Ist es ein Bild mit Symbolcharakter? Vor einem Hagelsturm in die Kabine geflohen, kommen die GC-Spieler nun zurück auf den Platz und erblicken staunend den wunderbaren Regenbogen, der sich über den Gossauer Sportplatz wölbt. So, als wolle er dem Rekordmeister nach dessen Abstieg in die Challenge League Hoffnung schenken und ihm zurufen: Schaut her, nach jedem Regen folgt Sonnenschein.
Die Zürcher absolvieren gegen Bochum das vorletzte Testspiel vor dem Saisonstart, und trotz ihrer knappen Niederlage ist ihr Auftritt gefällig. «Alles im grünen Bereich!», meldet Trainer Uli Forte danach. «Wir haben das Kader verschlankt und können effizient arbeiten.»
Nicht weniger als 16 Spieler, die in der letzten Saison in der Super League zum Einsatz gekommen sind, haben den Klub verlassen. Es ist das Glück der Hoppers, mit Forte einen Experten punkto direktem Wiederaufstieg zu haben. Mit St. Gallen und mit dem FC Zürich hat er diese Aufgaben souverän bewältigt.
Doch während beim FCZ bei unverändertem Budget die Zielsetzung «Aufstieg» klar war, gibt sich GC nach der Budgetreduktion von 20 Millionen Franken auf 13,6 zurückhaltender. «Wenn wir die sofortige Rückkehr ins Oberhaus als Zielsetzung ausgäben, wäre das grossmäulig», sagt Interimspräsident András Gurovits. «Aber klar ist, dass wir bald in die Super League zurückkehren wollen.»
Forte vermeidet es, in der Öffentlichkeit mit einer höheren Zielsetzung vorzupreschen. «Wir wollen erfolgreich starten, eine gute Saison spielen und uns positiv entwickeln», macht der 45-Jährige in Understatement. Er weiss ja selbst: Mit dem für die Challenge League ausserordentlich hohen Budget ist der erste oder zweite Rang vor oder hinter Lausanne-Sport eigentlich Pflicht.
Zumal er mit Nassim Ben Kalifa und Veroljub Salatic zwei erfahrende Spieler bekommen hat, die zusammen mit dem routinierten Marko Basic aus der Innenverteidigung eine starke Achse bilden. «Die Mischung ist gut und der Konkurrenzkampf spielt, weil jede Position doppelt besetzt ist», sagt Forte. Möglicherweise verlässt Nedim Bajrami aber noch das Team, dafür ist der Zuzug von Philippe Senderos eine Option.
Fortes verlängerter Arm ist Salatic. Der 33-Jährige ist von seinem knapp zweijährigen Engagement beim FK Ufa aus Russland in die Heimat zurückgekehrt und steht bei GC zum dritten Mal unter Vertrag. Forte hat ihm die Captainbinde übergeben und Salatic weiss, was dies bedeutet. «Ich muss die Mannschaft führen und den Jungen helfen, als Persönlichkeit zu wachsen», sagt Salatic.
Er sieht sich im zentralen Mittelfeld als ruhenden Pol, um den herum sich die Jungen wie Petar Pusic, Allen Njie, Djibril Diani und Roberto Alves austoben können. Auch Salatic hat die Diktion seiner Vorgesetzten übernommen. Er sagt: «Wir haben eine Mannschaft mit viel Qualität, doch es wäre fahrlässig, jetzt schon vom Aufstieg zu reden.» Es ist das erste Mal überhaupt, dass Salatic nicht in einer höchsten Liga spielt. «Das habe ich noch gar nicht realisiert», sagt der Zuger.
Das wird ihm aber bald bewusst werden, wenn er mit GC in den Kleinstadien von Kriens, Chiasso und Wil auftritt oder in Nyon, wo Aufsteiger Stade-Lausanne-Ouchy seine Heimspiele austragen muss. Die Waadtländer sind am Samstag im Letzigrund der erste Gegner der Hoppers. Dass es sich bei ihrer Premiere in der Challenge League um ein Geisterspiel handelt, ist speziell, aber dem Spielabbruch in Luzern in der letzten Saison geschuldet.
Bei GC ist man bemüht, das Verhältnis zu den Fans zu normalisieren. «Wir haben bereits zwei gute und offene Gespräche gehabt und es ist wunderbar, Fans zu haben, die miteinbezogen werden wollen», sagt Gurovits. Er sieht den Abstieg als Chance, GC als Verein mit Werten wie Anstand und Leistungsbereitschaft zu positionieren, mit einem Personal, das «chrampft und bügelt.»
Während die Protagonisten Zuversicht verbreiten, ist GC-Goalielegende Martin Brunner skeptisch. Sein immer noch grosses GC-Herz blutet. «Es ist eine Katastrophe, was in den letzten Jahren geschehen ist», sagt der 56-Jährige, der über 300 Partien für GC bestritten hat. Er moniert, dass zu wenige Ur-GC-ler eingebunden sind, hofft aber gleichwohl auf den sofortigen Wiederaufstieg: «Wer länger als ein Jahr unten ist, der bleibt auch unten.» (aargauerzeitung.ch)