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Interview

Fabian Frei: «Der Video-Beweis und die vielen Änderungen nerven»

ARCHIVBILD ZUM TRANSFER VON FABIAN FREI ZUM FC BASEL, AM SAMSTAG, 23. DEZEMBER 2017 - Fabian Frei bei der Ankunft vor dem Hotel in Feusisberg (SZ) am Montag, 2. Oktober 2017. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Fabian Frei findet, als Schweizer sollte man jeden Schweizer Klub international anfeuern.Bild: KEYSTONE
Interview

Fabian Frei: «Der Video-Beweis und die vielen Änderungspläne im Fussball nerven»

Wie bekommen wir wieder Spannung? Fabian Frei sieht die Entwicklung des Fussballs kritisch und kommentiert unsere Ideen für eine attraktivere Super League.
06.04.2019, 11:5906.04.2019, 13:33
Jakob Weber / ch media
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Fabian Frei, schauen Sie gerne Serien?
Klar. Wir sind so viel unterwegs, da ist Netflix Pflicht. Mit meiner Frau schaue ich die Serie «Blacklist». Sonst bin ich aber auch für spannende Dokumentationen oder eine Marvel-Serie zu haben. Game of Thrones ist aber auch extrem gut. Ich bin gespannt, wie es in der finalen Staffel weitergeht.

Mit Game of Thrones kann die Super League in Sachen Spannung nicht mithalten.
Die Liga war schon spannender, das kann man so sagen. Vorne zumindest.

Wir haben Ideen gesammelt, wie die Liga spannender werden könnte. Was halten Sie von Playoffs?
Nein. Wenn du nach 30 Spielen Erster bist und am Schluss mit leeren Händen dastehst, weil du in den Playoffs in der ersten Runde ausscheidest oder als Achter noch Meister wirst, macht das keinen Sinn.

Wie sieht es mit der Barrage aus? Die gibt es ja bereits wieder?
Die finde ich ok. Das macht es ein bisschen spannender. Als Neunter hast du es verdient, in die Barrage zu müssen und als Zweiter der Challenge League hast du dir ein Aufstiegsspiel verdient, weil du über lange Zeit gut warst. Barrage ist für mich fairer als Playoffs.

Die Super League auf mehr Teams erweitern?
Ich fand die Auf- und Abstiegsrunde immer geil. Damals war ich bei den Junioren des FC Winterthur. Die erste Mannschaft hat ziemlich viel verloren und nie den Aufstieg geschafft, aber die Spiele waren trotzdem immer sehr unterhaltsam. Heute bin ich aber zu wenig Experte, wie viele Mannschaften in die Super League gehören und welche Ligagrösse am meisten Spannung bringt. Ich kann nur sagen, dass viermal gegen die Gleichen zu spielen semispannend ist.

Winterthur's players cheer their supporters after losing against Servette, during the Challenge League soccer match of Swiss Championship between Servette FC and FC Winterthur, at the Stade de Ge ...
Der FC Winterthur in der Super League?Bild: KEYSTONE

Wäre eine Gehaltsobergrenze fördernd?
Das wäre fies. Wenn die Schweizer Liga international weiter Erfolge feiern will, ist das kontraproduktiv.

Wenn man aber in ganz Europa das Gehalts-Budget eines Vereins auf zum Beispiel 80 Millionen deckelt, gäbe es doch sicher mehr Wettbewerb.
Das schon, aber da müssten alle Ligen mitmachen und das wird nicht passieren. Denn durch die Deckelung schaden sich die grossen Ligen im internationalen Vergleich. Deswegen machen Premier League, La Liga, Bundesliga und Co da niemals mit. National würde der Wettbewerb aber sicher spannender.

Der Basler Fabian Frei, links, gegen den Thuner Marvin Spielmann, rechts, beim Fussballspiel der Super League FC Basel gegen den FC Thun im St. Jakob-Park in Basel am Sonntag, 3. Maerz 2019. (KEYSTONE ...
Fabian Frei grätscht einem Gegenspieler den Ball weg.Bild: KEYSTONE

Wie fühlt es sich als Schweizer Fussballer an, wenn europäische Grossklubs ihre eigene Super Liga planen?
Es nervt mich schon, was da alles geplant wird. Der Fussball ist cool, so wie er ist und fasziniert so viele Leute. Deswegen verstehe ich es nicht, warum man daran ständig etwas ändern muss.

Ist diese sich immer mehr manifestierende Zweiklassengesellschaft im Fussball ein Problem?
Ich glaube schon. Für Menschen aus Ländern wie der Schweiz ist das doch irgendwann nicht mehr interessant. Wenn nur noch vier bis fünf Nationen mitfiebern können und der Rest hinten anstehen muss, finde ich das schwierig.

International befindet sich die Schweiz auf dem absteigenden Ast. Was kann man dagegen tun?
YB spielt in der Liga ja gut, die können das sicher auch international. Aber am liebsten wäre mir, wenn der FCB in Zukunft wieder Punkte für die Schweiz im Uefa-Ranking holt. Mehr als in diesem Jahr sollte es in der nächsten Saison schon sein. Aber ich freue mich auch über jeden Punkt, den ein anderes Schweizer Team holt. Jeder Deutsche freut sich, wenn Bayern die Champions League gewinnt, aber in der Schweiz habe ich nicht das Gefühl, dass das so ausgeprägt ist.

YB head coach Gerardo Seoane reacts during the UEFA Champions League group H matchday 1 soccer match between Switzerland's BSC Young Boys and England's Manchester United FC in the Stade de S ...
YB konnte auf dem internationalen Parkett nicht brillieren.Bild: KEYSTONE

Für Schweizer Klubs wird es immer schwieriger, überhaupt international vertreten zu sein.
Ja, aber wir müssen die grösseren Klubs weiter ärgern. Es ist doch lässig, wenn ein Underdog gewinnt.

Was halten Sie vom Draft-System, wo sich die schlechtesten Vereine der abgelaufenen Saison die besten Nachwuchsspieler schnappen können?
In Amerika finde ich das spannend, die können das ja auch grossartig inszenieren. Der Gedanke gefällt mir, aber wie schon bei der Gehaltsobergrenze müsste man das in ganz Europa durchziehen und das wird nicht passieren.

Kommen wir zu etwas Realistischerem. Der Videobeweis bringt doch Spannung. Sie freut das aber nicht.
Nein, gar nicht. Ich denke nicht, dass es weniger Diskussionen gibt. Wenn ich mich heute ungerecht behandelt fühle, denke ich: «Der Schiri ist ja auch nur ein Mensch.» Wenn ich mich aber mit Video-Beweis immer noch ungerecht behandelt fühle, wird mich das viel mehr nerven.

Aber das Spiel wird durch den Video-Beweis doch gerechter.
Das mag sein, aber Entschuldigung: Wir wissen heute noch nicht, ob der Ball bei Ajax Amsterdam gegen Real Madrid vor dem Tor nicht doch im Out war. Die haben überall Kameras und sehen nicht, ob der Ball draussen ist oder nicht. Ich möchte mich einfach freuen können, wenn ich ein Tor schiesse und nicht darauf warten, ob der Treffer zählt.

Noch haben Sie für neun Liga-Spiele Ihre Ruhe. Normalerweise beginnt jetzt die heisse Saison-Phase. Habt ihr FCB-Spieler angesichts der Tabellensituation jetzt weniger Druck?
Ich würde sagen mehr.

Warum?
Weil der Cup die einzige Möglichkeit ist, einen Titel zu holen.

Liegt der Trainingsfokus schon jetzt auf dem Cuphalbfinal Ende April gegen den FCZ?
Nein, das nicht. Es wird dann wohl erst in zwei Wochen intensiver.

Also haben Sie in diesen Tagen doch weniger Druck.
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass wir gegen den FCZ am Mittwoch enorm unter Druck standen. Auch am Sonntag gegen Lugano können wir befreiter aufspielen, als wenn es wirklich eng wäre. Ich persönlich bin sowieso immer gelassen, auch wenn es eng wäre. Für mich ändert sich insofern nicht viel.

Schont ihr FCB-Spieler euch im Training für die wichtigen Aufgaben?
Nein, weil jeder spielen will. Wenn man das Training anschaut, merkt man nicht, dass wir 20 Punkte hinterherhinken. Aber wir können lockerer aufspielen und Dinge probieren, die wir, wenn es eng wird, nicht probieren würden.

Ist es ein Vorteil, dass ihr rotieren könnt und so zumindest in den Matches Kraft spart?
Nein. Weder für den Cuphalbfinal noch für die neue Saison. Vielleicht ist das ein Vorteil für den Sportchef und den Präsident, da sie wissen, was auf uns zukommt. Aber für uns Spieler ist das Business as usual.

Wie gross ist jeweils die Spannung bei der Verkündung der Startelf?
Jeder weiss relativ früh, ob er spielt oder nicht. Man sieht ja in der Trainingswoche, wer mit wem zusammenspielt. Ich mache mir da vielleicht ein paar mehr Gedanken als andere und ahne voraus, wie der Trainer aufstellt.

Basel ist zudem zwölfmal ungeschlagen. Sind solche Serien ein Extra-Anreiz?
Man findet ja immer irgendeinen Rekord. Wenn eine Mannschaft in der 57. Minute die meisten Tore geschossen hat, sage ich «Bravo». Für mich ist die einzige relevante Statistik die Tabelle. Da musst du vorne sein, alles andere ist Schnickschnack.

Der Torschützenkönig auch?
Ja, ok. So ein Titel ist vielleicht schon etwas Spezielles. Aber ich werde den sowieso nicht mehr erreichen.

Und wenn YB dem FCB den Punkterekord abknöpft, ist Ihnen das völlig Wurst?
Ja, weil in 20 Jahren wieder ein anderer den Rekord holen wird. Vielleicht gibt’s dann auch 50 Ligaspiele. Ich finde, das kann man alles nicht miteinander vergleichen. Vielleicht war es vor 60 Jahren einfacher Tore zu schiessen, was weiss ich denn, da war ich ja schliesslich noch nicht da. Aber Generationen zu vergleichen finde ich schwierig. Es wird immer neue Rekorde geben.

Die Schweizer Modus-Debatte
Seit der Einführung der Super League im Jahr 2003 ist der Modus bis auf die Abschaffung und die Wiedereinführung der Barrage unverändert. In vielen vergleichbaren Ligen in Europa wurde des Modus, um mehr Spannung zu generieren, verändert. Belgien, Dänemark oder auch Österreich haben gute Erfahrungen gemacht. Auch in der Schweiz wurde 2017 lange diskutiert. Doch die Sicherheitsbehörden äusserten wegen kurzfristigeren Spielansetzungen Bedenken und die Challenge-League-Klubs hatten Angst vor zusätzlichen Auflagen. Dazu bahnte sich im Herbst 2017 gerade ein spannendes Titelrennen zwischen dem FCB und YB an. Die Spannung war zwar nur von kurzer Dauer, doch die Modus-Änderung wurde deutlich abgelehnt. (aargauerzeitung.ch)

«YB ist kein Loser-Klub!»: Erich Hänzi im Interview

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Cupsieger Maxi
06.04.2019 12:16registriert Dezember 2014
Jeder Deutsche freut sich, wenn Bayern die Champions League gewinnt... da würde ich sehr viel Geld dagegen wetten:)
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Linus Luchs
06.04.2019 12:48registriert Juli 2014
Er spricht wie er spielt. Schnörkellos, ehrlich, ohne Eitelkeit und Allüren, für den Erfolg der Mannschaft. Einer, der keine trendy gestylte Frisur und keinen goldenen Lamborghini braucht. Kurz: richtig sympathisch.
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Illuminati
06.04.2019 12:48registriert März 2015
https://www.bundesliga.at/de/redaktion/news/16-17/tbl/reform---spielmodus/

Der österreichische Modus wäre meiner Meinung nach wirklich eine Überlegung wert. Die dafür benötigte Aufstockung auf 12 Mannschaften wäre meiner Meinung nach auch möglich. Zb. Genf, lausanne(bald neues Stadion), Aarau(vielleicht auch bald neues Stadion ;)), Winti, Schaffhausen, Biel, Vaduz, könnten alle im A spielen, also wäre eine 12er Liga nicht so verkehrt... Jede Saison 4 mal gegen die gleichen Gegner zu spielen nervt.

Playoffs braucht es im Fussball wirklich nicht, da bin ich gleicher Meinung mit Fabian Frei.
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