Ende Jahr endet die Ära von Chris Kermode an der Spitze der Profi-Vereinigung ATP. Vor dem Masters-Turnier in Indian Wells wurde bekannt, dass der Ende Jahr auslaufende Vertrag des Briten nicht erneuert wird. Massgeblich an der Demontierung beteiligt ist Novak Djokovic, der sich als Präsident des Spielerrats für eine Erneuerung an der Spitze ausgesprochen hatte. Doch der Serbe führte damit zahlreiche Kollegen hinters Licht, wie sich nun herausstellt.
Allen voran seine beiden grössten Antipoden: Roger Federer und Rafael Nadal, die ihrerseits lange im Players Council für die Interessen der Kollegen eingestanden waren. Djokovic hat die beiden erfolgreichsten Spieler der Tennis-Geschichte vor der Beschlussfassung gar nicht erst angehört, wie er zugeben musste. Er sagte: «Wenn sie (Federer und Nadal, d. Red.) etwas wollen, können sie auf mich zukommen.» Eine Aussage, die ihn nun teuer zu stehen kommt.
Denn nach seinem Erstrundensieg sagte Federer vor Schweizer Medien, er habe Djokovic sehr wohl um ein Gespräch gebeten. Dieser habe ihm aber beschieden, «leider keine Zeit» zu haben. Djokovic habe ihn auf den nächsten Tag vertröstet. Auf jenen Tag, an dem der Entscheid bereits gefällt war. «Das ist für mich natürlich ... schwer verständlich», zitiert ihn der «Tages-Anzeiger». Er mache sich ein wenig Sorgen, die Situation sei «explosiv» und unsicher.
Federer gab schon Anfang Jahr in Melbourne zu verstehen, dass er, obwohl er kein offizielles Amt mehr bekleidet, durchaus Interesse daran hat, wie sich das Tennis weiterentwickelt. Auf Frage der «Aargauer Zeitung» beschied er aber auch: «Es sind jetzt andere in der Verantwortung, sie sollen den Rat so führen, wie sie es für richtig halten.» Gleichwohl kündete er schon damals an, dass es ihm ein Anliegen sei, mit Djokovic das Gespräch zu suchen.
Beleidigt reagierte auch Rafael Nadal auf den Umstand, dass Djokovic ihn nicht angehört hatte. Er zückte in der Medienkonferenz nach seinem ersten Spiel gar sein Telefon und sagte: «Hier, mein Telefon. Sehen Sie, niemand hat Kontakt mit mir aufgenommen.» Federer, Nadal und Konsorten hatten sich allesamt für eine Wiederwahl Kermodes ausgesprochen. Gleichwohl stimmten die drei Spielervertreter dagegen.
Djokovic selber bezog nie klar Stellung, berief sich auf die «Vertraulichkeit» dessen, was im Spielerrat besprochen wird. «Ich werde mich hier nicht für oder gegen ihn positionieren, denn das käme einem Bruch der Vertraulichkeit gleich.» Er bestätigte nur, dass der ATP-Spielerrat beschlossen habe, dass es Zeit sei, eine neue Führung zu suchen. Wer Kermodes Nachfolger wird, ist offen. Der Bewerbungsprozess beginnt demnächst.
Deutliche Worte fand auch Stan Wawrinka, der sich in der dritten Runde mit Roger Federer misst: «Das ist ein trauriger Tag für das Tennis, wenn man bedenkt, was Chris erreicht hat.» Es seien Leute im Board, die dort nicht hingehörten. Er bezog sich damit wohl auf den Amerikaner Justin Gimelstob, ein Verbündeter Djokovics, der sich wegen Körperverletzung vor Gericht verantworten muss, und dem Ambitionen auf Kermodes Amt nachgesagt werden.