Es läuft die Nachspielzeit. Xherdan Shaqiri verliert am ecuadorianischen Strafraum den Ball, wieder so ein gefährlicher Konter der Südamerikaner! Die Schweizer sind stehend K.o., Captain Gökhan Inler kann nicht mehr, trabt nur noch neben Antonio Valencia her, ruft verzweifelt Steve von Bergen zu Hilfe. Doch auch der Innenverteidiger kann den gefährlichen Ball in den Rückraum nicht verhindern.
Michael Arroyo bietet sich die Chance auf den Siegtreffer, als sich Valon Behrami – wie dem Mythos nach Arnold von Winkelried in der Schlacht von Sempach 1386 – in die Bresche wirft und den Ball aus der Gefahrenzone grätscht. Gefährlich sei das gewesen wegen dem drohenden Penalty. «Ich habe alles riskiert», sagt er nach dem Spiel.
Doch die Grätsche genügt dem «Eidgenossen» mit kosovarischen Wurzeln nicht. Wie ein wilder Stier hechtet der dem Ball nach und sprintet los. Als ihn sein Gegner nur mit einem Foul stoppen kann, bleibt Behrami nicht liegen. Nach einer Hechtrolle sprintet er weiter, bis zur Mittellinie.
Schiedsrichter Rawschan Irmatow, der ein reguläres Tor von Drmic zuvor wegen angeblichem Offside aberkannt hat, lässt Vorteil laufen. Behrami sieht Haris Seferovic, der Ricardo Rodriguez auf dem linken Flügel anspielt und nach dessen Flachpass zur Mitte zum viel umjubelten 2:1-Sieg für die Schweiz trifft.
Seferovic ist der Torschütze, doch dieser Treffer gehört mindestens zur Hälfte Valon Behrami, der sich nach dem Siegtor wie ein Gorilla auf die Brust klopft. «Es ist wichtig, dass man solche Situationen ausnützt», analysiert Trainer Ottmar Hitzfeld nach der Partie nüchtern. Der Sturmlauf ist sinnbildlich für den Kämpfer Valon Behrami.
Nie aufgeben. «Weiter, immer weiter», wie Oli Kahn einst predigte, ist auch das Motto des Napoli-Söldner. Das sieht er auch selber so: «Wenn jemand fragen würde: ‹Wie spielt Valon?› Dann würde ich antworten: ‹So spielt Valon›», sagt er nach der Partie.
Paradox: Behrami gelingt vor seinem Sturmlauf wenig, er zeigt eines seiner schlechteren Länderspiele. Warum Hitzfeld ihn nicht durch Blerim Dzemaili ersetzt? Nennen wir es Intuition. Mit seinem Rush hat Behrami das auf einen Schlag vergessen gemacht. Der unbändige Wille, der in dieser Aktion steckt, wird Spuren hinterlassen. Der Aggressivleader hat seinen Teamkollegen in 10 Sekunden gezeigt: «Hey, alles ist möglich. Wenn wir daran glauben und alles geben.»
Für den weiteren Turnierverlauf kann so etwas unheimlich wichtig sein. Als der angeschlagene Superstar Alain Sutter 1994 in den USA im zweiten Gruppenspiel gegen Rumänien mit gebrochenem Zeh den 1:0-Führungstreffer erzielte, war das der Ausgangspunkt zum bislang schönsten WM-Moment der Schweizer Nati. 4:1 wurden die Rumänen abgefertigt und die Schweiz qualifizierte sich für den Achtelfinal. Hoffen wir, dass Behramis Sturmlauf ähnlichen Symbolcharakter bekommen wird.
DAS ist Fussball! Danke @ValonBera für den riesen Einsatz!!! #SUIECU #WM2014 pic.twitter.com/qpz6Ce4PIC
— Sven Kellenberger (@s_kellenberger) 15. Juni 2014
Wo andere ein Sterben vortäuschen, steht der @ValonBera einfach auf und macht sie weg: http://t.co/tHkKlZn98G
— Benjamin (@benjaminzurich) 15. Juni 2014
Immerno völlig begeischteret vom @ValonBera sim letschte Sturmlauf, so viel Kraft, Motivation und Ehrgiiz! #hoppschwiiz #sui
— bottecl▵ (@bottecla) 15. Juni 2014
wenn sich alle fussballer so wie @ValonBera in der letzten szene verhalten, ja, dann schaue ich gerne regelmässiger #fussball!
— Pascal Hirsiger (@papso95) 15. Juni 2014
Endlich ein Fussballer, der nicht heult und sich dreht, sondern aufsteht und weiterkämpft! Ganz geil, @ValonBera! #srfbrasil #WM2014
— Sandro Singer (@sandronaut) 15. Juni 2014
Valon Behrami = der schlechteste Spieler der ersten Halbzeit. #SUIECU
— Benjamin Meier (@bsmeier) 15. Juni 2014