Was ist Fussball? Was ist der Sport generell? Unterhaltung. Das scheinen viele Kommentatoren in Deutschland gerade vergessen zu haben. Sie holen zum verbalen Zweihänder aus und prügeln auf Pierre-Emerick Aubameyang ein.
Dabei hat Dortmunds Goalgetter doch nur ein Tor bejubelt. Extravagant, wie es seine Art ist. So, dass wir uns in absehbarer Zeit an den Jubel erinnern werden, aber kaum an den Treffer an sich.
Aubameyang zelebrierte sein 1:0 auf Schalke, indem er den maskierten Stürmer mimte. Etwas, das der Gabuner schon öfter gemacht hat. Bei seinem vorherigen Klub AS Saint-Etienne, aber auch schon als Dortmunder in Revierderbys gegen Schalke.
Dennoch sind Kommentatoren nun ausser sich und tun so, als wäre dieser Jubel das schlimmste Fussball-Vergehen seit Luis Suarez' Biss in Giorgio Chiellinis Schulter an der WM 2014. Mit diesem Jubel brüskiere Aubameyang seinen Arbeitgeber. Er habe seiner Mannschaft damit einen Bärendienst erwiesen, denn Schalke sei dadurch provoziert worden. Pierre-Emerick Aubameyang gefährde deshalb mit seinem Gebaren den sportlichen Erfolg Dortmunds. Das wirft man jenem Spieler vor, der Schütze von 24 Toren in 24 Ligaspielen in dieser Saison ist.
Ewig lang wurde im «Doppelpass», dem heiligen Bundesliga-Sonntagstalk auf «Sport1», der «Fall Aubameyang» diskutiert. Jedes Medium berichtet darüber.
Der Clou: Damit hat der private Sponsor des Stürmers sein Ziel erreicht und vermutlich gar übertroffen. Denn das Nike-Logo war zwar auf der Maske zu sehen, und es handelt sich dabei um eine Konkurrenzfirma von Dortmunds Ausrüster Puma. Allerdings braucht es die Aufmerksamkeit des Betrachters und das Suchen nach dem Logo, um es tatsächlich zu erkennen. Wer sich einfach nur über eine aussergewöhnliche Aktion freut, der sieht keine Symbole, der sieht nur einen Stürmer mit Maske.
Eine Puma-Sprecherin sagte, man erwarte, dass Borussia Dortmund den Spieler bestrafe. Das dürfte auch geschehen, gemäss der Bild-Zeitung soll Masken-Jubler Aubameyang mindestens 50'000 Euro Strafe blechen müssen. Wetten, dass Nike die Busse übernimmt und diese Summe noch so gerne bezahlt, weil der Werbewert der Aktion um ein x-faches höher ist? In der ganzen Debatte fällt der Name von Aubameyangs Sponsor gefühlt zehn Mal so oft wie jener von Dortmunds Ausrüster.
Die Relationen wahrte BVB-Trainer Thomas Tuchel. Im Gegensatz zu den meisten Reportern hat er offenbar erkannt, dass der Fussballsport ein Teil des Unterhaltungsgeschäfts ist: «Ich bin mir ziemlich sicher: Wenn Sie in zehn Jahren über das Derby berichten, werden Sie auch Jubelbilder mit Maske wieder zeigen. Deshalb finde ich es ein bisschen heuchlerisch, daraus jetzt plötzlich eine arrogante Geste zu machen», sagte Tuchel und nahm Aubameyang so – zumindest in der Öffentlichkeit – in Schutz.
Der 27-jährige Angreifer äusserte sich auf Instagram. Er schrieb: «Ich soll arrogant sein? Ach kommt, so bin ich nun einmal.» Er sei wie ein Kind, das einfach gerne Fussball spiele.
Einzig, dass er für wegen übertriebenem Torjubel eine Gelbe Karte erhalten hat, kann man Aubameyang ankreiden. Es war seine dritte Verwarnung der Saison, bei der fünften wird man in der Bundesliga für eine Partie gesperrt. Selbst eine so offensivstarke und breit besetzte Mannschaft wie Dortmund kann seinen Toptorjäger nicht einfach so ersetzen.
Aber das ist bloss eine Randnotiz. Die Bilder, die um die Welt gehen, sind nicht jene vom Schiedsrichter mit der Gelben Karte in der Hand. Sondern vom jubelnden Torschützen mit seiner Maske. Aubameyang macht Dortmund populär, er sorgt mit der Einlage für Bundesliga-Bilder im hintersten Winkel der Erde. Denn diesen Jubel zeigen alle: It's showtime!
Nur die ernsten Deutschen sehen darin lieber Probleme, anstatt sich über den Spleen des Afrikaners zu freuen. Und dann fragen sie sich wieder, weshalb ihre Liga auf globaler Ebene nicht auch so populär ist wie die Premier League.
Vielleicht jubelt «Auba» das nächste Mal einfach stramm wie ein stolzer Soldat. So wie es der Ex-Dortmunder Andy Möller im EM-Halbfinal 1996 gegen England machte. Das würde den Nörglern in Deutschland sicher besser gefallen.
Deshalb hat Möller den Jubel nach dem Sieg gegen England im Elfmeterschiessen so zelebriert.
Also nix strammer Soldat und verstecktes Deutschland Bashing.