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Interview

Denis Hollenstein spricht über seine Form, die Corona-Saison und Kloten

ARCHIVBILD ZUM INTERVIEW MIT DENIS HOLLENSTEIN --- ZSC Lions PostFinance Top Scorer Denis Hollenstein waehrend dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League zwischen den SC Rapperswil-Jona Lak ...
Trug lange das Topskorer-Trikot bei den ZSC Lions: Denis Hollenstein.Bild: keystone
Interview

ZSC-Stürmer Denis Hollenstein: «Ich kann in der Kabine auch mal etwas lauter werden»

Denis Hollenstein spielt derzeit so erfolgreich wie letztmals vor fünf Jahren. Nach 44 Spielen hat er schon 20 Tore und 20 Assists auf dem Konto. Im Gespräch mit watson erzählt der ZSC-Stürmer, woran das liegt und wie ihn die Abstiegssaison mit dem EHC Kloten gestärkt hat.
26.03.2021, 11:16
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In Zeiten der Coronavirus-Pandemie sind auch die Interviews anders, als man sich das gewohnt ist. Statt wie üblich im Stadion oder in einem Café finden die Gespräche per Telefon statt. Wir erreichen ZSC-Stürmer Denis Hollenstein an seinem freien Nachmittag.

Denis Hollenstein, Sie spielen in dieser Saison individuell so stark auf wie seit fünf Jahren nicht mehr. Was sind die Gründe?
Ich fühle mich sehr wohl. Natürlich habe ich auch super Mitspieler, was immer hilft. Die Pucks fallen einfach rein, ich muss einfach schiessen. Was sicher auch hilft, ist, dass wir ein längeres Sommertraining hatten, als wir uns das gewohnt sind.

Also fühlen Sie sich fitter als in den letzten Jahren.
Ja, sicher. Wir hatten ein einwandfreies Sommertraining und arbeiten auch jetzt weiterhin an unserer Fitness. Das zahlt sich schon aus, wenn du im Sommer eineinhalb Monate länger hast, um dich auf eine Saison vorzubereiten.

Steckbrief Dennis Hollenstein
Geburtsdatum: 15.10.1989
Geburtsort: Mosnang
Grösse: 183cm
Gewicht: 88kg
Position: Flügel
Karriere:
Bis 2007: Nachwuchs EHC Kloten
2007 – 2009: Guelph Storm (OHL)
2009 – 2013: Kloten Flyers
2013 – 2014: Genf-Servette HC
2014 – 2018: EHC Kloten
2018 – jetzt: ZSC Lions
Erfolge:
1x WM-Silbermedaille (2013)
1x Schweizer Cupsieger (2017)
1x Spengler-Cup-Sieger (2013)​

Haben Sie mit fortschreitendem Alter auch Ihr Spiel und Ihre Routinen angepasst, um den Strapazen einer National-League-Saison gerecht zu werden?
Nicht besonders. Ich würde sagen, ich trainiere etwas gezielter als noch früher. Mit Übungen, die komplett aufs Eishockey ausgerichtet sind. Aber ich glaube, das ist ein allgemeiner Trend im Sport.

Haben Sie mit Sven Andrighetto eigentlich eine Wette am Laufen, wer mehr Tore schiesst in dieser Saison?
(lacht) Nein gar nicht. Wir versuchen beide uns gegenseitig zu helfen. Es war schön zu sehen, dass es ihm gleich auf Anhieb so gut lief.

«Wenn wir eine Chance haben, auf die Kiste loszuziehen, dann gehen wir auch.»

Sie sind selbst schon sehr erfahren. Können Sie trotzdem von einem Spieler wie Andrighetto und dessen Erfahrungen profitieren?
Man kann von jedem Spieler profitieren. Es geht darum, jeden Tag besser zu werden und etwas Neues dazuzulernen. Man sieht immer wieder etwas, das man sich abschauen kann. Bei «Ghetto» ist das beispielsweise der Speed und wie er zur Scheibe Sorge trägt.

Denis Hollenstein tapet seinen Stock.
Denis Hollenstein fühlt sich fitter denn je.Bild: ZSC Lions

Es fällt auf, dass Sie die ganze Saison über immer wieder mit vielen verschiedenen Spielern in einer Linie gespielt haben. Der Erfolg bleibt aber konstant.
Ich versuche einfach, mein Spiel durchzuziehen. Natürlich wäre es cool, immer mit den gleichen Spielern zusammenzuspielen. Aber wir hatten Verletzungen und sonstige Ausfälle. Da muss man das Beste daraus machen und versuchen, die eigenen Mitspieler besser zu machen. Ich glaube, das ist mir gut gelungen.

Was bedeutet das für Sie, Ihr Spiel durchzuziehen?
Mein Spiel versuche ich relativ einfach zu halten: Geradlinig spielen und den Zug aufs Tor suchen. Es soll nicht kompliziert sein. Wenn wir eine Chance haben, auf die Kiste loszuziehen, dann gehen wir auch.

Sie wirken gegen aussen immer relativ ruhig und besonnen. Geben Sie in der Kabine auch mal den Tarif durch?
Ich kann durchaus mal lauter werden. Zwischendurch ist das auch notwendig und wird auch gemacht.

Vor dem Sieg gegen Zug waren die ZSC Lions in eine kleine Minikrise gestürzt. Was war los?
Das werden wir immer wieder gefragt. Wenn wir die Antwort wüssten, könnten wir es auch verhindern, überhaupt in eine solche Phase zu kommen. Wir sind defensiv vermutlich nicht ganz so gut gestanden, wie wir das üblicherweise tun in dieser Saison. Dann wird es in dieser Liga schon schwierig.

Da war von Krise noch nichts zu spüren: Denis Hollenstein erzielt im Oktober gegen Fribourg vier Tore.Video: YouTube/MySports

Braucht eine Mannschaft zwischendurch auch ein kleines Tief, um im Kampf um die Meisterschaft für alles vorbereitet zu sein?
Man kann aus jeder Situation etwas Positives herausziehen. Wir haben gewusst, dass es so nicht weitergehen kann und dass wir über die Bücher müssen. Der Match gegen Zug war dann schon wieder sehr gut. Darauf können wir aufbauen.

Wo müssen sich die ZSC Lions noch verbessern, um in den Playoffs zu bestehen?
Auf die Playoffs hin müssen wir überall noch zulegen. Wenn wir dort weit kommen wollen, müssen wir auf allen Ebenen top sein. In der Mannschaft müssen alle am gleichen Strick ziehen, alle das Gleiche wollen. Ich bin überzeugt, dass wir jetzt schon einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben.

Der Meistertitel fehlt noch in Ihrem Palmarès – was würde er Ihnen bedeuten?
Das ist das grösste Ziel, das jeder Hockeyspieler hat. Ich glaube, es wäre das Highlight meiner Karriere.

Und was spricht dafür, dass es dieses Jahr mit den ZSC Lions klappt?
Das ist noch ein ganz langer Weg. Ich habe vollstes Vertrauen in die Mannschaft, aber jetzt müssen wir zuerst die nächsten Spiele in Angriff nehmen. Alles andere ist zu weit vorausgedacht.

«Den Wechsel zum ZSC zu verkünden, war härter, als in die Westschweiz zu ziehen.»

Diese Saison ist so oder so speziell. Wie seid Ihr als Mannschaft mit Quarantänen und kurzfristigen Spielverschiebungen umgegangen?
Am Anfang war das sicher schwierig. Aber nach der ersten Quarantäne wussten wir, dass es immer passieren kann. Viel ändern kannst du daran sowieso nicht. Du sitzt einfach zu Hause, versuchst, dich fit zu halten und die Zeit so gut es geht abzusitzen. Wir sind uns auch bewusst, dass wir äusserst privilegiert sind, dass wir unseren Beruf trotz der aktuellen Situation ausüben dürfen. Es ist schön, dass wir jeden Tag in die Eishalle dürfen. Das hilft uns, das alles gut zu meistern.

Mit 23 Jahren sind Sie von Ihrem Jugendklub Kloten nach Genf gewechselt. Warum hatten sie sich damals zu diesem Schritt entschieden?
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich – abgesehen von einem Abstecher in die kanadische Juniorenliga – meine ganze Karriere bei Kloten verbracht. Für mich war damals die Zeit gekommen, um auch mal etwas anderes zu sehen. Ich habe viele Erfahrungen gemacht und durfte den Spengler Cup gewinnen. Das war riesig.

Was war härter: Als junger Spieler in die Westschweiz zu ziehen oder den Kloten-Fans zu sagen, dass Sie zum ZSC wechseln?
Definitiv das Zweite. Wie ich schon damals betont habe, war das kein einfacher Schritt. Aber ich will auch mal noch Schweizer Meister werden. Bei Kloten war die Situation damals unklar, viele Spieler haben den Klub verlassen und niemand wusste, wie es genau weitergeht. Bei den ZSC Lions bot sich mir eine riesige Chance. Sie haben in den letzten Jahren schon mehrfach gezeigt, dass sie den Titel holen können.

«In der Abstiegssaison mit Kloten war es nicht einfach, mit dem Druck umgehen zu können. Aber für die Zukunft hat mich das stärker gemacht.»

Ganz grundsätzlich war die letzte Saison bei Kloten extrem schwierig. Sie waren Captain und Topskorer, konnten aber den Abstieg nicht verhindern. War die Last auf Ihren Schultern zu gross?
Ich glaube nicht. Wir hatten eine gute Mannschaft, aber wenn du einmal in einer solchen Negativspirale drin bist, ist es extrem schwierig, wieder herauszukommen. Man hat es dann auch gesehen, dass wir nicht annähernd unser volles Potenzial abrufen konnten. Vieles spielte sich im Kopf ab.

EHC Kloten Stuermer Denis Hollenstein enttaeuscht nach der 1-4 Niedrlage im ersten Eishockey Spiel der Ligaqualifikation der National League zwischen dem EHC Kloten und dem SC Rapperswil-Jona Lakers a ...
In der Abstiegssaison führte Denis Hollenstein den EHC Kloten als Captain und Topskorer an.Bild: PPR

Was haben Sie aus dieser Saison gelernt?
Extrem viel. Damals war es definitiv nicht einfach, mit diesem Druck umgehen zu können. Aber für die Zukunft hat mich das stärker gemacht.

Bei Kloten waren Sie nicht nur Captain, sondern auch Identifikationsfigur und Publikumsliebling, beim ZSC dann plötzlich noch einer von vielen.
Es war natürlich etwas ganz anderes. Ich wurde aber sofort sehr gut aufgenommen, vom Publikum wie auch von der Mannschaft. Viele Spieler habe ich schon gut gekannt, was es nochmals deutlich einfacher machte. Die Jungs haben mir geholfen, wo sie konnten.

Ist es Ihnen fast lieber, nicht ständig im Rampenlicht zu stehen, oder wünschten Sie sich manchmal wieder eine grössere Rolle?
Nein, wir haben viele gute Spieler hier beim ZSC, die Last ist so gut verteilt. Es macht es auch etwas einfacher, wenn nicht immer ich der Spieler bin, der nach dem Spiel das Interview geben muss.

Trainer Rikard Grönborg ist nun in seiner zweiten Saison beim ZSC. Länger war noch kein Trainer beim Team, seit Sie ebenfalls dort sind. Was zeichnet ihn aus?
Grönborg ist das gesamte Paket. Er hat viel Erfahrung, kommuniziert gut und hat eine klare Vorstellung davon, wie wir spielen sollen. Wir wissen alle, was wir zu tun haben und jeder Spieler will das auch umsetzen. Das ist sehr wichtig für eine Mannschaft.

So wie Sie aktuell spielen, sollen Sie auch für die Nationalmannschaft wieder ein Thema sein. Stehen Sie in Kontakt mit Patrick Fischer?
Dieses Jahr gar nicht. Ich habe ein Mail erhalten, dass die Turniere unter der Saison nicht stattfinden und mehr Informationen gab es bislang noch nicht.

Die nächste WM findet nun komplett in Lettland statt. Weissrussland/Belarus wurde als Co-Gastgeber gestrichen. Haben Sie als potenzieller WM-Teilnehmer diese Debatte mitverfolgt?
Nein. Im Moment konzentriere mich voll auf die Saison mit dem ZSC. Erst wenn die Playoffs vorbei sind, wird die WM zum Thema.

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4 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TanookiStormtrooper
26.03.2021 12:52registriert August 2015
Bitte in Zukunft nur noch Adrian Bürgler über Eishockey schreiben lassen. Der kriegt das hin ohne Benito Mussolini zu zitieren. 👍
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Zug in der «Geldfalle» – eine brisante Polemik aus den eigenen Reihen
Ist Zug kein Titelkandidat mehr, weil der Präsident über den Klub sein Prestigeobjekt OYM auf Kosten der Mannschaft mitfinanziert? Den brisanten Vorwurf erhebt der Zuger Rechtsanwalt und ehemalige Hockey-Einzelrichter Reto Steinmann in einer Zeitungs-Kolumne in der «Zuger Zeitung».

Reto Steinmann ist in Zug eine Hockey-Stimme, die respektiert und gehört wird. Von 2004 bis 2016 war Hockey-Einzelrichter und er praktiziert heute als Anwalt und Notar in Zug. Seine Kolumne in der Lokalzeitung ist eine brisante Polemik sozusagen aus den eigenen Reihen. Als ehemaliger Hockey-Journalist für die NZZ vermag er seine Ausführungen sachlich zu formulieren. Was der Kritik noch mehr Gewicht gibt. Seine Kolumne liest sich, um in der Juristensprache zu bleiben, schon fast wie eine Anklageschrift.

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