Gegen die kambodschanische Sturmspitze Langeng Theng wäre Lionel Messi ein Kopfballmonster. Doch kleine Wusler sind in der 22 auf 16 Meter messenden Street Soccer Arena bestens aufgehoben. Und so schiesst der im November 17 Jahre alt werdende Theng gleich drei Tore beim 8:4 Auftaktsieg der Schweizer. Der Schweizer Juri Lochner erweist dem Topscorer der Partie dann richtigerweise seine Ehre und erhebt Theng beim gemeinsamen Abschlussjubel zum Grössten.
Solche Momente der Freude nimmt Theng mit vom Spiel. Das Resultat ist für ihn nicht so wichtig: «Es war lange unklar, ob wir genug Geld für die Reise nach Chile sammeln können. Nun hat es für drei Spieler gereicht und ich bin einer davon. Jetzt will ich einfach das Beste geben für das Team und die Spieler, die daheim bleiben mussten.» Seit vier Jahren spielt Theng bei Happy Football Cambodia. Das mit australischen Geldern unterstützte Projekt unterhält fünf Fussballschulen in Kambodscha. Wie die buddhistischen Klöster, übernimmt das Fussballprojekt Essen und Bildung seiner Schützlinge. Nur heisst es: Ball statt Beten.
Pro Stützpunkt können 20 Kinder und Jugendliche vollumfänglich betreut werden. Team Manager Vibol Chao: «Wir kümmern uns um Waisen, verwahrloste Slumkids und Jungs aus Bordellen. Oft bringen auch Eltern ihre Kinder, wenn sie nicht mehr für ihren Unterhalt aufkommen können.» So auch Thengs Eltern, eine Strassenverkäuferin und ein Motorrad-Taxifahrer in der Hauptstadt Phnom Penh.
Verteidiger Bora Khuon stammt aus der Provinz Kompong. Seine Eltern waren Bauern, bis sie von ihrem Land vertrieben wurden: «Eine grosse Firma, die auf unserem Land bauen wollte, hat die Polizei geschickt, um uns zu vertreiben. Seither lebt meine Familie im Slum, wo man nichts anbauen kann, weil sogar das Wasser ungeniessbar ist. Wer sauberes Wasser will, muss es von der Firma kaufen, die nun auf unserem Land ist.»
Den Namen der Firma will er nicht diktieren, weil er Angst hat, dass diese mächtige Firma, welche die Polizei schmiert und beste Beziehungen zur Regierung hat, dem Fussballprojekt schaden könnte. Und seit seinem 12. Lebensjahr Jahre wurde Happy Football und seine Partnerorganisation Cambodian Kids Foundation seine Familie. Die Direktorin und ihr Ehemann haben den heute 19-Jährigen gar adoptiert.
Kambodscha nimmt zum siebten Mal am Homeless World Cup teil. Auch wenn dies für das Projekt jeweils einen grossen finanziellen Kraftakt bedeutet, ist Manager Vibol Chao überzeugt vom Nutzen: «Für unsere Spieler ist der HWC eine grosse Motivation und die Nationalspieler sind Vorbilder. Wer es bei uns in die Nationalmannschaft schafft, kommt auch daheim im Leben weiter.»
Drei ehemalige Spieler sind nun Profis in der kambodschanischen Fussballliga. «Aber auch die anderen haben dank der Schulbildung einen Job gefunden. Einer hat sogar einen Universitätsabschluss geschafft!», ergänzt Chao stolz. Fussballerisch war Kambodscha sicher der einfachste Gruppengegner der Schweizer. Doch der Chilenische Aushilfstorwart und die blitzschnellen Konter von Theng sorgten bei den Eidgenossen zwischendurch für Nervosität.