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FC Basel: Noah Okafor spricht über Rassismus, Geld und FIFA

Noah Okafor kann nicht nur gut kicken. Er kann auch in die Kamera lächeln und dich nebenbei trotzdem im Fifa in einer Halbzeit mit 0:5 abzocken.
Noah Okafor kann nicht nur gut kicken. Er kann auch in die Kamera lächeln und dich nebenbei trotzdem im Fifa in einer Halbzeit mit 0:5 abzocken.Bild: kenneth nars / bz
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FCB-Youngster Noah Okafor: «Als ich klein war, sagten Kinder mir, dass ich dreckig bin»

Die bz trifft vor den Partien der Europa League jeweils einen FCB-Spieler in einer speziellen Umgebung. Heute: Gamen mit Noah Okafor. Er spricht über die Gefahren des Profi-Daseins, verlorenen Kontakt zu früheren Freunden und Rassismus.
28.11.2019, 13:5428.11.2019, 14:35
Céline Feller / ch media
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Warum haben Sie beim Fifa-Spiel gegen die bz Paris St. German gewählt?
Noah Okafor: Ich spiele gerne mit dieser Mannschaft. Neymar und Mbappé sind trickreich, schnell und gut. Das passt zu meiner Spielweise, auf der Konsole und auch in echt.

Wie oft spielen Sie Fifa?
An freien Tagen spiele ich gerne gegen meine beiden jüngeren Brüder und gelegentlich gegen die E-Sportler vom FCB. Mit Luca Boller verstehe ich mich sehr gut, seit wir uns 2018 im Trainingslager in Marbella kennengelernt haben. Auch Afimico Pululu und Fabian Frei spielen ab und zu.

«Als ich bei Fifa 18 zum ersten Mal selbst im Spiel auftauchte, war das schon ein bisschen komisch.»

Aber Sie sind der beste Fifa-Spieler beim FCB?
Ich glaube schon (schmunzelt).

Sie können auch mit den E-Sportlern mithalten, haben Boller ab und zu schon geschlagen. Seit wann trainieren Sie an der Konsole?
So mit elf oder zwölf habe ich angefangen. Damals habe ich von meinen Eltern eine Playstation geschenkt bekommen und immer wieder mit meinen Brüdern gespielt. Aber nur Fifa, andere Spiele sind nicht so mein Ding.

Wie ist es, wenn der Charakter Noah Okafor plötzlich selber im Spiel auftaucht?
Als das bei Fifa 18 zum ersten Mal der Fall war, war das schon ein bisschen komisch. Aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Ich spiele aber nicht mit mir selber. Das ist mir dann doch etwas zu komisch.

Sie spielen wahrscheinlich nicht oft mit dem FCB, weil die Mannschaft im Fifa-Spiel nicht so stark ist.
Wenn ich online gewinnen will, kann ich nicht den FCB nehmen. Da hat man gegen Teams wie Barcelona, Bayern oder Real Madrid keine Chance.

In Fifa 20 haben Sie Stärke 68, Silvan Widmer ist mit 76 der beste Basler. Sind diese Fifa-Werte in der Kabine ein Thema?
Nein, darüber reden wir nicht gross. Ich weiss nur, dass ich von Fifa 19 zu Fifa 20 ein Upgrade von neun Stärkepunkten erhalten habe. Wenn ich mir den FCB so als Ganzes anschaue, finde ich, dass die Spieler ziemlich gut bewertet worden sind. Doch mir ist schon aufgefallen, dass viele junge, eher unbekannte Spieler am Anfang nicht so gut eingestuft werden.

Bild
Bild: screenshot fifa20

Wer legt die Stärke eines Spielers bei Fifa fest?
Ich weiss es nicht. In den grossen Ligen. kommen Ea-Sports-Leute vorbei und scannen die Gesichter und die Bewegungen der Spieler, beim FCB jedoch nicht. Mit meiner Optik bin ich trotzdem einigermassen zufrieden.

«Feste oder Verabredungen mit meinen Schulfreunden konnte ich wegen der vielen Turniere und Trainings selten besuchen.»

Haben Sie jetzt, wo Sie Fussballprofi geworden sind, mehr Zeit zum Gamen als vorher?
Schon, aber ich übertreibe es nicht. Unter der Woche spiele ich selten. Meistens dann am Wochenende ein paar Stunden zum Entspannen.

Sie haben mit 17 einen Profivertrag erhalten. Wie war das für Sie als Kind Profifussballer zu werden?
Es ging relativ schnell, das stimmt. Am Anfang war das etwas viel, aber ich kam schnell damit klar. Mittlerweile ist es eine Gewohnheit.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Jugendfreunden?
Nicht wirklich.

Warum nicht?
Das ist schwierig zu sagen. Ich bin meinen Weg gegangen. Dabei musste ich auf viel verzichten. Feste oder Verabredungen mit meinen Schulfreunden konnte ich wegen der vielen Turniere und Trainings selten besuchen. Heute habe ich es geschafft und darf meinen Traum als Profifussballer leben. Von dem her muss ich sagen, dass es sich gelohnt hat. Doch ich habe deswegen auch leider keinen Kontakt mehr zu meinen früheren Freunden. Meine jetzigen Kollegen habe ich alle über den FCB kennen gelernt.

Müssen Sie als junger FCB-Star vorsichtig sein, nicht an falsche neue Freunde zu geraten?
Da haben Sie Recht. Wenn man Erfolg hat und im Rampenlicht steht, wollen viele etwas von dir. Ich versuche, allen gerecht zu werden. Aber einige wollen einfach nur von deiner Popularität profitieren. Das hatte ich aber von Anfang an recht gut im Griff. Wahre Freunde oder Familie zeichnen sich dadurch aus, dass sie in guten und in schlechten Zeiten zu dir halten.

Wie das das für Ihre Eltern, plötzlich einen Profifussballer daheim zu haben?
Wenn mein Vater durch Arisdorf oder auch durch Basel läuft, wird er öfter erkannt als früher und auch öfter angesprochen. Er ist zwar schon länger in der Schweiz. Doch obwohl er schon immer eine andere Hautfarbe hatte, wurde er nie so angeschaut, wie jetzt, wo man mich und ihn kennt.

Gab es deswegen Probleme?
Keine wirklichen Probleme. Aber es gab schon die eine oder anderen Situation, wo er nicht ernst genommen oder rassistisch beleidigt wurde.

Haben Sie ähnliche Probleme wie ihr Vater?
Als ich noch klein war sagten Kinder auch schon, ich sei dreckig, weil ich eine andere Hautfarbe habe. Aber das liess mich damals schon kalt. Heute sind diese Vorfälle weniger geworden. Doch es kommt immer wieder vor, dass ich einfach auf hochdeutsch angesprochen werde. Zuletzt von einer Frau mitten in Basel.

«Als ich im Joggeli Ballbub war, wollte ich wie Breel Embolo werden.»

Wie haben Sie reagiert?
Ich habe einfach Schweizerdeutsch geredet. Mittlerweile sollten die meisten wissen, dass ich das kann.

Nervt Sie Ihre immer grösser werdende Bekanntheit im Alltag?
Nicht wirklich. Wenn einer ein Foto machen will oder ein Autogramm wünscht, ist das schon ok. Ich erinnere mich noch, als ich selber klein war. Da fand ich das auch immer schön, wenn einer der FCB-Stars mir ein Bild oder ein Autogramm gegeben hat.

Wer war denn Ihr grosses Vorbild?
Als ich im Joggeli Ballbub war, wollte ich wie Breel Embolo werden. Von ihm habe ich mir damals auch ein Autogramm geholt.

Plötzlich spielen Sie gemeinsam mit ihm für die Schweizer Nati.
Das ist schon speziell, wirklich sehr speziell. Früher war er mein Vorbild, jetzt ist er ein guter Freund von mir. Er gibt mir Tipps. Davon kann ich profitieren.

Gibt es Dinge, die Sie eigentlich gerne machen würden, aber als Fussballprofi nicht dürfen?
(überlegt lange) Ich muss schon aufpassen. Was ich in gewissen Situationen anziehe zum Beispiel. Aber ich kann mich frei bewegen. Wenn ich dann halt mal an die Herbstmesse oder so gehe, kommen einige Leute auf mich zu. Es kann auch sein, dass mir das dann irgendwann zu viel wird, aber es gehört dazu.

Was dürfen Sie denn nicht tragen?
Andere Sport-Marken. Im Verein darf ich zum Beispiel Adidas anziehen, aber in der Freizeit nicht, weil ich persönlich von Nike ausgerüstet werde. Andere Marken wie Puma darf ich überhaupt nicht tragen.

Was passiert, wenn Sie es doch machen?
Wenn mich jemand fotografiert und das dann an die Öffentlichkeit kommt, gibt es eine Busse. Das ist mir zum Glück aber noch nie passiert. Aber ich muss mir mehr Gedanken als früher machen, bevor ich das Haus verlasse.

Wie gehen Sie mit Ihrem Marktwert um? Bei Fifa kosten Sie sechs Millionen. Viel Geld oder?
Schlussendlich zählt nur die Leistung auf dem Platz. Heutzutage sind die Zahlen sowieso verrückt. Ob ich jetzt fünf, zehn oder zwanzig Millionen koste, spielt für mich keine Rolle. Ich versuche fussballerisch mein Bestes zu geben und Schritt für Schritt zu schauen wohin mich mein Weg führt.

«Mir ist meine Persönlichkeit viel wichtiger als mein Marktwert.»

Aber Sie haben doch sicher schon geschaut, wie viel Sie wert sind?
Nein, wirklich nicht. Aber ich bekomme es von Freunden geschickt oder sehe es selber irgendwo in den Medien.

Sie sind jetzt 19 Jahre alt und bereits mehr wert, als die meisten anderen Menschen auf der Welt je verdienen werden.
Es ist schon speziell, aber es bringt wirklich nichts, sich zu viel damit zu befassen. Mir ist meine Persönlichkeit viel wichtiger als mein Marktwert.

Wie haben Sie gelernt, mit Geld umzugehen?
Mein Vater kam in die Schweiz und hat mit wenig viel erreicht. Er weiss, wie man sparsam lebt und hat mich auch so erzogen. Von dem her kann ich gut damit umgehen, wenn ich jetzt etwas mehr verdiene.

Zahlen Sie Miete zu Hause?
Was mir gehört, gehört auch meiner Familie. Was ihnen gehört, gehört auch mir.

Was ist das teuerste, was Sie sich bisher geleistet haben?
Mein Sportwagen. Das war schon immer irgendwo ein Traum von mir. Seit Januar habe ich auch den Führerschein. Da braucht es auch ein Auto dazu.

Mussten Sie um Erlaubnis fragen, bevor Sie sich Ihr Auto kauften?
Schlussendlich ist es immer meine Entscheidung. Mein Vater gibt mir zwar viele Tipps, aber er hat mir noch nie verboten, etwas zu kaufen.

Was müssen Sie noch machen, damit Sie irgendwann ähnlich gut sind wie Ihre Fifa-Vorbilder Mbappé und Neymar?
Am Boden bleiben und weiter arbeiten. Ans Limit gehen, sich steigern und vor allem immer positiv bleiben.

Was hält einen denn auf dem Boden?
Nicht abheben und sich daran erinnern, woher man kommt. Man muss sich selber treu bleiben, den gleichen Humor haben und sich gleich benehmen. Egal, ob du jetzt Erfolg hast oder nicht. Da übernimmt auch mein Vater eine wichtige Coaching-Rolle.

Wann muss er Sie bremsen?
Nicht oft. Er weiss, dass ich grundsätzlich ein ruhiger Typ bin. Aber er war zum Beispiel dafür, dass ich hier beim FCB meinen Vertrag bis 2023 verlängere und nicht die Angebote aus dem Ausland, die es durchaus gab, annehme. Da habe ich auf seinen Rat gehört. (aargauerzeitung.ch)

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Zürcher Reizfiguren beim FC Basel
Christian Gross. Zürcher Polizistensohn. Als Spieler und Trainer erfolgreich bei GC, von 1999 bis 2009 Trainer des FC Basel.
quelle: keystone / patrick straub
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