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Nach 654 Kilometern nach der Ziellinie beim Cape Epic 2016 zusammengeklappt – unvernünftig oder bewundernswert?

Die besten Bilder des Cape Epic 2016

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Die 100 besten Bilder des Cape Epic 2016
Hier gibt's einige der besten Bilder des achttägigen Rennens in der Gegend von Kapstadt: Von der Hitze ist frühmorgens noch nichts zu spüren.
quelle: shaun roy/cape epic/sportzpics / shaun roy/cape epic/sportzpics
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654 Kilometer in der Hitze – und im Ziel zusammengeklappt. Unvernünftig oder bewundernswert?

Fanny Bourdon und Jeff Bossler gewannen am Wochenende die Mixed-Kategorie am Cape Epic überlegen. Trotz grossem Vorsprung auf dem allerletzten Zacken. Bourdon fiel nach der Zielankunft vom Mountainbike. Ein Drama mit Happy End.
22.03.2016, 09:4722.03.2016, 10:02
Reto Fehr, Südafrika
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Während acht Tagen kämpfen sich die Fahrer beim Cape Epic jeweils durch die afrikanische Hitze. Oft führt die Route durch karges Land. Staubtrockene Böden und kaum schattenspendende Abschnitte. Keine Frage: Das fordert das Letzte aus den Körpern.

In der Mixed-Kategorie sind keine Profis am Start, die vordersten Plätze machen ambitionierte Hobbysportler unter sich aus. Dieses Jahr dominieren Jeff Bossler und Fanny Bourdon. Er arbeitet als Velo-Journalist und -Mechaniker, sie als Sanitäterin im Spital in Genf.

watson am Cape Epic 2016
watson berichtet in einer losen Folge von einem der härtesten Mountainbike-Etappenrennen der Welt, dem Cape Epic. Während acht Tagen fahren die 1200 Teilnehmer in Zweierteams 650 Kilometer durch die Gegend Kapstadts. Dabei bewältigen sie rund 15'000 Höhenmeter. 52 Schweizer sind mit am Start. Während ganz vorne die Profis den Sieger unter sich ausmachen, mühen sich dahinter die Amateure über die gleiche Strecke. 

Die beiden Franzosen dominieren die Mixed-Kategorie. Sie gewinnen den Prolog und stehen in den ersten fünf Etappen jeweils zuoberst auf dem Podest. Doch am zweitletzten Tag fühlt sich Bourdon nicht ganz wohl. Sie werden Zweite, behalten im Gesamtklassement jedoch einen Vorsprung von 49 Minuten. Am Start der letzten Etappe über knapp 90 Kilometer sagt die Sanitäterin: «Ich habe schlecht geschlafen. Kann kaum was essen.» Bossler ergänzt: «Wir nehmen kein Risiko, der Sieg in der Abschlussetappe wäre zwar ein Highlight, aber wir wollen das einfach ins Ziel bringen.»

Die Zieleinfahrt von Bourdon und Bossler.
YouTube/Reto Fehr

Statt einer Triumphfahrt wird die letzte Etappe zur grossen Qual. Bourdon kann weder essen noch viel trinken. Kaum nimmt sie etwas zu sich, übergibt sie sich. «Die letzten vier Stunden konnte ich nichts mehr behalten», sagt sie danach – und dies während die 27-Jährige die letzte Woche täglich alles von ihrem Körper abverlangte. Als Sanitäterin wüsste sie eigentlich: Das kommt kaum gut.

Auf den grünen Wiesen des Meerendal-Weinguts ist der Tank leer. Kurz vor der letzten Kurve hält sie nach einem Werbebogen an. «Sie dachte, das wäre die Ziellinie gewesen. Ab da musste ich sie die letzten 500 Meter schieben», erzählt Partner Bossler danach. Bourdon ist leer. Ihr Teamkollege schiebt sie ins Ziel, dann fällt die Siegerin erschöpft vom Velo. Sofort eilen Sanitäter herbei.

Bossler versucht die Teamkollegin noch zu halten, aber sie fällt gleich vom Velo.
Bossler versucht die Teamkollegin noch zu halten, aber sie fällt gleich vom Velo.
Bild: Gary Perkin/Cape Epic/SPORTZPICS

«Ich kann mich nicht mehr an die letzten Meter erinnern», staunt Bourdon, als sie das Video ihrer Zieleinfahrt gut eine Stunde später sieht. Sie wirkt zwar noch erschöpft, kann aber wieder lächeln und holte sich auf dem Podest ihre Trophäe ab.

Auch das Zielgelände konnte sie zuvor einige Minuten nach dem Sturz auf den eigenen Beinen verlassen. Die zuerst herbeigebrachte Bahre wurde nicht benötigt. 

Jeff Bossler und Fanny Bourdon: Cape-Epic-Sieger 2016.
Jeff Bossler und Fanny Bourdon: Cape-Epic-Sieger 2016.
Bild: Dominic Barnardt/Cape Epic/SPORTZPICS

Szenen, bei denen die Sportler wirklich alles geben und sich nur noch über die Ziellinie schleppen, gibt es viele. Am bekanntesten ist wohl die Schweizerin Gaby Anderson-Schiess beim Olympia-Marathon 1984 in Los Angeles: 

Gaby Andersen-Schiess auf den letzten Metern bei Olympia 1984.
YouTube/Jean Maylart

Ähnlich eindrücklich sind Sian Welch und Wendy Ingraham beim Ironman auf Hawaii 1997. Völlig entkräftet kriechen die beiden am Ende über die Ziellinie:

«The Crawl», wie der Zieleinlauf 1997 in Hawaii genannt wird.
YouTube/IronmanTriathlon

Als Zuschauer kann man eigentlich kaum hinsehen. Aber wegschauen geht irgendwie auch nicht. Genau solche Dramen zeugen vom unbändigen Willen der Sportler. Für manche sind solche Darbietungen inspirierend, um ebenfalls niemals aufzugeben. Oder der Beweis, dass wir viel mehr könnten, als dass wir uns zutrauen.

Für andere wiederum ist das einfach nur noch völlig unvernünftig. Aber sag mal einem Sportler, der sich während acht Tagen über 654 Kilometer durch die afrikanische Hitze gequält hat, kurz vor dem Ziel, es sei jetzt wohl besser, wenn er aufgeben würde!

Übrigens: Die Early-Bird-Entrys für das Cape Epic 2017 waren innert neun Sekunden ausverkauft.

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Auch diese Wagemutigen mussten leiden: So war es vor einem Jahr am Cape Epic

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