Unscheinbar, ruhig, torgefährlich. Der in der Winterpause verpflichtete GC-Stürmer Munas Dabbur hat in der Super League voll eingeschlagen. Gegen Thun traf der zurückhaltende Israeli zum siebten Mal in seinem siebten Spiel. Mit seiner Kaltschnäuzigkeit verkörpert Dabbur den Knipser, den sich GC schon lange gewünscht hat.
Dabbur stellte seine Skorerqualitäten schon während der Zeit vor der Profikarriere unter Beweis. In seinen letzten beiden Jugendjahren in seinem Geburtsort Nazareth erzielte der Stürmer nicht weniger als 111 Tore. Nach einem Jahr bei Maccabi Ahi Nazareth, wo Dabbur mit 16 Jahren sein Profi-Debüt gab, wechselte er 2010 zu Israels Nummer 1, Maccabi Tel Aviv. Ein Jahr Nachwuchs reichten, um sich einen Platz in der ersten Mannschaft zu erkämpfen. Dort hatte der 1,81-Meter-Mann mit zehn Treffern grossen Anteil am Meistertitel von 2013.
Einen Schicksalsschlag musste Dabbur im Jahr 2009 verkraften. Bei einem Autounfall verlor der jüngste von fünf Brüdern seinen Vater, dem er mit Gebeten beim Torjubel seinen Erfolg widmet. Auch des Vaters Wunsch war es, seinen Sohn eines Tages in Europa Fussball spielen zu sehen. Deshalb musste Dabbur nicht zweimal überlegen, als das Angebot der Hoppers kam. «Als mir mein Berater vom Interesse erzählte, war der Fall für mich sofort klar. Natürlich will ich zu GC», verriet er dem Tages-Anzeiger.
Am 6. Februar war der Wechsel Tatsache. Für – im Nachhinein – läppische knapp 400'000 Franken ersetzte Dabbur nach dem Abgang von Izet Hajrovic in Richtung Galatasaray die fehlende Offensivkraft. Die Führungsspitze der Grasshoppers sprach von einem Glücksfall, Dabbur sei ein spielstarker Stürmer.
Und tatsächlich. Bereits im ersten Spiel im Dress der Blau-Weissen stach die «Hornisse», was Dabbur auf Arabisch bedeutet, gleich zweimal zu. Beim Stand von 1:1 ersetzte er in der Halbzeit Amir Abrashi und sorgte mit einem Assist und zwei Toren für den letztendlich klaren 5:1-Erfolg über St. Gallen. Nach einem mustergültigen Assist beim 1:1 gegen Basel verstrich kein Spiel mehr, bei dem der Name Munas Dabbur nicht von den GC-Fans skandiert wurde. Verständlich, bei einer Torserie von fünf Toren in fünf Spielen.
Nach drei Vierteln Meisterschaft stehen die Hoppers nun mitten im Meisterrennen. Aufgrund der Patzer von YB und dem FCZ deutet plötzlich alles auf einen Zweikampf um den Meistertitel hin. Der Rückstand von GC auf Leader Basel beträgt drei Punkte, die im noch folgenden Direktduell wettgemacht werden können. Nach hinten besitzen die Zürcher acht Punkte Reserve auf die nächsten Verfolger.
Dabbur sorgte in der bisher erfolgreichen Rückrunde für den nötigen Akzent. Mit seiner Abgebrühtheit schiesst er nicht die schönen, dafür die umso wichtigeren Tore. Er behauptet die Bälle, steht dort, wo ein Stürmer zu stehen hat und behält die Ruhe vor dem Tor. Dabburs Qualitäten haben eine Note ins Spiel der Hoppers gebracht, welche beim Rekordmeister in den letzten Jahren vermisst wurde.
Diese Klasse färbt auch auf die Mitspieler ab. Neben den Nadelstichen der israelischen Hornisse blühen Spieler wie Shkelzen Gashi und Caio zur Hochform auf. Gashi mit elf und Caio mit zehn Treffern, führen die Torschützenliste der Super League an. Und seit Dabbur bei GC dabei ist, hat sich die Torquote von durchschnittlich 1,5 auf 2,86 Treffer pro Spiel erhöht.
Ob es am Schluss bis ganz nach vorne reichen wird, hängt wie immer in den letzten Jahren vom FC Basel ab. Doch einen Grund für ein Ende der GC-, beziehungsweise Dabbur-Serie gibt es keinen. Munas Dabbur und sein Team haben die Träume vom ersten GC-Meistertitel seit 2003 verschwinden lassen – seit Sonntag träumen die Hoppers nicht nur davon, sie glauben auch daran.