Sport
Tennis

Roger Federer verteidigt Paris-Verzicht: «War die richtige Entscheidung»

Defending champion Roger Federer of Switzerland returns a shot from Mario Ancic of Croatia, during their Men's Singles, quarterfinal match, on Wimbledon's Centre Court, Wednesday, July 5, 20 ...
Roger Federer träumt von einem neunten Sieg in Wimbledon.Bild: keystone

Roger Federer verteidigt Achtelfinal-Verzicht in Paris: «Es war die richtige Entscheidung»

Kommende Woche beginnt für Roger Federer in Halle die Rasensaison. Was er zu seinem Verzicht auf den Achtelfinal der French Open sagt. Am Freitag gab er Auskunft darüber, wie es ihm gesundheitlich geht.
11.06.2021, 15:3711.06.2021, 16:32
simon häring / ch media
Mehr «Sport»

Zunächst ist es nicht mehr als eine leise Sehnsucht, so etwas wie eine heimliche und verbotene Liebe. Und im Verbotenen liegt bekanntlich der Reiz. Für Schweizer, sagt Federer, scheine der Belag, auf dem er sich nun am wohlsten fühlt, unerreichbar: Rasen.

Denn dort, wo Roger Federer aufwächst, wird auf Sand Tennis gespielt. Er spielt Fussball, Tischtennis, fährt Ski und spielt Tennis. Meist fährt er mit dem Velo an den St. Galler Ring 225 ins Basler Bachletten-Quartier, wo der TC Old Boys domiziliert ist. Neun Plätze, gespielt wird dort auf Sand – ausschliesslich.

Auf Sandplätzen ist Roger Federer aufgewachsen. Weil es in der Schweiz kaum Rasenplätze gibt. Dennoch definiert sich Federers Karriere durch ein Rasenturnier. Nichts hat Roger Federer so sehr geprägt wie Wimbledon.

Roger Federer of Switzerland and his coach Ivan Ljubicic shake hands at the end of a training session, at the All England Lawn Tennis Championships in Wimbledon, London, Sunday, July 3, 2016. (KEYSTON ...
Roger Federer überrascht auch seinen Trainer Ivan Ljubicic.Bild: KEYSTONE

Nun kehrt er nach zwei Jahren Unterbruch, nach zwei Operationen am Knie und im Sommer, in dem er seinen 40. Geburtstag feiert, auf Rasen zurück, beim Turnier in Halle, wo er mit zehn Titeln Rekordsieger ist. Am Donnerstag trainierte er erstmals, «noch ohne Bewegungen, weil ich mich noch immer von Paris erhole», wie Federer sagt. Und es fühlte sich an wie ein Heimkommen, auf die traditionelle Unterlage des Tennis. Federer sagt:

«Mein Trainer Ivan sagte zu mir: ‹Es ist erstaunlich, wie sauber du den Ball schlägst. Wie leicht es dir fällt. Wie du dich bewegst› Er hat Recht: Ich habe das Gefühl, dass mir auf Rasen alles leichter fällt, dass meine Stärken verstärkt werden. Der Slice, der Aufschlag, dass man den Ball früh nehmen kann.»

Fragezeichen schon vor Koepfer-Match

Für seinen Verzicht auf den Achtelfinal bei den French Open hatten viele Verständnis aufgebracht, es gab aber auch Kritik. Federer sagte dazu: «Für mich persönlich bin ich total überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war. Ich möchte nicht näher auf die Gründe eingehen. Das müssen meine Gegner nicht wissen.»

Schon vor dem Spiel gegen Dominik Koepfer, das weit nach Mitternacht geendet hatte, habe es Fragezeichen gegeben, ob er das Turnier überhaupt fortsetzen solle. Federer sagt: «Ich weiss, wie mein Körper reagiert und muss auf ihn hören. Ich habe das Gefühl, ich muss mich nicht noch erklären und hoffe, dass die Menschen mir vertrauen, dass ich weiss, was für mich und meinen Körper am besten ist.»

Am Sonntag reiste er bereits in die Schweiz zurück, pausierte vier Tage, eher er mit seiner ganzen Familie nach Halle weiterreiste. Es werden die letzten gemeinsamen Tage, denn nach Wimbledon werden ihn nur die beiden Trainer Severin Lüthi, Ivan Ljubicic und Physiotherapeut Daniel Troxler begleiten, wie er auf Frage der Aargauer Zeitung klar macht. «Es geht nicht, dass die Familie kommt. Sie müsste fünf Tage in Quarantäne, das wäre zu kompliziert geworden. Die Hoffnungen, dass sie mich begleiten können, waren früh begraben.» Umso mehr geniesse er die gemeinsame Zeit in den nächsten Tagen. «Das ist kein Problem und gehört nun dazu.» Für seinen Traum von Wimbledon ist er bereit, auch Opfer zu erbringen.

Die Erfahrungen von 2016 als Mutmacher

Bedenken zu seinem Gesundheitszustand wischte Federer weitestgehend vom Tisch, auch wenn er dem Knie besondere Aufmerksamkeit schenken müsse. «Durch die Matches in Genf und in Paris weiss ich, wie es reagieren wird und ich kenne meine Möglichkeiten», sagte Federer. «Ich habe keine Befürchtungen, dass Negatives passieren könnte.»

epa06847963 Roger Federer of Switzerland hugs his twin boys Leo and Lenny at the end of a training session at the All England Lawn Tennis Championships in Wimbledon, London, 28, June 2018. The Wimbled ...
Die Familie wird Roger Federer nicht nach Wimbledon begleiten können. «Es wäre zu kompliziert», sagt Federer zu dieser Zeitung.Bild: EPA/KEYSTONE

Und wenn doch, dann helfe ihm die Erfahrung aus dem Jahr 2016. Damals hatte er nach einer Operation am anderen Knie auf die French Open verzichtet, und kämpfte mit Rückenschmerzen. «Dennoch erreichte ich in Stuttgart, Halle und Wimbledon die Halbfinals.» Ehe er die Saison vorzeitig abbrechen musste. Federer sagt: «Ich weiss, was geht und bin bereit für eine solche Situation.»

Für seinen Weg zurück habe er mehr Zeit benötigt, und in Doha habe er besser gespielt, als er erwartet hatte. «Seither ging es nur aufwärts und ich hatte keine Rückschläge. Jetzt beginnt die Saison für mich so richtig.»

FILE - In this July 8, 2016, file photo, Roger Federer of Switzerland receives medical attention during his men's semifinal singles match against Milos Raonic of Canada at the Wimbledon Tennis Ch ...
2016 kämpfte Roger Federer mit einem lädierten Knie und starken Rückenschmerzen. Dennoch erreichte er in Wimbledon die Halbfinals.Bild: AP/AP

19 seiner inzwischen 103 Titel gewann Roger Federer auf Rasen - mehr als jeder andere in der Geschichte des Sports. Und bei aller Zuversicht, bei allem Optimismus, den er versprüht, mahnt der Baselbieter auch vor den Tücken dieser Unterlage. «Auf Gras gibt es keine Garantie. Wenn du früh ein Break kassierst, ist der Druck bereits riesig und es kann alles sehr schnell vorbei sein. Deshalb ist der Puls schon am Anfang des Matches sehr hoch.» Federer sagt, er wolle sich auf seine Stärken konzentrieren: «Den Aufschlag. Mich explosiv bewegen, frisch im Kopf sein und mit einer klaren Spielidee antreten.» Vor allem aber: «Ich möchte, dass der Gegner sich mir und meinem Spiel anpassen muss – und nicht umgekehrt.»

Federer hat das Turnier in Halle schon zehn Mal gewonnen, diesmal wäre das vielleicht nicht gerade eine Sensation, aber doch eine Überraschung. «Ich möchte mich nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen und sagen, der Sieg gehe über mich, wie das vielleicht in anderen Jahren der Fall war.» Dafür habe er zu wenig gespielt, dafür seien die Unsicherheiten noch zu grosse. «Aber natürlich wäre es schön, hier den Titel zu gewinnen. Aber mein wichtigstes Ziel ist es, gesund nach Wimbledon zu kommen.»

Der Ort, an dem Roger Federer als Kind seine Sehnsucht verortete. Wo er als Junior den Titel gewann. Der Ort, der seine Karriere und sein Leben geprägt haben wie sonst keiner. Der Ort, über den er sagte, dort habe für ihn alles richtig begonnen. Und dort werde vielleicht alles einmal enden.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die besten Bilder der French Open 2021
1 / 34
Die besten Bilder der French Open 2021
Alexander Zverev hat eh schon warm – und wird im Halbfinal von Stefanos Tsitsipas abgekocht.
quelle: keystone / caroline blumberg
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Wawrinka beisst sich im Quiz über sich selbst die Zähne aus
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
9
«Unbeschreiblich!» – Xhaka und Co. über Leverkusens Triumph
«Ich kann noch nicht richtig realisieren, was wir erreicht haben», sagt Granit Xhaka gegenüber DAZN kurz nach dem 5:0-Heimsieg gegen Bremen, der Leverkusen den ersten Meistertitel sichert. «Es ist unbeschreiblich!»

«Wir haben bereits mit den Fans auf dem Feld gefeiert und danach in der Kabine mit der Mannschaft», erzählte Xhaka am TV-Mikrofon. Der Schweizer Nati-Captain gab zu, dass er nicht vom Saisonstart an an den Meistertitel geglaubt habe. «Man konnte sich das ja nicht vorstellen, wenn man die letzten Saisons anschaut.»

Zur Story