Der Frust ist riesig, Buffon muss auch aus Cardiff ohne Trophäe abreisen. Bild: FACUNDO ARRIZABALAGA/EPA/KEYSTONE
Es hat nicht sollen sein. Italiens Torhüterlegende Gianluigi Buffon verliert nach 2003 (gegen Milan) und 2015 (Barcelona) auch sein drittes Finale in der Champions League.
Plötzlich war sie wieder da, die nicht mehr für möglich gehaltene Chance, auch noch den Pokal für den Triumph in der Champions League zu erringen. Am Samstag griff «Gigi Nazionale», Italiens «Numero uno», mit Juventus Turin nach dem Sieg in der Champions League, in seinem 101. Spiel in der Königsklasse.
Ein frustrierter Buffon
Doch der zwischenzeitliche Ausgleich von Mario Mandzukic nach Cristiano Ronaldos Führung war zu wenig. Die «Alte Dame» hatte über die vollen 90 Minuten gegen Real nichts zu bestellen und verlor die Partie letztendlich mit 1:4.
Buffon: «Es ist eine grosse Enttäuschung.» Video: streamable
Buffon hatte seine Hoffnungen vor zwei Jahren eigentlich begraben. Mit Juventus verlor er 2015 den Champions-League-Final gegen den FC Barcelona 1:3. 37 war er zu diesem Zeitpunkt, zwei Jahre später gestand er: «Ich glaubte nach dieser Niederlage nicht mehr daran.» Vielleicht war es bereits das zweite Mal, dass ihn der Glaube verliess. Zwölf Jahre zuvor, 2003, hatte er mit der Juve den Final gegen die AC Milan im Penaltyschiessen verloren. Drei Jahre später wurde sein Klub in Italien in die Serie B zwangsrelegiert.
Gigi Buffon
Jetzt also, 14 Jahre nach seinem ersten Final und 22 Jahre nach seinem Debüt in der Serie A, bot sich noch einmal die Chance. Die schönsten Dinge kommen eben meist unverhofft. Wie Italiens WM-Titel 2006 im Jahr der Aufdeckung des Manipulationsskandals in der Serie A. Kaum ein Tifoso wünschte Gigi Buffon, dem Sohn eines Gewichthebers und einer Diskuswerferin und Kugelstosserin aus der Toskana, den Sieg am Samstag nicht. Längst ist Buffon in Italien auch der König der Herzen.
Buffon ist nicht nur der 1,92 Meter grosse Fels im Tor. Er ist auch der Soziale, der den Sportsgeist auf dem Platz als Capitano vorlebt, seinen Gegnern nach Zweikämpfen mit einem brüderlichen Schulterklopfer auf die Beine hilft, die Geschlagenen nach dem Abpfiff mit einer Herzlichkeit umarmt, deren Aufrichtigkeit niemand anzweifelt. Er ist der Sensible, der in seiner Autobiografie offen über seine Depressionen spricht, die ihn 2003 und 2004 fast zerbrechen liessen. Auch das kommt an, besonders in Italien. «Gigi», der sichere Rückhalt im Tor der Squadra, ist menschlich, nahbar und zerbrechlich. Und trotzdem einer, der die Grenzen verschiebt. Wer kann ihn schon nicht mögen.
Buffon und seine Mitspieler bedanken sich für den Support. Video: streamable
In seiner Karriere hat Buffon noch jedem Sturm getrotzt. Die meisten Schlachten hat er gewonnen, die sportlichen, aber auch diejenigen abseits des Platzes. 2006 wurde er mit Italien Weltmeister. Achtmal gewann er mit Juventus den Scudetto, seit er 2001 für die bis heute bestehende Rekordtransfersumme für Torhüter von 52,88 Millionen Euro von Parma zu Juventus wechselte. Viermal gewann er den Cup, einmal den UEFA-Cup (1999). Zwei weitere Meistertitel, jene von 2005 und 2006, wurden den Turinern wegen des Manipulationsskandals abgesprochen. Buffon überstand auch dieses Tal. Er hielt dem Klub trotz des Zwangsabstiegs die Treue und führte ihn seit 2012 zu sechs Meisterschaften in Folge.
Fehlgriffe waren in seiner Karriere fast so selten wie Verletzungen. Fast sieben Jahre ist es her, als er 2010/11 wegen eines Bandscheibenvorfalls zum letzten und einzigen Mal länger ausfiel. Weil er im Jahr davor wegen Adduktorenproblemen drei Monate gefehlt hatte, sahen einige sein Karriereende bereits nahen.
Ohne Fehltritte abseits des Platzes kommt aber auch ein Buffon nicht durch 22 Jahre Profifussball. Seine Schwäche für Sportwetten wurde ihm einst fast zum Verhängnis. Er soll auf Fussballspiele und auch auf solche der eigenen Mannschaft gewettet haben. Einst wurde er wegen eines gekauften Diploms gebüsst; dank seines Reichtums kam er um eine Haftstrafe herum.
Hinzu kommen Episoden aus seiner Anfangszeit, die den Verdacht nährten, dass Buffon sich politisch etwas gar weit rechts orientieren würde. In seinen jungen Jahren, damals noch bei Parma, trug er einmal ein T-Shirt mit der Aufschrift «Boia chi molla» («Gehängt sei, wer aufgibt»), einem Schlachtruf der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg. Ein anderes Mal wollte er mit der Trikotnummer 88 auflaufen. Die Zahl wird in rechtsextremen Kreisen als Chiffre für den Hitlergruss verwendet.
Ganz der Gentleman: Buffon gratuliert Ramos zum Titel. Bild: EPA/ANSA
Die Negativschlagzeilen schadeten seinem Image nicht dauerhaft. Buffon spielte den Unwissenden, und die Tifosi sahen es ihm nach. Ein bisschen Drama gehört zu einer schönen Geschichte eben dazu. Sein stimmgewaltiger Einsatz beim Singen des «Fratelli d'Italia» vor den Länderspielen wird nach wie vor bewundert.
39-jährig ist Gigi Buffon inzwischen. Er hütete sich davor, das Finale in Cardiff als Spiel seiner letzten Chance zu bezeichnen, schliesslich endet sein Vertrag mit Juventus erst im Sommer 2018. Für ihn gilt selbst nach dem dritten verlorenen Finale in der Königsklasse, dass man seine Träume nicht zu früh begraben soll. Auch das hat «Gigi Nazionale» inzwischen gelernt. (rst/sda)
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