Sport
Tennis

Corona: Tennis-Star Novak Djokovic löst in Kroatien eine Staatskrise aus

epa08443514 Serbian tennis player Novak Djokovic poses for photographers during a press conference on the upcoming Adria Tour tennis tournament in Belgrade, Serbia, 25 May 2020. Novak Djokovic present ...
Tennis-Spieler Novak Djokovic hat mit seiner Adria-Tour in der Region um die kroatische Küstenstadt Zadar eine Krise ausgelöst.Bild: EPA

Djokovic löst in Serbiens Nachbarland Kroatien eine Staatskrise aus

Mehrere Spieler und Betreuer, die an der von Novak Djokovic initiierten Adria-Tour spielten, wurden positiv auf das Coronavirus getestet. Nun weitet sich der Skandal zu einer Staatskrise in Kroatien aus.
22.06.2020, 18:26
Simon Häring und alexandra pavlovic / ch media
Mehr «Sport»

Andrej Plenkovic ist ein viel beschäftigter Mann. Am Sonntag besuchte er in der kroatischen Küstenstadt Sibenik ein internationales Kinderfest. Am Tag darauf legte er zu Ehren des 1970 heilig gesprochenen Nikola Tavelic einen Kranz nieder, nahm wie Tausende Schaulustige an einer Prozession zu dessen Ehre und danach an einem Gottesdienst in der weltberühmten Kathedrale des Heiligen Jakob teil.

Am Tag davor mischte sich der kroatische Premierminister unter die Bevölkerung, in Zadar, eine gute Autostunde von Sibenik entfernt, wo die von Novak Djokovic initiierte Adria-Tour Halt machte. Natürlich kam es zum Treffen zwischen dem Staatsmann und dem Tennis-Spieler. Natürlich posierte man für ein gemeinsames Bild. Nur Hände geschüttelt – das habe man nicht.

Ob Händedruck oder nicht, längst ist aus dem Treffen eine Staatsaffäre geworden. Denn mit Grigor Dimitrov und Borna Coric wurden zwei Spieler, die bei der Adria-Tour spielten, positiv auf das Coronavirus getestet. Ebenfalls betroffen sind der Trainer von Dimitrov sowie der Fitnesstrainer von Novak Djokovic. Es dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. Denn die Spieler kamen in den letzten Wochen mit Tausenden von Menschen in Kontakt – Kollegen, Helfern, Zuschauern, Politikern und Kindern. Djokovic liess erst ausrichten, er zeige keine Symptome und lasse sich deshalb nicht testen. Er reiste am Montag mit seiner Familie nach Belgrad – wo er sich dann doch einem Test unterzog. Das Ergebnis ist noch offen.

Bürgermeister und Kinder in Quarantäne

Djokovic ist ein Kind des Balkans, aufgewachsen in Kopaonik, einem Dorf an der serbisch-kosovarischen Grenze. Mit der Adria-Tour, geplant in seiner Heimat Serbien, Kroatien, Montenegro und Bosnien & Herzegowina wollte er der Region während der Corona-Pandemie ein Geschenk machen. Der Erlös floss karitativen Zwecken zu.

Doch nun erntet Djokovic nur noch Kritik. Der Bürgermeister von Zadar, Branko Dukic, und Bozidar Longin, Präfekt der Provinz, wurden in Quarantäne versetzt. Sie hatten dem positiv getesteten Borna Coric die Hand geschüttelt. Über 100 Menschen wurde Selbstisolation verordnet, darunter Kindern, die in der letzten Woche mit Novak Djokovic in Kroatien auf dem Platz gestanden waren.

epa08485671 Novak Djokovic (C) of Serbia reacts with staff after the final match at the Adria Tour tennis tournament in Belgrade, Serbia, 14 June 2020. The Adria Tour will be held until 05 July in a n ...
Djokovic umringt von Kindern und Jugendlichen in der serbischen Hauptstadt Belgrad.Bild: keystone

Musterschüler Kroatien

Kroatien galt bisher dank frühen und sehr strengen Massnahmen sowie guter Früherkennung als Europas Musterschüler in der Eindämmung der Corona-Pandemie. Zu diesem Schluss kam die Oxford University Ende März. Nun wurden innerhalb eines Tages 19 neue positive Fälle registriert, so viele wie seit Ende April nicht mehr. Die Adria-Tour liess verlauten, man habe die epidemiologischen Empfehlungen und die Auflagen der Behörden immer befolgt.

Das dem nicht so ist, beweisen die Bilder aus Belgrad und Zadar. Es wird umarmt, es wird geküsst, es werden Hände geschüttelt, es wird getanzt, getrunken, gefeiert. Seit Anfang Juni sind die Restriktionen für Veranstaltungen zwar aufgehoben, allerdings muss ein Schutzkonzept vorgelegt werden, das die Einhaltung der Abstandsregel beinhaltet.

Thiem spielt bereits wieder – in Frankreich

Die Teilnehmer der Adria-Tour hatten in den letzten Wochen Kontakt zu tausenden Menschen. Die Inkubationszeit, die Zeit zwischen Infektion und Ausbruch einer Krankheit, beträgt im Fall von Covid-19 bis zu 14 Tage. Ein negativer Test bei Novak Djokovic und seinen Kollegen wäre deshalb noch längst keine Garantie dafür, dass sie nicht bereits Träger des Virus und damit für ihre Mitmenschen ansteckend sind.

Die Teilnehmer der Adria-Tour müssten theoretisch in eine 14-tägige Quarantäne versetzt werden. Doch auch hier werden die Regeln frei interpretiert. Dominic Thiem weilt bereits in Frankreich. Der am Montag vorgenommene dritte Covid-19-Test innerhalb von acht Tagen sei negativ ausgefallen, teilte Thiems Manager mit. Im Juli veranstaltet er in Kitzbühel ein Turnier mit acht Spielern. Gemeldet sind auch Grigor Dimitrov und Borna Coric.

SBR, Tennis, Adria Tour / 12.06.2020, , Belgrad, SBR, Tennis, Adria Tour , im Bild v.l. Alexander Zverev, Dominic Thiem,Grigor Dimitrov, Novak Djokovic, Jelena Jankovic *** SBR, Tennis, Adriatic Tour  ...
Sorgloses Quintett: Alexander Zverev, Dominic Thiem, Grigor Dimitrov, Novak Djokovic und Jelena Jankovic.Bild: www.imago-images.de

Glück gehabt hat Alexander Zverev. Der Deutsche meldete am Montagnachmittag: «Ich habe gerade die Nachricht erhalten, dass mein Team und ich negativ auf Covid-19 getestet wurden.»

Kein leuchtendes Beispiel, sondern Symbol der Ignoranz

Novak Djokovic, der sich auch dezidiert gegen eine mögliche Impfpflicht für Sportler ausgesprochen hat und damit die Kritik von Epidemiologen und Virologen in seiner Heimat Serbien provoziert hat, äusserte sich bisher noch nicht zu den positiven Befunden bei der Adria-Tour.

Diese ist nun nicht wie erhofft zu einem leuchtenden Beispiel für die Schönheit und Innovationskraft der Balkanregion geworden, sondern zu einem Symbol für die Ignoranz einer Sportelite gegenüber einer globalen Krise und den Gefahren der Überhöhung von Volkshelden wie Djokovic, der die Kritik unter den Generalverdacht der Xenophobie stellte, in dem er insinuierte, sie sei «vor allem aus dem Westen» gekommen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Keine Schutzmaske? Hier 20 lustige Alternativen
1 / 22
Keine Schutzmaske? Hier 20 lustige Alternativen
bild: reddit

quelle: reddit
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Diese Verschwörungstheorien sind wirklich wahr. So wirklich wirklich. Wirklich.
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
32 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
SJ_California
22.06.2020 18:31registriert März 2016
Djokovic ist sowas von arrogant. Man hätte ja auf das Händeschütteln, Umarmen und v.a. auch auf die Treffen mit den Teenagern verzichten können.
Aber sein Stolz und Grössenwahn lassen dies wohl nicht zu.. 🤮
43731
Melden
Zum Kommentar
avatar
TanookiStormtrooper
22.06.2020 18:32registriert August 2015
Vor vielen Jahren fand ich den "Djoker" noch ganz lustig, inzwischen bleibt einem das Lachen, je mehr man über ihn liest, im Halse stecken.
Vom lustigen Djoker zum Impfgegner No-Vax DjoCOVID, das war rein menschlich gesehen ein ganz schön brutaler Absturz...
18821
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schlumpfieschen
22.06.2020 19:13registriert April 2015
Wenn der Djoker der Region ein Geschenk machen wollte, dann hätte er auch seinen Geldbeutel öffnen können und direkt spenden, anstatt tausende Menschen in Gefahr zu bringen. Dimitrov, Zverev und Coric dasselbe.
Berechtigte Kritik als Xenophobie abzustempeln ist ein Hohn für alle, die wirklich davon betroffen sind, ohne etwas dafür zu können.
14311
Melden
Zum Kommentar
32
Warum die NBA diesen 24-jährigen Basketballprofi lebenslang gesperrt hat
Die NBA greift hart gegen Jontay Porter durch. Der Profi hat sich an Wettbetrug beteiligt – und darf nun nie wieder in der US-Liga auflaufen.

Jontay Porter ist wegen Wettbetrugs lebenslänglich aus der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA verbannt worden. Der Spieler der Toronto Raptors habe vertrauliche Informationen an Wettende weitergegeben und selbst auf NBA-Spiele gesetzt. Das teilte die Liga, die eine Untersuchung gegen den 24-Jährigen eingeleitet hatte, am Mittwoch mit.

Zur Story