Im Sommer 2017 wechselt Michael Frey zum FC Zürich. Dort unterschreibt er einen Vertrag bis 2021. Vier Jahre lang erhält er also garantiert einen Lohn von, wie es heisst, 500'000 Franken im Jahr. Egal, ob er gesund ist oder ob er wie vor einigen Jahren beinahe 12 Monate lang wegen einer schweren Verletzung ausfällt. Der Vertrag gibt Frey eine Sicherheit in einem unberechenbaren Geschäft. Und der FC Zürich kann langfristig mit einem talentierten Goalgetter planen.
Aber das ist nur die Theorie. In der Praxis ist es so, wie es Fredy Chassot, der frühere Publikumsliebling im Letzigrund, kürzlich im Magazin Zwölf gesagt hat:
In seiner ersten Saison ist Frey beim FCZ mit zwölf Liga-Treffern der beste Torschütze. Die Hälfte der Tore schiesst er im Saisonendspurt und er trifft auch beim Sieg im Cupfinal gegen seinen Ex-Klub YB. Vorausgegangen war eine interne Suspendierung Freys, dessen Verhalten im Training Trainer Ludovic Magnin gestört hatte. Der Eindruck, dass dieser Michael Frey kein einfacher Spieler ist, lässt sich nicht wegreden.
Aber ein guter Fussballer, das ist der Berner eben auch. Frey ist ein bulliger Stürmer, ein «Brecher», einer der seine 1,89 Meter im Zweikampf einzusetzen weiss. Dass so einer auch ausserhalb Zürichs Interesse weckt, erstaunt nicht. Fenerbahce will ihn nach Istanbul holen und seinen Lohn verdoppeln. Je nach Erfolg liegt gar eine Verdreifachung drin: Bis zu 1.5 Millionen Euro könnte Frey bei «Fener» verdienen und deshalb streben er und seine Berater auch einen Wechsel in die Türkei an. Das ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar, denn das Gehalt ist verlockend und der Klub einer mit Rang, Namen und leidenschaftlichen Anhängern.
Der FC Zürich verhandelt mit Fenerbahce über einen Transfer, doch er bricht die Gespräche schliesslich ab. Frey darf nicht gehen, weil dem Klub die Zeit davon rennt, einen Ersatz zu verpflichten. Das Transferfenster schliesst Ende August und der FCZ hat nach Beginn der laufenden Saison mit Raphael Dwamena bereits seinen anderen Top-Stürmer (zu UD Levante) verkauft. Daher ist das Verhalten des Klubs nachvollziehbar, schliesslich hat er sich Ziele gesteckt, welche ohne Stürmer im Kader schwierig zu erreichen sind.
Frey könnte das als Chance sehen. Der Klub, der ihm einen langfristigen Vertrag gegeben hat, setzt so sehr auf ihn, dass er ihn nicht einfach so gehen lässt. Der Angreifer könnte seinen Frust über den geplatzten Wechsel als Antrieb nutzen, auf dem Platz noch mehr zu geben und noch mehr Tore zu erzielen. So könnte er seinen Arbeitgeber glücklich machen und zugleich weiterhin bei anderen Klubs im Gespräch bleiben. Vielleicht stimmen Offerte und Zeitpunkt ja in einem halben Jahr oder im nächsten Sommer für alle Beteiligten und Frey kann wieder ins Ausland wechseln, wo er schon einmal (OSC Lille) war.
Doch Frey zieht es vor, zu trötzeln. Das Cupspiel bei Concordia Basel lässt er sausen, er weigert sich angeblich zu spielen und soll laut dem Blick sogar angekündigt haben, nie mehr für den FC Zürich auflaufen zu wollen. Daraufhin suspendiert der Klub seinen torgefährlichsten Mann. Zum zweiten Mal innert wenigen Monaten. Am Sonntag im Klassiker gegen Basel verzichtet der FCZ freiwillig auf Frey, der in dieser Saison noch nicht getroffen hat.
Es ist wirklich keine Neuigkeit, dass Fussballern Geldgier vorgeworfen wird und dass sie – wie die meisten «normalen» Arbeitnehmer – bei einem deutlich höheren Lohnangebot einen Wechsel anstreben. Das geflügelte Wort, dass Verträge dazu da sind, gebrochen zu werden, ist ebenfalls bekannt. Doch das Theater, das gewisse Spieler veranstalten, ufert je länger je mehr aus.
Michael Frey hat prominente Vorgänger. Ousmane Dembélé bockte so lange, bis ihn Borussia Dortmund an den FC Barcelona verkaufte. Pierre-Emerick Aubameyang verliess den BVB nach monatelangem Trotzen zu Arsenal. Die Botschaft, die haften bleibt, ist, dass die Spieler mit ihren Beratern die Macht von den Klubs übernommen haben. Wer sich nur lange genug quer stellt, erhält am Ende, was er will.
Ob sie beim FC Zürich noch stark an so einem Spieler hängen, ist fraglich, Tore hin oder her. Beim nächsten Angebot, das für den Klub stimmt, könnte Frey die Freigabe erhalten. Er legt es mit seinem Verhalten geradezu darauf an, dass man ihn gehen lässt.
Sie sollten ihm dann im Letzigrund nicht hinterher weinen. Und die Klubbosse dürften sich bei der Verpflichtung seines Nachfolgers noch mehr als sonst Gedanken über dessen Charakter machen.