Wenn morgen Roger Federer im Wimbledon-Halbfinal auf Rafael Nadal trifft, dann drückt ihm die ganze Schweiz die Daumen. Die ganze Schweiz? Nein. Es gibt sie tatsächlich: Schweizer, die Anhänger des grossen Rivalen sind und vor dem TV «Vamos Rafa!» rufen. Einer von ihnen ist der 39-jährige Christian Rüegg aus Eschenbach SG.
Christian Rüegg, Sie sind Schweizer, hoffen aber beim Tennis-Klassiker Federer – Nadal auf einen Sieg des Spaniers. Was ist denn da passiert?
Christian Rüegg: Das hat man mich schon oft gefragt. Etwa im Jahr 2004 kam Rafael Nadal langsam auf. Mir imponierte der Kampfgeist dieses jungen Spielers, der einfach nie aufgab, und ich verfolgte seinen Weg. Er wurde immer besser und besser und ich steigerte mich in die Sache hinein. Meine Kollegen sind alle Fans von Roger Federer und als sich die Duelle zwischen den beiden häuften, habe ich sie anfangs auch gerne ein wenig provoziert.
Was fasziniert Sie denn so an diesem Nadal?
In erster Linie seine Kämpferqualitäten. Er gibt auf dem Platz stets 100 Prozent und gibt nie auf, bis die Partie fertig ist. Auch vermeintlich hoffnungslose Bälle versucht er so zu schlagen, dass er damit punkten kann. Das ist schon geil.
Als Nadal-Anhänger unter lauter Federer-Fans ist es manchmal wohl einsam.
Mittlerweile haben es meine Freunde akzeptiert. Wir haben auf WhatsApp einen Tennis-Chat, da habe ich schon einen schweren Stand. Ich halte mich zwar meistens zurück, damit sie nicht zu sauer werden. Aber zwischendurch kommt schon mal eine kleine Stichelei, wenn Federer an einem Turnier wieder mal früh ausscheidet …
Mal ganz ehrlich: Regt es Sie nicht auf, dass Rafael Nadal immer eine halbe Stunde benötigt, um einen Aufschlag zu machen?
Er braucht das für sein Spiel. Das ist sein Weg, um sich zu konzentrieren. Mich nervt das nicht. Aber ich kann verstehen, dass man sich darüber aufregen kann. Andere Spieler haben auch ihre Mätzchen, die sind einfach weniger offensichtlich.
Und wenn wir jetzt zu Ihnen nach Hause kommen und in den Kühlschrank blicken: Stehen die Flaschen da genau so akkurat ausgerichtet da wie jene Nadals an der Seitenlinie?
Nein, das nicht. Aber ich habe einen anderen seiner Ticks in meinen Alltag übernommen. Es kam schon vor, dass ich bei wichtigen Spielen von ihm darauf geachtet habe, nicht auf die Fugen der Bodenplatten in meinem Wohnzimmer zu treten.
Hoffentlich sitzen wenigstens Ihre Hosen. Oder müssen Sie die auch immer aus dem «Füdlispalt» ziehen?
Keine Sorge, meine Hosen sitzen relativ gut. Eine Zeit lang spielte ich selber Tennis und da hatte ich mir dann natürlich Dreiviertel-Hosen gekauft, wie sie Rafa damals trug. Seinen berühmten Hosenzupfer liess ich aber bleiben, sonst hätte ich vielleicht irgendwann keine Mitspieler mehr gefunden.
Und nun kommt es also morgen in Wimbledon zum grossen Halbfinal-Duell zwischen Roger und Rafa.
Das gibt in jedem Fall ein hart umkämpftes Match. Wimbledon ist immer noch Federers Territorium. Mein Gefühl sagt, dass er leider etwas stärker ist. Ich hoffe auf einen Fünfsatz-Krimi und darauf, dass Nadal diesen gewinnt.
Die Kraft, die Athletik, der Kampf, der unbedingte Wille jeden Ballwechsel zu gewinnen. Das ist doch einfach - jetzt kommt’s - ganz grosses Tennis. Badumm Tsss. Das einzige was nervt, sind seine Ticks und sein ewiges Missachten der Zeitregel.
Verlieren soll er morgen aber trotzdem.
Es wäre doch was wenn wir die Spiele der beiden einfach geniessen ohne uns gegenseitig zu zerfleischen. Klar sehe ich lieber Federer gewinnen aber das ist für mich kein Grund jeden nieder zu machen der Nadal unterstützt. Beides grossartige Spieler.