein Doppel mit Microsoft-Gründer Bill Gates und dem südafrikanischen Komiker und TV-Moderator Trevor Noah auf dem Programm.

Vor den Schaukämpfen, deren Erlös vollumfänglich in Federers Stiftung fliessen, sprach der 38-jährige Tennis-Superstars mit dem Tages-Anzeiger in einem ausführlichen Interview über die Verbindung zur Heimat seiner Mutter Lynette, seine Projekte in Afrika und die Kritik an seiner Südamerika-Reise im letzten November.

Roger Federer ...

... über seine Erinnerungen an Südafrika:

«Als kleiner Bub war ich zwei Monate im Jahr in Südafrika. Immer wieder. Auch in ganz, ganz jungen Jahren, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Es war immer aufregend. Ich sprang draussen auf der Farm herum, die ganze Familie war da, natürlich auch meine Schwester. Wir verbrachten die Sommerferien stets in Südafrika, besuchten Familienmitglieder überall im Land, machten Ausflüge in den Kruger-Nationalpark. Deshalb fühle ich mich sehr verbunden mit diesem Land.»
Federers Pressekonferenz in Kapstadt vor dem Duell gegen Nadal (Englisch).Video: YouTube/eNCA

... ob er sich auch als Südafrikaner sieht:

«Schwer zu sagen. In meinem Inneren spüre ich eine grosse Connection zu Südafrika. Meine Eltern waren in den letzten 30 Jahren zweimal im Jahr in Südafrika oder anderen Ländern im südlichen Afrika. So hörte ich immer wieder Geschichten von ihnen. Wenn die Südafrikaner möchten, dass ich einer von ihnen bin, sage ich: sehr gerne, kein Problem! Es steckt schon Südafrika in mir, aber ich bin doch viel mehr Schweizer. Ich weiss, wo ich aufgewachsen bin, welchem Land ich alles zu verdanken habe. Trotzdem freue ich mich wie ein kleines Kind, wenn Südafrika die Rugby-WM gewinnt. Weil ich weiss, was das für das Land bedeutet.»

... warum es nie zu einem Treffen mit Nelson Mandela kam:

«Es gab einmal Gespräche, ob ich ihn noch treffen könnte. Aber da war er schon nicht mehr so gesund. Jetzt weiss ich: Es war ein Fehler, dass ich nicht einfach hingereist bin. Dann hätte ich wahrscheinlich eine Chance gehabt. Schade, dass ich das verpasst habe. Aber es ist so viel los in meinem Leben. Mandela war eine sehr wichtige Persönlichkeit für dieses Land. Seine Legende und die Inspiration für andere leben weiter.»

... über mögliche Verwandtentreffen:

«Leider haben wir nicht mehr so viele Familienmitglieder wie früher. Darum ist dieser Trip so speziell. Ich werde viele treffen, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Deshalb organisierten wir für den Tag nach dem Spiel ein grosses Fest, an dem wir alle zusammenkommen. Es war mir wichtig, dass ich nicht einfach das Spiel spiele und dann wieder abhaue. Ich freue mich riesig aufs Wiedersehen. Und ich weiss, es bedeutet meinen Eltern sehr viel.»

... ob ihn die Kinder seiner Projekte kennen:

«Nein, ich habe nicht das Gefühl, dass sie mich kennen. Sie sehen mich eher als der, der hilft. Als ich in Malawi ein Projekt besuchte, fragte ich: ‹Kennt ihr Tennis?› Sie sagten: ‹Ist das das Spiel mit dem Tisch und den Bällen?› Ich sagte: ‹Nein, das ist Pingpong.› Dann machte ich eine Zeichnung von einem Tennisplatz. Sie haben ja keinen Fernseher, sind dermassen weit weg von der modernen Zivilisation. Wie sollten sie mich da kennen? Sie leben ein komplett anderes Leben.»

... über das Aufwachsen seiner Kinder:

«Ich führe ein aussergewöhnliches Leben, und ich bin mir bewusst, dass es auch nicht normal ist für die Kinder. Aber wir versuchen, an jedem Ort, wo wir uns wegen des Tennis aufhalten, rund um die Kinder eine gewisse Normalität zu schaffen. Auch wenn sie im Hotelzimmer schlafen. Ich erkläre ihnen auch, dass es normal ist, sich zu langweilen. Man braucht nicht immer ein Programm.

Ich versuche ihnen zu vermitteln, was normal ist. Ich besuchte ganz normal den Kindergarten und die Schule, ging nach Hause oder ass bei einer anderen Familie zu Mittag, weil meine Eltern arbeiteten. Die Normalität ist recht monoton. Bei uns ist jede Woche anders. Ich geniesse das, aber es ist auch eine Herausforderung. Vor allem mit den Kindern.»

... über die Kritik an seiner Lebensweise:

«Ich werde manchmal missbraucht für gewisse Zwecke. Wenn ich den einen helfe, werde ich kritisiert, dass ich es bei anderen nicht tue. Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich mir genau überlegen muss, was ich tue. Aber ich muss auch über Kritik hinwegsehen können. Ich kann nicht überall sein, kann nicht alles tun. Ich bin auch noch Vater und Tennisspieler.

Ich bin mir bewusst, dass ich einiges bewirken, das Mikrofon nehmen und gewisse Dinge thematisieren kann. Aber ich kann das nicht die ganze Zeit tun. Es ist wichtig, dass man die richtigen Dinge wählt, zum richtigen Zeitpunkt, und seine Botschaft auf eine faire Weise herüberbringt. Nicht, indem man andere attackiert. Ich weiss, ich kann mit meiner Bekanntheit etwas bewegen. Für andere, für den Planeten, für die Tiere. Und ich finde es gut, was in letzter Zeit ausgelöst wurde, was das kollektive Bewusstsein betrifft.»

... über seine Südamerika-Reise:

«In Südamerika ging es darum, den Leuten eine Freude zu machen, die sonst kaum Livetennis sehen. Ich bin im Entertainment-Business. Und das Geld, das ich verdiene, fliesst dann ja auch zurück in die Stiftung. Je mehr ich verdiene, desto mehr kann ich abgeben. Für mich war es ein magischer Trip. Es war emotional, anstrengend, aber wunderschön. Es ist schwer, sich das vorzustellen, wenn man es nicht gesehen hat. Ich spürte, wie viel es den Leuten bedeutete.

Gleichzeitig ist es für mich sehr motivierend und inspirierend, an solchen Orten zu spielen. Mit Kritikern muss ich umgehen können. Manchmal muss ich auch sagen können: Sorry, ist mir egal, was sie sagen. Ich war nicht auf einem politischen Trip. Ich liess mich von niemandem einspannen, wollte nicht, dass die Regierungen involviert sind.»

... wo er wie viel Geld einsetzt:

«Ich teile das Geld nach Gefühl auf, orientiere mich mehr oder weniger daran, wie viel Zeit ich für die Stiftung aufgewendet habe. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass Bill Gates eine Kampagne lanciert hat, gemäss der sich Milliardäre verpflichten, einen klar definierten Teil ihres Einkommens für wohltätige Zwecke zu spenden. Ich finde das eine exzellente Idee und könnte mir vorstellen, mich dieser Praxis dereinst auch anzuschliessen.»

... ob die Stiftung dereinst seine Hauptbeschäftigung sein wird:

«Das habe ich noch nicht entschieden. Ich werde logischerweise noch mehr tun für die Stiftung, denn es gefällt mir, mich da einzubringen. Und ich habe das Gefühl, dass ich auch nach über 15 Jahren noch am Anfang stehe. Ich bin immer noch am Lernen, und wir sind mit der Stiftung am Wachsen. Nach meiner Karriere habe ich sicher mehr Zeit.»

(pre)

Mehr zu Federer:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wo Federer schon überall Tennis gespielt hat
1 / 16
Wo Federer schon überall Tennis gespielt hat
Auf dem höchsten Heli-Landeplatz der Welt: 2005 in Dubai mit Andre Agassi
quelle: epa / pool
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So viel verdient Roger Federer mit Werbeverträgen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
14 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
JonathanFrakes
06.02.2020 14:23registriert März 2015
Forza Rogerio!
2317
Melden
Zum Kommentar
14
Lausannes Captain hat kaum gespielt – aber er kann austeilen und einstecken
Michael Raffl ist Captain des Playoff-Finalisten Lausanne, ein Österreicher, der kaum Französisch spricht. Doch der NHL-Veteran ist ein Leader der Taten, nicht der Worte.

Es dauert lange, bis Michael Raffl am Dienstagabend aus der Gästegarderobe in der Eishockey-Arena in Zürich-Altstetten kommt. Er soll kein guter Gesprächspartner sein, wenn er verloren hat, heisst es. Doch dann steht der Österreicher da, und er sagt einen Satz, der ihn charakterisiert wie kein anderer.

Zur Story