Kimia Alisadeh war gerade erst 18 Jahre alt geworden, als sie in die iranische Sportgeschichte einging. In der Klasse bis 57 Kilogramm gewann sie an den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro die Bronzemedaille im Taekwondo. Es war das erste Mal, dass eine iranische Frau olympisches Edelmetall holen konnte. Als «Tsunami» wurde sie gefeiert.
Der glückliche Tag ist mehr als drei Jahre her. Es folgten andere schöne Momente wie der Gewinn von WM-Silber 2017. Aber auch viele Tage, an denen Alisadeh unglücklich war. Nun ist sie geflüchtet, frustriert von den Zuständen zuhause.
Sie sei «eine der Millionen unterdrückten Frauen im Iran», schreibt Alisadeh auf Instagram. Sie sei gezwungen, einen Hidschab zu tragen, und werde vom Staat als Propagandainstrument benutzt, teilt sie mit. Funktionären warf sie Sexismus vor. Die Regierung würde zwar ihre sportlichen Erfolge politisch ausnutzen, dennoch werde sie gedemütigt. Etwa damit, dass Taekwondo kein Sport für Frauen sei: «Es ist nicht tugendhaft für eine Frau, sich die Beine zu vertreten.»
Es sei ihr schwer gefallen, den Iran zu verlassen, erklärte die 21-Jährige, doch der Schritt sei notwendig gewesen: «Ich trug immer das, was sie mir befahlen. Ich leierte immer das herunter, was sie mir sagten. Wir sind nichts wert, für sie sind wir bloss Werkzeuge.»
Wo sie sich aufhält, ist nicht bekannt. Die Kampfsportlerin schreibt: «Niemand hat mich nach Europa eingeladen und ich habe kein verlockendes Angebot erhalten. Aber ich akzeptiere den Schmerz und die Härte des Heimwehs, weil ich nicht Teil von Heuchelei, Lügen, Ungerechtigkeit und Schmeichelei sein wollte.» Die iranische Nachrichtenagentur Isna meldete, Alisadeh sei in Holland.
Man könne keine Sportlerin zwingen, im Iran zu bleiben, wurde die stellvertretende Sportministerin Mahin Farhadisad zitiert. Der Parlamentarier Abdolkarim Hosseinsadeh sprach von inkompetenten Beamten, die es zuliessen, dass «Humankapital des Irans» fliehe.
Der Fall der Taekwondo-Kämpferin ist ein weiterer in einer Reihe von Sportlern, die in den vergangenen Monaten mit der iranischen Regierung gebrochen haben. Im September flüchtete Saeid Mollaei, 2018 Judo-Weltmeister, nach Deutschland, weil man ihn angewiesen hatte, vor einem drohenden Duell gegen einen Israeli forfait zu geben. Aus einem ähnlichen Grund kündigte Aliresa Firousja, der beste Schachspieler des Landes, im Dezember an, nicht mehr für den Iran anzutreten. Und Aliresa Faghani, der an der Fussball-WM 2018 zum besten Schiedsrichter gewählt wurde, setzte sich nach Australien ab.
Shohreh Bayat - the first woman ever to be General Secretary of a sport federation in #Iran. The only female Category-A International Arbiter in Asia. A great ambassador for her country. pic.twitter.com/18H8ESqwkp
— Nigel Short (@nigelshortchess) January 9, 2020
Derzeit verärgert Shohreh Bayat die Offiziellen in ihrer Heimat. Sie ist Chef-Schiedsrichterin der Schach-WM der Frauen, welche derzeit in Schanghai ausgetragen wird. Bayat bewegt sich seit dem vierten Turniertag ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit. Dass sie vom iranischen Schachverband und staatlichen Medien deswegen bedroht wird, ignoriert die 32-Jährige. Sie habe sich entschieden, nach der WM nicht in die Heimat zurückzukehren, sagte sie der ARD, aus Angst vor einer Bestrafung. Der Weltschachverband liess verlauten, man sorge sich um Bayats Sicherheit.
Taekwondo-Kämpferin Kimia Alisadeh sagt, sie wünsche sich nichts anderes als Taekwondo, Sicherheit und ein glückliches und gesundes Leben. «Mein unruhiger Geist passt nicht zu ihren schmutzigen Wirtschaftsbeziehungen und ihrer politischen Gesinnung.» Aber trotz allem betont sie: «Ich bleibe eine Tochter des Irans, wo auch immer ich bin.»
Kimia Alisadeh wünsche ich viel Kraft auf das Sie irgendwann stolz in ihr wunderschönes Land ohne Angst auf Repression zurückkehren kann.