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Ski alpin: Warum Lara Gut-Behrami wieder allen um die Ohren fährt

30.01.2021, Bayern, Garmisch-Partenkirchen: Ski alpin: Weltcup, Super G, Damen: Lara Gut-Behrami aus der Schweiz jubelt im Ziel. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Lara Gut-Behrami ist wieder die, die es zu schlagen gilt.Bild: keystone

Gut-Behrami fährt so stark wie lange nicht – das ist kein Zufall und freut nicht alle

Drei Super-G-Siege in Folge und schon sechsmal in diesem Winter auf dem Podest: Lara Gut-Behrami ist kurz vor der WM in Topform. Nach schwierigen Jahren ist es eine eindrückliche Rückkehr zu alter Stärke. Wie ist das möglich?
01.02.2021, 08:17
martin probst / ch media
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Es ist keine einfache Zeit für alle, die Lara Gut-Behrami nicht mögen. Und davon gibt es einige. Lange durften sie sich zynisch darüber freuen, dass aus der Tessinerin eine Athletin wurde, die nicht mehr alles so spielerisch leicht erreicht. Und so mancher Kritiker schrieb sie bereits spöttisch ab – und irrte sich.

Drei Super-G-Siege in Folge und insgesamt schon sechs Podestplätze in diesem Winter: Gut-Behrami fährt so stark wie seit vier Jahren nicht mehr. Es ist eine beeindrucke Rückkehr zu alter Stärke. Und das Resultat einer abgeschlossenen Phase der Selbstfindung. Nur eines ist es nicht: Zufall.

Die Siegesfahrt von Gut-Behrami in Garmisch.Video: YouTube/FIS Alpine

Aber was ist passiert? Um das zu beantworten, muss man zurückschauen. Auf das Verhältnis zwischen ihr und ihren Mitmenschen. Natürlich gibt es Gründe, warum Gut-Behrami nie zum Liebling der Massen wurde. Sie eckt immer wieder an. Auch die Arbeit mit ihr ist zuweilen nicht leicht. Und noch heute ist sie ihren Teamkolleginnen manchmal fremd. Aber die Integration war nie das Hauptziel der 29-Jährigen.

Gut-Behrami in Crans-Montana auf dem Leaderthron.
Gut-Behrami in Crans-Montana auf dem Leaderthron. bild: twitter/swissskiteam

Gut-Behrami ist der Prototyp einer Einzelsportlerin. Sie möchte immer die besten Bedingungen für sich selbst und stellt entsprechende Forderungen. Sie scheut dabei weder die Konfrontation mit ihren Vorgesetzten bei Swiss-Ski noch den Ärger, der ihre Vorgehensweise auslöst. Aber spurlos ging es nie an ihr vorbei. Sie litt unter dem Ruf, den sie in der Öffentlichkeit hatte.

Keine Frage, die Tessinerin hat Fehler gemacht, hat Aussagen getätigt, die nicht klug waren. Aber man darf nicht vergessen: Sie wurde quasi öffentlich erwachsen. Alles, was sie sagte, wurde sofort interpretiert und manchmal falsch ausgelegt. Und dann – neben all diesen Konflikten – waren da gleichzeitig riesige Erwartungen. Sie war bei den Frauen lange die Schweizerin, die liefern musste. Und gleichzeitig war sie die Athletin, die öffentlich am schärfsten kritisiert wurde.

DOK über Gut-Behrami aus dem Jahr 2010.Video: YouTube/SRF DOK

Das alles wurde Gut-Behrami 2017 zu viel. Ein Jahr zuvor hatte sie als erste Schweizerin seit Vreni Schneider den Gesamtweltcup gewonnen, und auch in jenem Winter startete sie erfolgreich. Bis zur Heim-WM in St.Moritz stand sie im Weltcup neunmal auf dem Podest. Es schien klar, dass sie dort, wo ihr Aufstieg mit 16 Jahren so märchenhaft begann, Weltmeisterin würde. Zum ersten Mal überhaupt.

Doch im letzten Rennen vor der WM stürzte Gut-Behrami. Angeschlagen gewann sie im Super-G als Topfavoriten nur Bronze. Die Enttäuschung bei ihren Fans war gross. Die Schadenfreude bei allen, die sie nicht mögen, noch grösser. Ihr Körper zog die Notbremse: Kreuzbandriss und Meniskusverletzung. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich frei. All die Last war plötzlich weg.

Der Weg zurück aber war lang. Erst jetzt, nach drei Saisons, in denen vieles nicht passte, ist Gut-Behrami so stark wie vor der Verletzung. Wieder steht die WM unmittelbar bevor. Wieder wird sie im Super-G die Topfavoritin sein. Doch dieses Mal ist es anders. Sie ist reifer geworden. Sie wurde nicht gebrochen, sondern stärker.

Lara Gut of Switerland celebrates with the women's Alpine Skiing World Cup Overall trophy during the podium ceremony at the FIS Alpine Ski World Cup Finals, in St. Moritz, Switzerland, Sunday, Ma ...
Die grosse Kugel für Gut-Behrami? Warum nicht?Bild: KEYSTONE

Gut-Behrami sagt wieder das, was sie denkt. Sie ist zufrieden, wie sie ist, und mental so stark wie nie. Und vor allem hat sie es allen gezeigt. Denn Gründe hinzuschmeissen gab es. Sie hat geheiratet und gemerkt, dass es anderes gibt als den Skisport. Doch sie fährt nach wie vor zu gerne. Sie blieb dran und ertrug die Häme und die Lacher. Nun wird sie belohnt. Mit weiteren Siegen. Viele freut es. Viele wird es ärgern. Das ändert sich nicht. Aber sie erträgt es längst sehr gut.

Bereits die kleine Kugel für Gut-Behrami?
Lara Gut-Behrami strebt im auf heute Montag verschobenen zweiten Super-G in Garmisch-Partenkirchen den vierten Sieg in Folge in dieser Disziplin an. Die Tessinerin hat ab 11.00 Uhr nicht nur die Chance auf ihren 30. Sieg im Weltcup. Je nach Rennverlauf kann sie auch den Gewinn der Super-G-Wertung vorzeitig sicherstellen. Nach vier von sieben Rennen führt sie das Klassement mit 140 Punkten Vorsprung vor Teamkollegin Corinne Suter an. (pre)
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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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HappyUster
01.02.2021 09:00registriert August 2020
Eine Nation sollte auch ein ❤ haben!
Unsere Ragusa hat meinen grössten Respekt!
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Bruno Wüthrich
01.02.2021 09:19registriert August 2014
Es ist häufig so, dass erfolgreiche Sportler*innen nicht die einfachsten Menschen sind. Dies gilt auch zum Teil für solche, von denen wir es nicht ahnen, weil sie sich in der Öffentlichkeit pflegeleicht und sympathisch geben.

Ich mochte die Art von Lara immer, und ich mag sie auch jetzt. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund. Ich freue mich riesig über ihren Erfolg, den sie jetzt hat. Aber ich habe keine Ahnung, wie ich auf sie reagieren würde, wenn ich mit ihr zusammen im gleichen Team arbeiten müsste.

Aber das muss ich nicht. Deshalb kann ich sie uneingeschränkt mögen.
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Glenn Quagmire
01.02.2021 08:21registriert Juli 2015
Der Pöbel mag halt keine "Nicht-Deutschschweizer" und solche die, sich auch mal kritisch äussern. Aktuell schiessen sich auch viele auf Yule ein.
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