An einem der letzten richtig heissen Sommertage dieses Jahres bietet das Innere der Kunsteisbahn Oerlikon eine willkommene Abkühlung. Patrick Geering trifft sich direkt nach dem Eistraining mit mir im Restaurant der KEBO. «Sorry, falls ich etwas streng rieche», entschuldigt er sich schmunzelnd.
Patrick Geering, wie schnell war die missglückte letzte Saison abgehakt?
Patrick Geering: Das war ein längerer Prozess, der schon direkt nach der letzten Saison begonnen hat. Wir hatten nach den verpassten Playoffs auch genug Zeit, unsere Situation zu analysieren.
Wie läuft das ab, besprechen sich da nur die Spieler oder sind Trainer, Sportchef und CEO auch dabei?
Das Team spricht sowieso die ganze Zeit miteinander. Es ist eine eingeschworene Einheit. Wir haben uns dann aber auch die Aufgabe gestellt, die letze Saison etwas genauer zu analysieren, teils auch in kleineren Gruppen. Auch jene, die sonst nicht so viel reden, kamen zu Wort. Danach gab es natürlich auch Gespräche mit Sportchef und CEO.
Was sagen Sie zum Vorwurf, wonach es beim ZSC zu viele Stars und zu wenige Rollenspieler geben soll?
Solche Vorwürfe hörst du jedes Jahr. Wenn wir gewinnen, haben wir alles richtig gemacht. Wenn wir verlieren, haben wir «zu viele Stars», «zu wenige Knipser», oder einen «zu schlechten Goalie». Es geht darum, dass alle Spieler ihre Rolle akzeptieren. Und wenn ich in meine Garderobe schaue, haben wir genug Spieler, welche diese diversen Rollen übernehmen können.
Mit Roger Karrer, Marco Miranda, Niklas Schlegel und Jérôme Bachofner haben viele junge, vielversprechende Eigengewächse den Klub verlassen. Was läuft da schief?
Da läuft nichts schief. Andere Teams haben auch aufgerüstet. Sie können viel bieten und offerieren den jungen Spielern auch Perspektiven. Als junger Spieler war ich in der gleichen Situation und habe mich gefragt, ob ich noch Geduld zeige und bleibe, oder ob ich mein Glück anderswo versuche, wo weniger andere Verteidiger vor mir stehen. Ich hab mir dann gesagt, dass ich mich durchbeissen will. Die vier erwähnten Spieler sind einen anderen Weg gegangen.
Hatten Sie nie das Gefühl, dass die Youngsters sich unwohl fühlen beim ZSC?
Nein, das ist ja eigentlich das Verrückte: Wir hatten es letztes Jahr fast zu gut im Team. Es wäre viel einfacher gewesen die schlechten Leistungen zu erklären, indem wir sagen: «Fuck, die Chemie stimmt einfach nicht. Wir geben uns immer nur ‹auf den Grind›.» Doch das war nicht so. Aber eben: Ich kann nachvollziehen, warum die jungen Spieler gehen. Mein Weg wäre es nicht.
Sie gehen in Ihre dritte Saison als Captain und haben Titel gewonnen, aber auch die Playoffs verpasst. Woraus haben Sie die besseren Lehren gezogen?
Das letzte Jahr war natürlich überhaupt nicht einfach. Es hat mir neue Seiten dieses Sports aufgezeigt. Man sagt, aus Niederlagen lernt man. Ob das bei uns so ist, wird die Zukunft zeigen. Das Captain-Sein ist auch ein Prozess, ich habe viele Dinge gelernt. Was das konkret ist, möchte ich hier aber nicht sagen.
Sie haben begonnen, Ihre Rolle zu hinterfragen.
Nein, hinterfragt habe ich mich auch in der Krise nie. In schwierigen Situationen kommen natürlich gewisse Zweifel. Aber am Ende sind mehrere Spieler in der Verantwortung. Und niemand von uns hat eine zufriedenstellende Saison gespielt.
Wie geht ihr nach so einer verkorksten Saison die neue an? Ist der Titel bereits wieder das Ziel?
Jeder, der beim ZSC ist, will spielen um zu gewinnen. Man muss so ehrlich sein und das auch offen sagen. Ich will auch gewinnen.
Der ZSC wird also bald wieder Meister.
Vom Meistertitel will ich trotzdem noch nicht sprechen, nicht mal dran denken. Denn wir müssen auch demütig bleiben. Die letzte Saison hat gezeigt, dass es immer auch sehr negative Ergebnisse geben kann. Wir haben erfahren, dass wir jeden Tag hart arbeiten müssen, um überhaupt ins Meisterrennen eingreifen zu können.
Wie sind Sie zufrieden mit der bisherigen Saisonvorbereitung? Es gab einen Sieg, aber auch Niederlagen gegen Mannheim und Lausanne.
Wir hatten bisher gute Wochen, haben hart trainiert. Wir sind daran, die neuen Inputs der Trainer so gut wie möglich umzusetzen. Momentan stimmt noch nicht alles, aber wir sind in einem Prozess und arbeiten Tag für Tag.
Was stimmt noch nicht?
Wir versuchen, anders zu spielen als letztes Jahr – mit mehr Druck, Zug aufs Tor und kompakt in allen Zonen. Wir haben gute Ansätze, aber es klappt noch nicht ganz über 60 Minuten. Diese Konstanz fehlt uns noch. Auch der Druck aufs Tor kann noch verbessert werden. Wir müssen uns angewöhnen, immer richtig vors Tor zu gehen und nicht nur ein bisschen.
Ist das der Spielstil, den der neue Trainer Rikard Grönborg fordert?
Genau. Wir wollen schnell spielen. Es ist nicht unser Ziel, den Puck ständig zu kontrollieren. Wir möchten so schnell wie möglich von der Defensive in die Offensive umschalten und dürfen nicht destruktiv spielen. Das ist bei uns momentan das A und O.
Die Konkurrenz wird aber auch immer grösser.
Viele Teams haben nicht geschlafen und gut gearbeitet in den letzten Jahren. Wir haben vielleicht zuletzt etwas zu wenig investiert und uns auf unserem Namen ausgeruht.
Was meinen Sie mit zu wenig investiert?
Unser CEO Peter Zahner hat das gegen Ende der Saison mal mit einem Wort auf den Punkt gebracht: Schlendrian. Bei uns hat der Schlendrian Einzug gehalten. Das haben wir thematisiert und nun die Zügel wieder angezogen. Wir als Einzelspieler, aber auch der Verein als Gesamtorganisation.
In den letzten drei Jahren hatte der ZSC fünf verschiedene Trainer. Ruhe kann so nur schwer einkehren.
Das ist sicher ein Zeichen, dass es bei uns im Team an Konstanz gefehlt hat. Ich hätte lieber einen Trainer, der längere Zeit bleibt und ich hoffe, dass das jetzt mit dem schwedischen Trio (Rikard Grönborg, Fredrik Stillman und Johan Andersson, die Red.) klappt.
Was machen diese Wechsel mit der Mannschaft?
Natürlich ist es schwierig, aber es kann auch positiv sein. Wenn ein neuer Trainer kommt, gibt er frische Impulse. Insbesondere wenn es ein Coach ist, der die Liga noch nicht kennt, sind alle Zähler wieder auf null gestellt und jeder muss sich neu beweisen. Dieser interne Konkurrenzkampf ist unglaublich wichtig.
Das Talent im Team war immer da. Doch auf der Trainerposition und in der Chefetage schien Unruhe zu herrschen. Wie ist das für die Spieler?
Man muss aufhören, gewisse Einzelteile der Organisation zu beschuldigen. Es kann nicht sein, dass man immer sagt, nur die Mannschaft macht zu wenig, oder nur in der Chefetage oder wo auch immer läuft etwas schief. Wir sind ein Verein und müssen alle unter einem Dach arbeiten. Wenn etwas schief läuft, haben wir auf dem Eis Verantwortung, genauso wie Leute in den Büros.
Sie spielen schon Ihr ganzes Leben beim ZSC. Was bedeutet der Klub für Sie?
Sehr viel. Ich durfte noch beim ZSC meine Karriere beginnen, vor der Fusion mit GC. Für mich hat es immer nur diesen Verein gegeben. Ich finde, das macht Sport auch aus. Die Zürcher sollen bei Zürich spielen, die Berner bei Bern – nicht ausschliesslich natürlich. Aber ich finde es schon toll, wenn sich stadtzürcher Fans mit stadtzürcher Spielern identifizieren können.
Das Ausland war für Sie nie ein Thema?
Doch. In den letzten paar Jahren wollte ich das eigentlich mal versuchen. Aber ich hatte Pech, dass ich verletzungsbedingt nur selten an der WM teilnehmen konnte. So konnte ich mich nie richtig präsentieren.
Eigentlich mal versuchen – heisst das Nordamerika?
Nein, das muss nicht unbedingt Nordamerika sein. Ich wollte einfach mal einen Abstecher ins Ausland machen. Aber momentan ist der Fokus voll bei Zürich.
Nächsten Frühling steht die Heim-WM an. Ist das bei Ihnen ein Thema? Letztmals bestritten Sie 2016 eine Weltmeisterschaft.
Die WM steht momentan nicht im Vordergrund. Natürlich will jeder Sportler eine Weltmeisterschaft im eigenen Land bestreiten. Aber momentan ist das noch so weit weg. Wir müssen zuerst als Klub unsere Leistungen wieder bringen. Wenn ich in der Meisterschaft gut spiele, werde ich auch für die Nati zum Thema.
Und mal ein Spiel mit Teams aus nur Berner Spieler gegen die Zürcher wäre auch mal was :-) Aber das wird es wohl nie geben.
Für alle die sich wundern, warum Hockeyler auch nach dem duschen noch stinken wie ein Iltis. Es sind die Handschuhe.
Ein erproptes Gegenmittel wäre, die Hände grundlich mit Rasierschaum einzureiben.