Nun soll sie also wirklich kommen: die Super League im Fussball. Schon oft wurde darüber diskutiert, nun haben zwölf europäische Topklubs nach monatelangen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen bestätigt, dass sie «so bald wie möglich» eine exklusive Superliga gründen und für viel Geld unter der Woche nur noch gegeneinander spielen wollen.
Die Pläne sind schon ziemlich konkret. Zu den 12 Gründungsmitgliedern sollen noch drei weitere dazustossen, zudem werden sich jede Saison fünf zusätzliche Vereine für die Super League qualifizieren können. Es sind zwei Zehner-Gruppen geplant, der Sieger soll dann über K.o.-Spiele ermittelt werden.
Auch das Wichtigste ist schon geregelt – die Finanzen: Mit der US-amerikanischen Investmentbank JPMorgan steht der erste Sponsor bereit – mehrere Milliarden sollen in das neue Projekt gepumpt werden. Die Gründungsvereine sollen «eine einmalige Zahlung von rund 3,5 Milliarden Euro» als Startkapital erhalten. Danach soll es pro Saison eine Startprämie von rund 100 Millionen Euro pro Klub geben, bei erfolgreichem Abschneiden sogar noch deutlich mehr. Geld, das die Klubs zur Tilgung ihrer Corona-Schulden brauchen könnten.
Dennoch: Dass die Super League bald kommt, kann man sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so richtig vorstellen.
Zum einen ist da der grosse Widerstand der bisherigen «Big Player» im europäischen Fussball. Die UEFA und FIFA haben die Super-League-Pläne sofort aufs Heftigste kritisiert und drastische Konsequenzen angedroht. Den zwölf Super-League-Klubs könnte in Zukunft die Teilnahme an anderen Wettbewerben auf nationaler, europäischer oder weltweiter Ebene untersagt werden und ihren Spielern könnte die Möglichkeit verweigert werden, ihre Nationalmannschaften zu vertreten.
Keine nationalen Meisterschaften mehr für die europäischen Topklubs? Keine Superstars an der EM und WM? Das scheint momentan sehr unwahrscheinlich. Noch dürfte sich trotz der grossen finanziellen Anreize hoffentlich kein Top-Fussballer überzeugen lassen, ausschliesslich um die traditionslose «JPMorgan Trophy» zu spielen statt um Weltpokal, Henkelpott oder die altehrwürdigen nationalen Titel. Und wo bleibt der Reiz der grossen Spiele, wenn jedes Spiel plötzlich ein grosses sein soll?
Dann ist da auch noch der Widerstand der Fans. Nicht einmal die finanzstärksten Klubs können es sich leisten, einen Grossteil der eigenen Basis zu vergraulen. Zwar befindet sich auch das Fan-Wesen momentan in einem Struktur-Wandel. Neben den traditionellen Anhängern werden durch die Digitalisierung des Erlebnisses Fussball zunehmend auch die flüchtigen Mode-Fans aus der Tik-Tok-Welt zur wichtigen finanziellen Kraft.
Doch die Stimme der organisierten Fans hat noch immer viel Gewicht. Das ist auch mit ein Grund, warum Bayern München und Borussia Dortmund nicht zu den Gründungsmitgliedern der Super League gehören. Schliesslich sind die Fussball-Anhänger in Deutschland, wo immer noch die 50+1-Regel gilt, gegenüber der Kommerzialisierung im Fussball noch deutlich kritischer eingestellt als die Fans in England, Spanien oder Italien.
Aber auch Real Madrid, Manchester United und Juventus Turin wissen eigentlich, dass die Zeit für eine Super League nicht reif ist. Zu gut fahren sie momentan noch immer mit dem herkömmlichen Modell, zu viel steht auf dem Spiel.
Die Ankündigung der neuen Super League ist vielmehr als Drohung im Verteilkampf der Fussball-Millionen mit der UEFA zu verstehen. Die Pläne für eine Superliga nahmen schon in der Vergangenheit immer dann wieder Fahrt auf, wenn TV-Verträge neu verhandelt und Strukturen überdacht wurden.
Das ist auch dieses Mal der Fall: Heute Montag tagte das UEFA-Exekutivkomitee, dabei wurde die umstrittene Aufstockung der Champions League von 32 auf 36 beschlossen. Doch diese geht den Superreichen noch zu wenig weit. Mit ihren Plänen wird der Forderung Nachdruck verliehen, dass der Zugang für die Topklubs zu den Honigtöpfen der Champions League noch einfacher und am besten gleich alljährlich garantiert wird. Nur wer die Champions League nicht verpassen kann, kann nachhaltig planen, pflegen die Super-League-Klubs zu argumentieren.
Dass die neuen Superliga-Pläne so konkret sind wie noch nie zuvor, muss nicht zwingend für deren Durchsetzung sprechen. Zumindest nicht in absehbarer Zeit. Der neue Vorstoss wirkt viel mehr wie ein Fühlen des Pulses: Die Superreichen wollen schauen, wie die Fussball-Welt auf einen allfälligen Alleingang der Superreichen reagiert und was für Probleme auf sie warten könnten. Daraus werden Erkenntnisse gewonnen, die nützlich sind, wenn die Zeit für eine Super League wirklich reif ist. Wann immer das sein wird.
Und wenn sie kommt, die neue Super League, was dann? Dann kommt sie halt! Am Ende wird das Publikum entscheiden, ob sie sich durchsetzt. Natürlich will jeder Fussball-Fan grundsätzlich die Besten spielen sehen. Aber zu welchem Preis? Das muss dann jede/r für sich selbst entscheiden.
Die Spiele sind dann auch nicht mehr in Europa sondern in Katar, China oder sonst wo.
Wenn die Spitze dermassen abgehoben ist sollen sie entfliehen. Eventuell kann der Rest dann in Ruhe gesund werden.
Amateurfussballiebe! Bier und Bratwurst!