Nachdem «El Clásico» jahrelang auch das grosse Duell zwischen Ballbesitz- und Umschaltfussball war, haben sich der FC Barcelona und Real Madrid angenähert. Unter Carlo Ancelotti setzt Real mittlerweile ebenfalls auf sichere Ballbesitzstafetten, die von der enorm spielstarken Doppelsechs aus Toni Kroos und Luka Modric getragen werden. Barça ist vor allem im Pressing nicht mehr so dominant wie früher.
So war der jüngste Clásico von einem relativ trägen Grundtempo geprägt. Beide Mannschaften machten nur vereinzelt mal aggressiv Druck gegen den Ball. Häufig nahmen sich die Angriffsspieler – vor allem Lionel Messi und Cristiano Ronaldo – Auszeiten in der Defensivarbeit. Dann zogen sich die Mannschaften mit sieben bis neun Spielern ins Abwehrdrittel zurück, um den Strafraum zu verteidigen.
Diese passive Herangehensweise wurde jedoch auch von der aussergewöhnlich starken Mittelfeldbesetzung diktiert. Es tummelte sich ein ganzer Haufen der pressingresistentesten Spieler der Welt auf dem Rasen: Kroos, Modric und auch Isco auf der einen Seite, sowie Sergio Busquets, Andrés Iniesta, Xavi und gelegentlich Messi im Zentrum der Gäste. Daher liefen Pressingversuche immer wieder ins Leere.
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— beIN SPORTS (@beINSPORTS) 25. Oktober 2014
Beide Mannschaften zeigten jedoch auch Schwächen darin, ihre technischen Fähigkeiten in Strafraumnähe gewinnbringend einzusetzen. Nach der frühen katalanischen Führung zeigte im ersten Durchgang vor allem Real inkonsequente Angriffe. Oft fehlte den beiden Sechsern ein Abnehmer für Vertikalpässe, da es zu wenig Bewegung im offensiven Mittelfeld gab. Ronaldo und Benzema rochierten meist horizontal in der Angriffslinie, Isco und James Rodríguez rückten selten weit ins Zentrum.
Durch die sichere Ballzirkulation hatten die Königlichen jedoch permanente Offensivpräsenz. Barcelona verteidigte häufig in einer 4-3-Stellung, in der sie die Flügel nur schwer kontrollieren konnten. So nutzte Madrid zumindest diese Räume recht druckvoll. Besonders die linke Seite erzeugte einige Gefahr mit dem Duo aus Isco und Marcelo sowie gelegentlicher Unterstützung Ronaldos. Der Elfmeter zum 1:1 entstand über diese Seite.
Im zweiten Durchgang agierte Ancelottis Elf dann geschlossener, besonders im Defensivspiel. In Halbzeit eins konnten sich Barcelonas Offensivstars Messi, Neymar und Luis Suarez öfter durch die sehr konventionellen Viererketten des 4-4-2 spielen. Im zweiten Durchgang schob vor allem die Mittelfeldkette deutlich stärker zum Ball.
Rodriguez oder Isco rückten oft so eng ins Zentrum, dass quasi eine Dreifachsechs entstand. Barça hatte nun deutlich mehr Probleme, in den Raum zwischen den Linien einzudringen, wo Messi am liebsten seine Dribblings startet. Das führte dann auch zu Ballverlusten und die Madrilenen konnten dann ihre Konterstärke einbringen. Der Eckball vor dem 2:1 resultierte aus einem Konter nach einem Fehlpass Neymars im engen offensiven Mittelfeld. Beim 3:1 liessen sich die Gäste nach einer eigenen Ecke auskontern.
Dass die Katalanen dann nicht mehr in die Partie zurückkamen, war auch die Folge ihrer eigenen strategischen Inkonsequenz. Sie versuchten nicht, ihre technischen Fähigkeiten in den engen Mittelfeldräumen einzusetzen, sondern verlagerten sich auf eine unpassende und kaum zwingende Rollenverteilung.
Mit der Einwechslung von Pedro für Suarez rückte Messi vom rechten Flügel ins Zentrum. Dort bewegte er sich aber selten in der Spitze, sondern liess sich zu häufig und zu tief ins Mittelfeld zurückfallen. Meist verteilte er die Bälle vor der engen Madrilener Mittelfeldlinie. Somit fehlte er weiter vorne als «Nadelspieler», der den Ball entscheidend durch die Engstellen «fädelt» und damit Raum für seine Mitspieler schafft.
Ivan Rakitic, der für Xavi in die Partie gekommen war, verschärfte dieses Problem, indem er sich immer wieder zum Flügel ziehen liess. Dort zeigten die Katalanen simple, wenig druckvolle Flügelangriffe. Die souveräne Madrilener Abwehr verteidigte den Vorsprung ohne grosse Probleme.