Sie haben gehofft, geträumt, gezittert und gelitten, doch am Ende wurden sie einmal mehr enttäuscht. Die englischen Fans mussten mit ansehen, wie ihr Nationalteam an einem grossen Turnier vor dem Endspiel scheitert (1:2 im Halbfinal gegen Kroatien). So knapp wie dieses Jahr in Russland war es schon lange nicht mehr.
Hyde Park when Kieran Trippier's goal went in. #ENG #ThreeLions pic.twitter.com/gcgavagmrD
— 🇫🇷 vs 🇭🇷 Football Tweet (@Football__Tweet) 11. Juli 2018
Die Stimmung auf der britischen Insel begeisterte bis hierhin, mitten im europäischen Festland. In den englischen Public Viewings gab es keine Bierduschen, sondern regelrechte Bier-Platzregen. Vielerorts hätte man den «Three Lions» die Erlösung gegönnt – den zweiten WM-Titel, den ersten seit 1966. Aber es kam anders.
Und das ist gut so.
Denn nach der Niederlage gegen Kroatien bleibt England weiterhin England. Ein Mythos. Ein Team, das im Vorfeld jedes Turniers immer zu den Mitfavoriten zählt und letztlich doch scheitert. Einer der Gründe, weshalb sie überhaupt so viele Sympathien haben.
Irgendwann wird die Erlösung kommen. Dann werden die grossen Erwartungen in der Heimat bestätigt. Den standesgemäss übertriebenen Statements der englischen Medien wird Rechnung getragen. Und das Gefühl des Erfolgs wird süsser sein für jedes Jahr, das man zusätzlich leiden musste. Fragt mal die Fans der Young Boys, die können ein Lied davon singen.
Will England vom ständigen Warten endlich erlöst werden, muss dies verdient sein – genau wie bei YB in der vergangenen Saison.
Denn verdient wäre es dieses Jahr noch nicht gewesen. Klar, die junge Mannschaft von Trainer Gareth Southgate stand im Halbfinal und so etwas kommt nicht von ungefähr. So richtig überzeugt haben sie im ganzen Turnier allerdings höchstens zwei Mal. Beim Schützenfestival gegen Panama und beim souveränen Sieg gegen Schweden im Viertelfinal.
Ansonsten resultierte ein knapper Last-Minute-Sieg gegen Tunesien. Eine Niederlage gegen Belgien. Ein (historischer) Sieg im Penaltyschiessen gegen Kolumbien, obwohl dort laut englischen Medien 70 Prozent der Leistung hätten reichen müssen. Und nun die Niederlage gegen Kroatien.
Das Einzige, was bei den «Three Lions» restlos überzeugt hat, waren die Standardsituationen. 75 Prozent ihrer Tore erzielten sie nach einem ruhenden Ball. Der Turnierdurchschnitt liegt bei 43,5 Prozent. Im Spielaufbau und im defensiven Stellungsspiel gab es aber immer noch gewisse Mängel.
Mängel, die sie bis zu den nächsten wichtigen Auftritten nun korrigieren können. Denn England ist die Mannschaft der kommenden Jahre. Jesse Lingard, Dele Alli, Raheem Sterling, Harry Kane und Marcus Rashford sind allesamt 25 Jahre oder jünger und werden noch einige Turniere bestreiten können.
Zudem stehen weitere Talente für die nächsten Jahre bereit: Youngsters wie Ryan Sessegnon, Jadon Sancho oder Tom Davies, die sich bereits in Profiligen bewiesen haben, oder Spieler aus den U20- oder U17-Nationalmannschaften, die vergangenes Jahr beide zum ersten Mal überhaupt den Weltmeistertitel feiern durften.
Sie wollen dafür sorgen, dass die A-Mannschaft bald nachzieht. In der Gegenwart stehen Kroatien und Frankreich im Rampenlicht. Doch die Zukunft gehört England.