Um 18.55 Uhr betreten die Young Boys Neuland: In Turin bestreiten sie gegen Juventus Turin das erste Champions-League-Auswärtsspiel ihrer Klubgeschichte. Rund 2000 YB-Fans sind mitgereist, um live dabei zu sein.
Auch wer nicht in Turin ist, muss fürs Zuschauen Geld in die Hand nehmen. Für ein Pay-TV-Abo, für den Kauf des einzelnen Spiels beim Pay-TV-Anbieter oder für den Gang in eine Bar, welche die Partie überträgt. Rechteinhaber Teleclub übertragt das Spiel nur im Pay-TV.
Sparen lässt sich das Geld, wenn man einen illegalen Internet-Stream findet (der womöglich just dann abbricht, wenn Guillaume Hoarau in der 87. Minute beim Stand von 1:1 zum Penalty antritt).
Doch das Geld ist gar nicht das Problem. Alles im Leben kostet. Wir gehen ins Kino und ins Restaurant, amüsieren uns im Ausgang, lassen uns vom Musik-Stream berieseln und reisen auf der ganzen Welt herum. Die 7.50 Fr., die für Juventus gegen YB hingeblättert werden müssen, tun niemandem weh. Wer das Spiel unbedingt sehen will, soll bezahlen.
Wesentlich ärgerlicher ist die Unübersichtlichkeit im TV-Angebot. Swisscom oder UPC? Sunrise?! Fernseher oder Laptop? Welcher Anschluss in der Wohnung? Alles Fragen, die im Vorfeld zu klären sind, ehe man sich zum Kauf einer Fussballübertragung entschliessen kann. Und zum Bezahlen braucht's mal ein Benutzerkonto, mal reicht eine Kreditkarte. Mal kann man die Ausgabe direkt zu den Abo-Gebühren dazurechnen, mal muss man noch alles auf dem Smartphone bestätigen. Das muss einfacher gehen!
In Schweizer Läden kann man seit einiger Zeit einfach die Maestro- oder Kreditkarte an einen Scanner halten und der Einkauf ist bezahlt. Viel einfacher geht's nicht. Genau so simpel muss es im TV-Bereich werden.
Wir wollen nicht zwischen verschiedenen Anbietern auswählen müssen. Wir wollen aus dem ganzen Angebot auswählen können und wir wollen dafür ganz einfach bezahlen. Und nicht: Fussball gibt's nur bei Anbieter A, Eishockey bei Anbieter B und manchmal auch bei Anbieter A und C, aber nur am Dienstag – sofern es nicht Cup ist – und selten auch am Freitag, es sei denn, der Mond ist abnehmend in einem Monat, der nur 30 Tage hat und die Anspielzeit ist nicht 20.30 Uhr. Das führt zu Situationen wie jetzt, in der fast niemand mehr den Überblick hat.
Dabei hat es die junge und jüngere Generation zwischen 20 und 40 Jahren dank grösserem Technikverständnis noch verhältnismässig einfach. «Chasch jo mit eme Stick luege, wenn Cablecom häsch», sagt ein jüngeres Redaktionsmitglied, als wir das Thema diskutieren. Man stelle sich je nach Alter einen Vater oder eine Grossmutter vor, die irgendwo im hinteren oberen Emmental verzweifelt versuchen, den YB-Match zu schauen. Auf SRF 2 können sie heute stattdessen den Koch David Rocco nach Asien begleiten. Sticky rice statt Stick für YB.
Das hört sich jetzt vielleicht alles nach Klagen im Stile von «früher war alles besser» an. Das war es nicht, noch nie war die Auswahl so gross wie heute. Doch diese Wahl ist wahrhaftig eine Qual. Und so lange das so sein wird, so lange werden sich Zuschauer ärgern und ihr Geld für sich behalten. Das Interesse am Fussball ist zweifellos vorhanden. Aber die TV-Macher schaffen es nicht, den Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen, welches diese bereit sind, los zu werden.
Auch die Klubs müssen ein Interesse daran haben, dass ihre Spiele von möglichst vielen Zuschauern gesehen werden. Man muss kein Prophet sein: Sehr viele Fussballfans in unserem Land werden Juventus Turin – YB heute Abend nicht sehen. Entsprechend wird das Spiel morgen in Schweizer Büros, auf den Baustellen und auf den Pausenplätzen ein weniger grosses Gesprächsthema sein, als es das sein könnte – auch weil das SRF erst ab Mitternacht Zusammenfassungen der Champions-League-Spiele bringen darf. Das kann nicht im Interesse des BSC Young Boys sein, nicht im Interesse des Fussballs.